Klang der Stille – Copying Beethoven

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Er war ein Genie, das die Musikwelt ebenso wie Mozart verändern sollte: Ludwig van Beethoven. Der eigenwillige Schöpfer solch weltbekannter Werke wie der „9. Sinfonie“ litt in seinen letzten Lebensjahren an zahlreichen körperlichen Gebrechen. Vor allem der Verlust seines Gehörs setzte ihm schwer zu, konnte er doch selber keine Konzerte mehr geben und auch nicht mehr seine Stücke dirigieren. Die mit historischen Stoffen und Künstlerbiographien vertraute Regisseurin Agnieszka Holland (Total Eclipse) verfilmte Beethovens Wirken während seiner Spätphase mit Hollywood-Star Ed Harris in der Rolle des musikalischen Ausnahmetalents. Das Resultat fällt abgesehen von der mitreißenden Musik reichlich unspektakulär aus.

Webseite: www.concorde-film.de

OT: Copying Beethoven
USA/D 2006
Regie: Agnieszka Holland
Drehbuch: Christopher Wilkinson, Stephen J. Rivele
Mit Ed Harris, Diana Kruger, Ralph Riach, Matthew Goode
Kinostart: 5.4.2007
Verleih: Concorde

PRESSESTIMMEN:

 

Agnieszka Holland erzählt eine fiktive Geschichte, aber damit erlaubt sie einen tief Blick in das Denken eines Genies, das mit seiner Kunst das Genre der klassisichen Musik revolutionierte.
Brigitte

Mit Ed Harris und Diane kruger gut besetzt und mit moderatem Tempo erzählt, begeistert der Film mit viel Musik Beethoven.
Blickpunkt:Film

FILMKRITIK:

Ludwig van Beethoven (Ed Harris) ist mit seinen 54 Jahren für damalige Verhältnisse bereits ein alter Mann, als die Filmhandlung einsetzt. Wien im Jahr 1824 erlebt das Musikgenie schwer gezeichnet von diversen Krankheiten und dem Verlust seines Gehörs. Sein Verleger und Kopist Wenzel Schlemmer (Ralph Riach) sorgt sich um Beethovens Reputation. So fehlt es kurz vor der Uraufführung der „9. Sinfonie“ immer noch an einer fertigen Partitur. In seiner Verzweiflung engagiert er die junge Konservatoriums-Studentin Anna Holtz (Diana Kruger), die gemeinsam mit dem Meister die fehlenden Noten zur Papier bringen soll. Doch wie überzeugt man ein Genie davon, dass es plötzlich auf Hilfe angewiesen ist? Nur widerwillig lässt sich Beethoven auf die arrangierte Zusammenarbeit ein.
 

Was folgt, ist der bekannte weil abzusehende Sinneswandel eines alten, ganz von sich eingenommenen Exzentrikers. Natürlich wird Beethoven seine Meinung über Anna revidieren müssen. Vor allem lernt er ihre Ehrlichkeit und Offenheit zu schätzen. Auf diese Weise entwickelt sich schon recht bald zwischen beiden eine innige platonische Freundschaft, die Annas Verlobten (Matthew Goode) nichtsdestotrotz mit Sorge erfüllt. Glücklicherweise verzichtet der Film darauf, aus dieser Konstellation in ein klischeebeladenes Eifersuchtsdrama abzudriften und den nur angedeuteten Flirt über Gebühr zu strapazieren.

Nach Bernard Roses Beethoven-Melodrama Ludwig van B. - Meine unsterbliche Geliebte, das den Fokus weit weniger auf den kreativen Prozess des Komponierens legte, stehen bei Agnieszka Holland eindeutig der Mensch Beethoven und dessen Musik im Mittelpunkt. Die Aufführung der „9. Sinfonie“ bildet dabei das emotionale Crescendo, für das sich der Film ausreichend Zeit nimmt. Ohnehin schlägt Holland, die mit dem homoerotischen Total Eclipse über die Liebe zwischen den beiden Dichtern Arthur Rimbaud und Paul Verlaine bereits einen historischen Stoff im Künstler-Milieu verfilmte, ein sehr gemächliches, ja zuweilen sogar zu gemächliches Tempo an. In Verbindung mit der gediegenen, unauffälligen Inszenierung macht sich desöfteren eine gepflegte Langeweile breit. Wie so viele andere „Period Pieces“ auch, vergisst Klang der Stille über eine möglichst akkurate Bebilderung der historischen Ereignisse, für ausreichend emotionale Anknüpfungspunkte zu sorgen.

Ed Harris, in der Darstellung exzentrischer Genies bestens geschult – die Verkörperung des Jackson Pollock brachte ihm zu Recht seine dritte Oscar-Nominierung ein –, hat sich Beethovens überlieferte Eigenarten und Manierismen überzeugend antrainiert. Leider fehlt ihm ein ebenbürtiger Antagonist. Diana Kruger fungiert größtenteils nur als hübsch anzusehende Stichwortgeberin. Ihr Charakter bleibt auffallend unausgearbeitet und blass, was sich beides weniger auf schauspielerische Defizite als auf Drehbuchschwächen zurückführen lässt. Bleiben die zweifellos starken und kraftvollen musikalischen Intermezzi.

Marcus Wessel

 

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Ein Film über Beethoven, die Zeit der Vollendung der 9. Symphonie und den Aufbruch in die „Moderne“ durch seine letzten Quartette.

Anna Holtz ist angehende Komponistin, für das beginnende 19. Jahrhundert etwas Ungewöhnliches. Sie erhielt von ihren Eltern die Erlaubnis zu einem Aufenthalt in Wien unter der Bedingung, dass sie in einem Konvent bei Nonnen untergebracht ist. Beethovens Notenkopist Schlemmer sucht eine Assistentin, und auf diesem Weg gelangt Anna in die Nähe des Komponisten.

Er ist ein Genie, aber menschlich oft unerträglich. Er ist taub, was sein Leben äußerst schwierig macht. Er lebt oft in anderen geistigen Sphären, in musikalischen sowieso. Er liebt seinen Neffen Karl, der ihn aber nur ausnützt. Er ist ein Großer und ein Ekel, ein begnadeter Künstler und ein Sonderling zugleich.

Anna arbeitet zuerst nur als Kopistin für ihn. Mehr und mehr aber wird sie zu einer, mit der er Zwiesprache hält, der er seine philosophischen Ideen mitteilt, der er sein Leid klagen kann. Sie hilft dem tauben Mann dirigieren, ist so etwas wie seine Muse – nicht seine Geliebte. Es gibt untereinander des öfteren Schwierigkeiten und Streitigkeiten. Doch Anna weiß, dass die ideelle und physische Nähe zu einem der größten Komponisten aller Zeiten für sie, die junge Musikerin, ein einmaliger Glücksfall ist. Sie bleibt bis zu Beethovens Ende.

Im Nachspann wird angedeutet, dass dem Film reale Personen und Tatsachen zugrunde liegen. Das kann man auslegen, wie man will, bezweifeln auch. Die Handlung scheint eher Kintopp zu sein.

Aber was für Kintopp! Eine wunderbare Lebensepisode sowohl Beethovens als auch Annas, herrliche Musik, beachtenswertes Philosophieren des Komponisten und herausragende Darstellung. Musiklieber werden sich ergötzen am (in Ungarn aufgenommenen) Schlußsatz der 9. Symphonie, am exzentrischen Spiel des Beethoven-Darstellers Ed Harris und an der ruhig-schönen Gestaltung der Anna Holtz durch Diane Krüger.

Thomas Engel