Mandant, Der

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Ein im besten Sinne altmodischer Film ist „Der Mandant“, ein Gerichtsthriller, der zwar nicht an die besten Filme des Genres heranreicht, aber gute Unterhaltung ist. Matthew McConaughey spielt einen etwas selbstverliebten Anwalt, der durch gewisse Umstände dazu gezwungen wird, einen Mann zu verteidigen, von dessen Schuld er weiß.

Webseite: www.dermandant.de

The Lincoln Lawyer
USA 2010
Regie: Brad Furman
Drehbuch: John Romano
Darsteller: Matthew McConaughey, Ryan Philippe, Marisa Tomei, William H. Macy, Josh Lucas, John Leguziamo
Länge: 119 Min.
Verleih: Universum Film
Kinostart: 23. Juni 2011

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Wenig andere Genres sind so uramerikanisch wie der Gerichtsthriller, was in erster Linie an den Besonderheiten des Jury-Systems liegt. Für den Europäer mutet es zwar immer etwas befremdlich an zu sehen, wie zwölf Geschworene sich von den manipulativen Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger emotional beeinflussen lassen, als Filmstoff ist das Spiel mit Worten aber immer wieder faszinierend. Wobei auch „Der Mandant“ weit von der rein verbal erzeugten Spannung eines Klassikers wie „Die zwölf Geschworenen“ entfernt ist. Der Einfluss des Actionkinos, vor allem aber der absurden Reality-TV Gerichtssendungen ist immer wieder zu spüren.

So beginnt „Der Mandant“ auch nicht in einem Gerichtssaal, sondern in der Lincoln-Limousine des lässigen, leicht schmierigen Anwalts Mick Haller (eine Paraderolle für den stets lässigen, immer leicht schmierigen Matthew McConaughey). Eine Motorrad-Gang hält ihn auf und verlangt Auskunft über den Prozess eines Kompagnons, doch auch diese potentiell bedrohliche Situation löst Haller mit Charme und Chuzpe. Wenige Szenen wie diese reichen dem Film aus, um Haller als in jeder Lebenslage souveränen Anwalt zu charakterisieren, der auch nicht davor zurückschreckt etwas fragwürdige Methoden zu verwenden, so lange es den Interessen seiner Mandanten und vor allem ihm selbst dient. So überrascht es auch nicht, dass er den Fall des reichen, jungen Schnösels Louis Roulet (Ryan Philippe) annimmt, der wegen schwerer Vergewaltigung und versuchtem Mord verhaftet wurde. Ob sein Mandant schuldig ist oder nicht, scheint Haller egal zu sein, Hauptsache die Bezahlung stimmt. Dass Haller im Laufe des Films eine moralische Haltung entwickeln wird, sich für das Gesetz und nicht den Gehaltscheck entscheiden wird, weiß man natürlich von Anfang an. Nicht erst wenn man sieht wie liebevoll er mit seiner kleinen Tochter umgeht, sondern durch viele kleine Momente, die das clevere Drehbuch einstreut. Sehr bald wird zwar deutlich, dass Roulet tatsächlich der Täter ist, was allerdings nicht das Ende der Spannung ist, sondern im Gegenteil der Beginn der eigentlichen Handlung. Durch gewisse Besonderheiten des amerikanischen Rechtssystem – und der Konstruktion des Drehbuchs – kann Haller seinen Mandanten Roulet nicht einfach der Polizei ausliefern, sondern sieht sich gezwungen ihn zu verteidigen, will er nicht seine Anwaltslizenz verlieren. Wie sich Haller aus dieser ausweglos erscheinenden Situation befreit und dabei beweist das er nicht nur ein erstklassiger Manipulator, sondern auch ein erstklassiger Anwalt ist, dass erzählt Brad Furmans Film auf überaus unterhaltsame Weise.

Wirklich originell ist „Der Mandant“ zwar nicht, er zeigt aber auf ausgezeichnete Weise, wie viel Wert ein einfach nur handwerklich gut gemachter Film haben kann. Das ist in erster Linie ein Verdienst der bis in die Nebenrollen ausgezeichneten Besetzung, die nicht nur allesamt erstaunlich unglamourös auftreten (zumindest für Hollywood-Verhältnisse…), sondern auch alle weit über 30 sind. Ein Film ohne Teenager, ohne Explosionen und Superhelden, in dem von Anfang bis Ende geredet wird und das auch noch recht kompliziert; das so ein Film ein Erfolg wurde, darf man dann doch als Hoffnungszeichen betrachten, dass noch nicht alles verloren ist.

Michael Meyns

Nick Haller ist Rechtsanwalt, seine Frau Staatsanwältin. Dass die beiden manchmal nicht nur im Eheleben sondern auch im Berufsleben gegeneinander antreten müssen, liegt auf der Hand.
Gewöhnlich arbeitet Haller nicht in den sogenannten höheren Kreisen, eher in Stadtvierteln von Los Angeles, wo es nicht besonders fein hergeht.

Doch jetzt bekommt er einen Auftrag von Louis Roulet, der den oberen Zehntausend anzugehören scheint. Mehrere Morde sind unaufgeklärt, und Roulet wird in der Sache festgehalten. Haller bekommt ihn gegen Kaution frei.

Haller hat seine Zuträger unter Drogensüchtigen, Inhaftierten, Kautionsvermittlern und ähnlichen. Das kann nützlich sein.

Er geht mit seinem Freund und erstklassigen Ermittler Frank an die Arbeit. Die Sache scheint gut zu laufen, die Beweislage des amtierenden Staatsanwalts gegen Louis Roulet ist offenbar eher dürftig. Doch dann kommen das Mordmesser, die Aussagen oder Falschaussagen von Barfrauen und Prostituierten ins Spiel. Die Lage wird gefährlich, auch für Nick Hallers Familie.

Was ist mit dem scheinheiligen und jede Schuld abstreitenden Auftraggeber Hallers, dem „Mandanten“? Er scheint ganz und gar nicht so sauber zu sein, wie er tut.

Das einzige Negativum, das man dem Film nachsagen könnte, wäre, dass dieser mit der Realität nichts zu tun hat, dass er „nur“ reines Kino darstellt. Aber sonst ist er, salopp gesagt, ein Kracher.

Das detaillierte, ausgefeilte Drehbuch (John Romano) ist wahrlich nicht von schlechten Eltern, und das gilt auch für die temporeiche Inszenierung, die Handlung, die Schauplätze, die Spannung, die Unterhaltung und nicht zuletzt für die Schauspieler: Matthew McConaughey als gerissener Rechtsanwalt Haller, Marisa Tomei als seine diskret aber entschieden handelnde Ehefrau, William H. Macy als treuer und fähiger Freund Hallers sowie Ryan Philippe als Bösewicht.

Thomas Engel