Namesake, The

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Die gebürtige indische Filmemacherin Mira Nair gehört seit Festival- und Publikumserfolgen wie Salaam Bombay! und Mississippi Masala zu den Garanten anspruchsvoller Kinounterhaltung. Für ihren neuen Film, The Namesake, adaptierte sie den gleichnamigen Bestseller von Jhumpa Lahiri, der von einem Leben zwischen zwei Kulturen – der indischen und der amerikanischen - berichtet. Eingebettet in eine Zeitspanne von drei Jahrzehnten erzählt Nair die Chronik einer Ende der 70er Jahre in die USA ausgewanderten Familie. Das Resultat überzeugt – in vielfacher Hinsicht.

Webseite: www.foxfilm.de

The Namesake
Kanada 2006
Regie: Mira Nair
Drehbuch: Sooni Taraporevala nach dem Roman von Jhumpa Lahiri
Produzenten: Lydia Dean Pilcher, Lori Keith Douglas, Yukie Kito, Mira Nair, Zarina Screwvala
Kamera: Frederick Elmes
Musik: Nitin Sawhney
Darsteller: Kal Penn, Irfan Khan, Tabu, Zuleikha Robinson, Jacinda Barrett
Kinostart: 14.6.2007
Verleih: Fox

PRESSESTIMMEN:

 

Mira Nair erzählt die rührende Geschichte mit bewundernswerter Ruhe und in betörend schönen Bildern.
Der Spiegel

Der Zusammenprall verschiedener Kulturen war schon immer ein beliebtes Kino-Sujet. So zärtlich und berührend wie die indische Regisseurin Mira Nair hat das aber schon lange keiner mehr inszeniert.
Stern

...eine der wunderbarsten Familiengeschichten, die man seit langem im Kino zu sehen bekam. Voller Humor und Zärtlichkeit erzählt er von Verletzungen, Glücksmomenten und den zu oft heruntergeschluckten Gesprächsversuchen der Eltern und Kinder, oft nur in flüchtigen Bildern angedeutet. Man muss nicht versucht haben, in der Fremde Fuß zu fassen, um sich in dem Film wiederzufinden.
Brigitte

Ein sanft erzähltes, konsequent unspektakuläres Generationenepos.
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Für Ashoke Ganguli (Irrfan Khan) waren die USA immer das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Nach der arrangierten Hochzeit mit der hübschen Sängerin Ashima (Tabu) entschließt er sich, seine Heimat Kalkutta zu verlassen und mit seiner Frau in New York ein neues Leben zu beginnen. Die Gegensätze könnten dabei nicht größer sein. Aus dem heißen, schwülen Indien verschlägt es das junge Paar in den kalten Winter an der amerikanischen Nordostküste. Zunächst fühlen sie sich als Fremde in einer für sie so ganz anderen Gesellschaft, die mit der indischen kaum etwas gemein zu haben scheint. Es dauert nicht lange bis Ashoke und Ashima Nachwuchs erwarten. Ein Sohn, den sie Gogol nennen – in Anlehnung an den berühmten russischen Literaten, mit dem Ashoke einen Schlüsselmoment seines Lebens verbindet – und eine Tochter mit Namen Sonia lassen aus dem Paar eine Familie werden.
Über die Jahre werden die Gangulis Stück für Stück ein Teil dieser amerikanischen Gesellschaft, die sich aus so vielen Zuwanderern unterschiedlicher Herkunft zusammensetzt. Sie haben es zu einem gewissen Wohlstand gebracht und wohnen in ihrem eigenen Haus in einem der schicken ruhigen Vororte New Yorks. Obwohl die Familie auch Bekannte und Freunde außerhalb ihres eigenen Kulturkreises gefunden hat, stellen die Zusammenkünfte mit anderen indisch stämmigen Immigranten das wichtigste Element ihrer sozialen Kontakte dar. Gogol (Kal Penn), der sich lieber Nick nennt, fühlt sich hin- und hergerissen zwischen den von seinen Eltern weiterhin gepflegten bengalischen Traditionen und einem Leben als ganz normaler amerikanischer Teenager.

