Joschka und Herr Fischer

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Mit seinem engagierten Dokumentarfilm „Joschka und Herr Fischer“ sprengt der oscarprämierte Regisseur Pepe Danquart das klassische Format der Memoirenverfilmung. Der 56jährige schöpft die optischen Möglichkeiten des Genre voll aus, bedient sich geschickt assoziativer Montage und wirft so einen erhellenden Blick auf die vergangenen 60 Jahre der Bundesrepublik Deutschland. Ohne offensichtliche Heldenverehrung orientiert sich sein spannendes Biopic an der turbulenten Lebensgeschichte der schillernden Figur des machtbewussten ehemaligen Außenministers und Ikone der Grünen Partei Joseph Fischer.

Webseite: www.joschkaundherrfischer.x-verleih.de

Deutschland 2011
Regie: Pepe Danquart
Kamera: Christopher Häring und Kolja Brandt
Schnitt: Toni Froschhammer
Darsteller: Joseph Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit, Katharina Thalbach, Roger de Weck, Hans Koschnik, Marie-Reine Haug, Johnny Klinke, Peter Grohmann, Jürgen Hempel, Fehlfarben
Länge: 140 Minuten
Verleih: X-Verleih
Kinostart: 19.5.2011

PRESSESTIMMEN:

Eine lebendige Zeitreise durch 60 Jahre, die dieses Land geformt haben. Mal bewegend, mal witzig, oft lehrreich, immer unterhaltsam.
ZDF Heute Journal

Ungewöhnlich einfallsreich gefilmt und geschnitten – ein unterhaltsames Stück Zeitgeschichte.
 Süddeutsche Zeitung

Fast zweieinhalb Stunden erzählt Grünen-Dino Joschka Fischer packend aus seinem Leben. Regisseur Pepe Danquart schafft das Wunder, dass das auch spannend anzugucken ist.
Brigitte

Vom Sponti zum Politstar und zurück: In der Doku des Oscar-Preisträgers Pepe Danquart spaziert Ex-Außenminister Joschka Fischer als Betrachter einer Videoinstallation buchstäblich durch die Stationen seines eigenen Lebens. Spannend, amüsant und lehrreich.
Cinema

Ein spannendes Biopic und gleichzeitig packender Geschichtsunterricht.
Blickpunkt:Film

FILMKRITIK:

„Mir war das Ganze eher peinlich“, meint Joschka Fischer „dieser ganze Rummel“. Der einstige Grüne Abgeordnete gibt sich rückblickend bescheiden. „Ich hätte lieber andere Schuhe angezogen“, verrät der inzwischen 62 jährige Unternehmensberater, „als diese Turnschuhe“. Damals als der einstige Frankfurter Sponti und Taxifahrer zum hessischen Umweltminister aufstieg waren sie das Markenzeichen des früheren Straßenkämpfers, Indiz von Nonkonformität. Inzwischen werden sie im Deutschen Ledermuseum in Offenbach ausgestellt, sind Geschichte, wie das bewegte Leben des ehemaligen Außenministers der rot-grünen Koalition.

Der Metzgerssohn aus dem Schwäbischen ist angekommen. „Für mich ist das die außergewöhnlichste Biografie“, weiß Regisseur Pepe Danquart, „die ich kenne.“ Über ein Jahr lang führte er Videogespräche mit der gewieften, polarisierenden Persönlichkeit, die zeitweise ihre Partei spaltete. Geschickt kompromierte der ehemalige Mitbegründer des preisgekrönten Filmkollektivs Medienwerkstatt Freiburg Archivmaterial von über 300 Stunden, projiziert Sequenzen aus Fischers Leben und seiner Umgebung auf Glaswände und lässt ihn dazu erzählen. Und so erscheint auf der Leinwand zeitweise der doppelte Fischer: auf der Glasfläche jung und draufgängerisch, davor der staatstragende Politiker, gealtert und behäbig im dunklen Anzug, der seinen verschlungenen Lebensweg nonchalant kommentiert.

Gedreht wurden diese bahnbrechenden Videoinstallationen in einem riesigen ehemaligen Heizkraftwerk in Berlin, dem legendären Techno-Club „Tresor“. Dramaturgisch weitgehend eingängig aufeinander aufgebaut fesselt die exzellente Montage des Bild- und Tonmaterials. Genial verschränken stimmige Schnittfolgen die spannende Collage. Cutter Toni Froschammer leistete hier Großartiges. Nicht zuletzt das Sounddesign vermittelt wunderbar den jeweiligen Zeitgeist. Freilich erreicht der visuelle Ritt durch die Geschichte, trotz aller Finesse, nicht das Niveau des legendären Dokumentarfilms „When we were kings“ über Boxweltmeister Muhammed Ali, auch wenn Regisseur Pepe Danquart sein Werk damit vergleicht.

Interessant sind auch die Exkurse mit Zeitzeugen angefangen von Wegbegleiter und Männerfreund Daniel Cohn-Bendit, dem Urgestein der Nachkriegs-SPD Hans Koschnik, dem ehemaligen ZEIT-Chefredakteur Roger de Weck bis hin zur profilierten Schauspielerin Katharina Thalbach und der NDW-Band Fehlfarben. Sie steuern immer wieder ihren Teil zur Geschichtsbeschreibung bei. Diese eingespielten Szenen runden das dokumentarische Biopic zu einem gleichermaßen kontroversen wie kurzweiligen zweistündigen Kaleidoskop ab, obwohl Privates, wie wechselnde Ehefrauen, Anzuggrößen und profunde Kritikerinnen wie Jutta Ditfurth außen vor bleiben. Eine lebendige Zeitreise durch sechs Jahrzehnte samt subjektivem Geschichtsunterricht, der durch Spannungen und Irritationen zum Nachdenken anregt.

Luitgard Koch