Mark Lombardi – Kunst und Konspiration

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Der New Yorker Künstler, Mark Lombardi (1951- 2000), hat in seinen Zeichnungen die globalen Verstrickungen von Politik, Wirtschaft und Terrorismus visualisiert. Seine Bilder sind riesige analoge Netzwerke. In diesen sind die Zusammenhänge, die finanziellen Transaktionen und gegenseitigen Einflüsse von Finanzwelt, Politik, Wirtschaft und Terrorismus visualisiert - eine globale Landkarte großer Wirtschaftsskandale, politischer Intrigen, Verbrechen und Verschwörungen. Mareike Wegener inszeniert das Porträt des 2010 verstorbenen Künstlers als Mischung aus Kunstdokumentation und Politthriller. Anders als in der Hollywooddramaturgie gibt es aber bei ihr am Ende kein Happy End, bei dem der Held als Einzelkämpfer zur Kotrollinstanz für die Missstände des Systems wird. Lombardis Werk verweist über seinen Tod hinaus, wie wichtig die Einordnung und Auswertung von Informationen für unser Verständnis über die Welt geworden ist.

Webseite: www.realfictionfilme.de

Deutschland 2012
Regie: Mareike Wegener
Länge: 79 Minuten; OmU
Verleih: RealFiction
Kinostart: 31. Mai 2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Noch nie war es so einfach an Informationen zu kommen, wie in Zeiten des Internets. Gleichzeitig droht der Blick auf die Dinge durch die Flut an Daten verloren zu gehen. Will man im digitalen Zeitalter den Wald vor lauter Bäumen sehen, bedarf es neuer Methoden und Strategien, um Informationen einordnen und verknüpfen zu können. Der New Yorker Künstler Mark Lombardi liefert in seinen Bildern ein Modell, um Zusammenhänge aufzuzeigen. Dabei arbeitet der Maler noch mittels klassischer Medien. Grundlage seiner Gemälde ist eine umfangreiche Recherche in Büchern und Bibliotheken. Auf Tausenden von systematisch geordneten Karteikarten sammelt er seine Informationen über die Verbindungen von Politik, Wirtschaft und Terrorismus. Dieser immense Wissensfundus bildet die Grundlage von Lombardis Kunst. Auf seinen Bildern ordnet er die gesammelten Fakten in grafischen Mustern. Die Verbindungen von Personen aus Politik und Wirtschaft werden über ein ausgeklügeltes Pfeilsystem sichtbar gemacht. „Narrative Structures“ nennt Lombardi seine Kunstwerke, die dem Betrachter unterschiedliche Perspektiven eröffnen.

Im Detail steht die einzelne Information, der Blick auf das ganze Bild eröffnet den Gesamteindruck als künstlerisches Objekt. Die Schönheit der Konstruktion wird sichtbar, und gleichzeitig führt die Wahrnehmung als Kunstwerk wieder auf Lombardis Intention, politische Zusammenhänge deutlich zu machen. Der Film folgt dieser Betrachtungsweise, in dem er auch ständig zwischen den politischen und künstlerischen Aspekten von Lombardis Arbeiten hin und her wechselt. Gleichzeitig richtet die Dokumentation ihren Fokus auf die Person Mark Lombardis. Sie zeigt den Künstler in seiner Obsession auf der Suche nach immer neuen Informationen.. Die Recherche wird zum Sisyphusakt, der es fast unmöglich macht, einzelne Bilder abzuschließen.

Ob Lombardi bei seiner Jagd nach Information selber ins Fadenkreuz stattlicher Behörden geriet, oder er Opfer seines Verfolgungswahns wurde, bleibt ebenso offen, wie die Umstände seines Todes. Kurz nach seiner ersten großen Einzelausstellung, in der sein Hauptwerk „BCCI“ zur Bush-bin-Laden-Connection zu sehen war, wurde Lombardi erhängt in seiner Wohnung aufgefunden. Die Behörden stellten Selbstmord als offizielle Todesursache fest. Einige Monate nach seinem Tod fing im Zuge der Untersuchungen der Terroranschläge des 11. Septembers auf einmal das FBI an, sich für seine Bilder zu interessieren. Hatte Lombardi doch in seinen Bildern jene Arbeit vorweggenommen, die jetzt zur Aufgabe von Presse, Polizei und Geheimdienst wurde. Ein Novum in der Kunstgeschichte: ein Kunstwerk dient als Quelle für laufende kriminalistische Ermittlungen.

Mareike Wegener gelingt hier ein spannendes Porträt über einen Künstler, der seiner Zeit voraus war und dessen Arbeit heute aktueller denn je ist.

Norbert Raffelsiefen

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