Als Antiquitätenhändler ist Francois überaus erfolgreich, als Mensch weniger. Eine Wette mit seiner Geschäftspartnerin führt ihn auf die Suche nach seinem besten Freund und der Erkenntnis, dass er keinen hat. Dankenswerterweise wird Patrice Lecontes Film aber nicht zu einer potentiell langweiligen Selbstfindungskomödie, sondern schafft es sein auf den ersten Blick wenig originelles Sujet überraschend umzusetzen.
Webseite: www.alamodefilm.de
OT: Mon Milleur Ami
Frankreich 2006
Regie: Patrice Leconte
Buch: Jerome Tonnere, Patrice Leconte
Kamera: Jean-Marie Dreujou
Schnitt: Joelle Hache
Musik: Xavier Demerliac
Darsteller: Daniel Auteuil, Dany Boon, Julie Gayet, Julie Durand, Jacques Mathou, Marie Pillet
90 Minuten, Format 1: 2,35 (Scope)
Verleih: Alamode
Kinostart: 6. Dezember 2007
PRESSESTIMMEN:
Melancholische Komödie mit Tiefgang und voller Überraschungen, geprägt von zwei hervorragenden Hauptdarstellern.
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FILMKRITIK:
Francois (Daniel Auteuil) ist Antiquitätenhändler und lebt nur für seine Arbeit. Um ein wertvolles Stück zu bekommen schreckt er vor nichts zurück, was ihm zwar den Respekt seiner Kollegen eingebracht hat, aber wenig mehr. Bei einer Auktion ersteigert er aus heiterem Himmel eine sündteure griechische Vase, die eine bezeichnende Legende umrankt. Aus Trauer um seinen Freund Patroklus soll Achilles die Vase bis zum Rand mit seinen Tränen gefüllt haben. Ein veritables Symbol für tiefe Freundschaft also, die Francois’ Geschäftspartnerin Catherine (Julie Gayet) dazu nötigt ihn mit einer unangenehmen Wahrheit zu konfrontieren: Francois hat zwar Kollegen, die mit ihm Essen gehen, auch eine Freundin, aber wirkliche Freunde hat er nicht. Vehement streitet Francois dies ab und lässt sich auf eine Wette ein. Binnen zehn Tagen verspricht er seinen besten Freund zu präsentieren, ansonsten schenkt er Catherine die teure Vase. Doch die Suche führt schnell zur Erkenntnis, dass er tatsächlich keinen wirklichen Freund hat, er im Gegenteil von den meisten seiner Kollegen verachtet wird. In seiner Verzweiflung vertraut er sich dem Taxifahrer Bruno (Dany Boon) an, der wie das genaue Gegenteil von Francois wirkt: Freundlich, zuvorkommend, offen, schnell mit Menschen ins Gespräch kommend.
Dass Francois in Bruno einen potentiellen Freund direkt vor Augen hat, merkt der Zuschauer schneller als die Protagonisten. Doch so einfach, die Geschichte auf offensichtliche Weise in Wohlgefallen enden zu lassen, macht es sich Patrice Leconte nicht. Francois verwandelt sich im Laufe der 90 Minuten nicht in eine komplett andere Person, er stellt sein Leben nicht völlig auf dem Kopf und ist am Ende nicht ein neuer Mensch. Im Gegenteil. Die Art und Weise wie Francois agiert, seine Ignoranz und Gedankenlosigkeit, wird mit erstaunlicher Boshaftigkeit geschildert. Bisweilen ist es kaum auszuhalten, wie er Brunos offene, ein wenig einfältige Art benutzt, um seine Wette zu gewinnen. Von einem Lerneffekt, einer wirklichen Wandlung ist da wenig zu spüren. Und das ist genau die Stärke von „Mein bester Freund“, der leicht ins unglaubwürdig sentimentale hätte abdriften können. Erst ein großer Eklat wird für Francois zu einem leicht kathartischen Moment, der allerdings dennoch nicht in ein ungebrochenes Happy End mündet.
So schafft es Patrice Leconte weitestgehend potentiell unangenehm pathetische Momente zu umgehen und einen erstaunlich subtilen Film zu inszenieren, der seine Botschaft nicht überdeutlich vor sich her trägt.
Michael Meyns
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Paris. Francois ist Antiquitätenhändler. Durch besondere Freundlichkeit fällt er wirklich nicht auf und lebt zudem ausschließlich für seinen Beruf. Auch seine Partnerin Catherine nimmt er nur oberflächlich zur Kenntnis. Das Verhältnis zu seiner Tochter Louise ist mehr schlecht als recht.
Bei einem Essen mit Kollegen und „Freunden“ kommt das Thema Freundschaft auf. Francois ist verlegen, betroffen, weiß, für welchen Sonderling und Egozentriker ihn die anderen halten – und zieht schließlich seinen Kopf nur dadurch aus der Schlinge, dass er wettet, er habe einen „besten Freund“. Wetteinsatz: eine kostbare antike Vase.
Diesen besten Freund hat Francois natürlich nicht. Er muss ihn innerhalb von zehn Tagen finden, sonst wird’s teuer. Aber wo? In speziellen Kursen? Beim Taxifahren? Unter seinen früheren Schulkameraden? In der Kneipe? Durch Fachliteratur?
Der auf Fernseh-Quiz-Sendungen spezialisierte, schüchterne, umgängliche Taxifahrer Bruno könnte sein Retter sein. Aber erst nach vielen erfolglosen Versuchen, der Bestechung von Brunos Eltern, gefährlichen Risiken, persönlichen Enttäuschungen, langer Zeit kommt die „Rettung“ in Gang.
Patrice Leconte ist zweifellos ein Meister seines Fachs. Ihn interessiert auch nicht, zweimal das gleiche oder ähnliches zu machen. Also musste er sich eine teils originelle, teils verschrobene, teils irreale, teils rührende Handlung ausdenken. Sie ist flott erzählt und inszeniert, nimmt mit zunehmender Dauer den Betrachter mehr gefangen, wird auch als Geschichte besser, je länger sie anhält.
Ein noch größeres Verdienst als dem Regisseur kommt den beiden Hauptdarstellern zu: Daniel Auteuil als Francois und Dany Boon als Bruno. Die beiden begegnen sich, tasten sich ab, versuchen sich zu verstehen, nähern sich an, harmonieren, werden erschüttert, finden sich wieder – und spielen, was das Zeug hält. Dass es eine helle Freude ist. Als Ganzes ein gelungener Wurf.
Thomas Engel