Als eine Regisseurin mit indischen Wurzeln, die vornehmlich in den USA lebt und arbeitet, war Mira Nair geradezu prädestiniert für diesen gemessen an der Zeitspanne von über dreißig Jahren epischen Stoff. Nicht nur, dass sich ihr damit die Gelegenheit bot, ein Porträt der von ihr so geliebten quirligen Metropolen New York und Kalkutta in einem Film zu vereinen, auch die von Lahiri aufgegriffenen Themen wie die Suche nach der eigenen und der Umgang mit einem persönlichen Verlust sprachen Nair aus der Seele.

The Namesake lässt den Zuschauer ganz unmittelbar an einem Kapitel amerikanischer Geschichte teilhaben, das für diese Nation ebenso typisch ist wie die Zeit der Besiedelung oder die des Bürgerkriegs. Immigranten aus allen Teilen der Welt suchten und suchen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nach dem, was oftmals leicht verkitscht unter dem Begriff des „American Dream“ zusammengefasst wird. Nair portraitiert dabei mit spürbarer Hingabe eine Familie von Grenzgängern, die sich in zwei Welten behaupten muss. Jeder, aber ganz besonders der von Kal Penn verkörperte Sohn, ist fortwährend gezwungen, sich jeweils anderen Realitäten zu stellen.

Zu gleichen Teilen universale Familienchronik und ungewöhnliche Coming-of-Age-Story zeichnet sich The Namesake durch seinen unvoreingenommenen Blick auf In- und Ausländer, Immigranten und Amerikaner, Jung und Alt aus. Ohne die vorhandenen Probleme auszublenden, besticht Nairs Film durch seine ansteckende optimistische Grundstimmung. Die stoffimmanenten Sprünge in der Narration lösen sich dabei zu keiner Zeit in einer beliebigen Erzählhaltung auf. Nair und ihre Darsteller bringen uns vielmehr dazu, umgehend eine Karte für die nächste Vorstellung lösen zu wollen. Nachdem der Abspann einsetzt und die anrührende Widmung „To our Parents, who gave us everything“ zu lesen ist, verfestigt sich der Eindruck, für zwei Stunden ein willkommener Gast in einer anfänglich vollkommen fremden Familie gewesen zu sein.

Marcus Wessel

 
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Die Gangulis sind eine indische Familie, die von Kalkutta nach New York zieht und mit der Neuen Welt zurechtkommen muss, ohne die alte zu vergessen. Ashoke Ganguli musste von Berufs wegen nach Amerika. Er ist Dozent. Er kommt mit seiner frisch – nach indischem Ritus – angetrauten Frau Ashima, die sich lange fremd und verlassen fühlt. 

Mit der Zeit haben die Gangulis zwei Kinder, Gogol und Sonja. Jahrelang sind sie jetzt schon in den USA. Die Familie wohnt in einem „indischen Viertel“. Trotz der Gewöhnung an das Leben in den Vereinigten Staaten bleiben die heimatlichen Wurzeln gültig und fest verankert. Als Gogol ins heiratsfähige Alter kommt, soll er auf Wunsch der Mutter seine amerikanische Freundin verlassen und – ebenfalls nach der traditionellen Zeremonie – eine Inderin heiraten, die ihn allerdings nach kurzer Zeit mit einem Franzosen betrügt. 

Auch Sonja heiratet – die Mutter ist mit dem Ehemann einverstanden; andernfalls wäre auch das schwierig geworden. Ashoke erleidet einen Herzinfarkt. Muss Ashima nun bald allein sein? 

Gogol – der Name geht auf den Großvater und dessen Lieblingslektüre zurück – wird in Amerika nicht mit seinem Namen genannt, sondern heißt Nick. Und damit ist schon angedeutet, worum es in diesem Film geht: um Identität, um Anpassung, um Dazwischenstehen, um Integration sowie gleichzeitiges Festhalten am Vaterland und Althergebrachtem. 

Das Ganze ist flüssig, aber unauffällig, linear nachvollziehbar und einsichtig, aber völlig sensationslos gemacht. Mira Nair hat zuvor ein paar Filme gedreht, die thematisch, szenisch und musikalisch auffälliger waren. Davon ist hier wenig zu spüren. Alles in allem trotzdem eine gediegene Arbeit, auf einem weit ausholenden Roman basierend, von den Hauptdarstellern gut gespielt und letzten Endes ein immer aktueller werdendes und sich verbreiterndes Thema behandelnd.

Thomas Engel