Museum of the Revolution

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Ein Museum, das nicht existiert bildet den Ausgangspunkt eines Films über Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Der Schauplatz ist Belgrad, Hauptstadt von Serbien, Hauptstadt des ehemaligen Jugoslawiens, wo das titelgebende „Museum of the Revolution“ nie entstand. Nur dessen Keller wurde gebaut und dort beginnt Srdjan Keca seine langsamen, oft enigmatischen Beobachtungen.

Webseite: https://museumoftherevolution.uzrok.com/

Serbien/ Kroatien/ Tschechien 2021
Regie & Buch: Srdjan Keca
Dokumentarfilm

Länge: 91 Minuten
Verleih: déjà-vu Film
Kinostart: 1. September 2022

FILMKRITIK:

Anfang der 60er Jahre schien es noch so, als könnte der Sozialismus eine funktionierende Alternative zum Kapitalismus bilden. Gerade in Jugoslawien, wo der Diktator Tito herrschte und sich und sein Land auf geschickte Weise zwischen den Blöcken des Kalten Krieges positionierte.

In der Hauptstadt Belgrad sollte der Architekt Vjenceslav Richter ein Revolutionsmuseum bauen, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte. Ein gewagter, ambitionierter Entwurf war es dem Anschein nach – der jedoch nie gebaut wurde. Als 1978 die Bauarbeiten endlich begannen hatte Tito noch zwei Jahre zu leben, der Vielvölkerstaat Jugoslawien hielt noch ein Jahrzehnt länger aus, doch ohne den Kitt Tito zerbrach er.

Von dem Museum ist nur der Keller gebaut wurde, der inzwischen verfällt und zur Heimat von Obdachlosen und anderen Figuren vom Rand der Gesellschaft geworden ist, die auch im modernen Serbien abgehängt und zunehmend unerwünscht sind. Drei dieser Menschen stehen im Mittelpunkt von Srdjan Kecas „Museum of the Revolution“, einem ruhig beobachteten Dokumentarfilm, einem Essayfilm, der weniger sagt als andeutet und sich dabei bisweilen im allzu enigmatischen verliert.

Hauptfigur ist Milica, ein vielleicht achtjähriges Mädchen, dass man zuerst im Winter kennenlernt, als es mit einer herzförmigen Schachtel versucht, Herzen aus dem Schnee zu formen. Doch der Schnee ist nicht fest genug, die Herzen fallen in sich zusammen, eines der deutlicheren Bilder des Films. Nach und nach erfährt man mehr über Milica, vor allem das sie und ihre Familie Roma sind. Ihre Mutter heißt Vera, eine Ersatzgroßmutter gibt es auch, Mara heißt sie.

In den Katakomben des Museums lebt das Trio, tagsüber versucht Vera mit dem Putzen von Autoscheiben ein bisschen Geld zu verdienen, von dem sie das meiste an ihren Mann schickt, der im Gefängnis ist. Bei Fahrten durch die Stadt oder Gängen zu Ämtern beobachtet die Kamera Vera und Milica, beim Versuch in einer Stadt zu überleben, die immer kapitalistischer wird, die immer weniger Platz für Menschen hat, die nicht den Normen entsprechen.

Eindringlich beobachtet ist das, doch der Versuch, eine möglichst strenge dokumentarische Form zu wählen, vollständig auf Texteinblendungen oder Interviews zu verzichten, hat auch Nachteile. Vieles bleibt im ungefähren, Wissen über die politische Entwicklung Jugoslawiens und Serbien wird vorausgesetzt wie vieles andere auch.

Am Ende lebt „Museum of the Revolution“ stark von der Präsenz seiner jungen Hauptfigur Milica, die trotz eines Lebens am Rand der Gesellschaft, deutlich unterhalb der Armutsgrenze, von bemerkenswert sonnigen Gemüt erscheint. Inzwischen hat sie Pflegeeltern gefunden und hat vielleicht die Chance auf eine bessere Zukunft, aber auch das erfährt man nicht im Film selbst.

 

Michael Meyns