Goodbye Germany! Um endlich wieder in Lohn und Brot zu stehen, kehrt Eva ihrer brandenburgischen Heimat den Rücken zu und arbeitet über den Sommer in den Schweizer Bergen. Dort emanzipiert sie sich von allen gesellschaftlichen Zwängen und den Männern. Die charmante Komödie „Nur ein Sommer“ basiert auf eigenen Erfahrungen. Regisseurin Tamara Staudt arbeitete im Vorfeld ihrer pointierten Geschichte zwei Saisons als Sennerin. Die sympathischen Hauptdarsteller Anna Loos und Stefan Gubser sowie saftige Landschaftsaufnahmen sorgen in Staudts zweitem Spielfilm für herzerfrischende Unterhaltung.
Webseite: www.nur-ein-sommer.de
Deutschland / Schweiz 2007
Regie und Buch: Tamara Staudt
Darsteller: Anna Loos, Stefan Gubser, Stephanie Glaser, Oliver Zgorelec
Verleih: Filmlichter
Länge: 94 Min.
Kinostart: 12.3.2009
Förderpreis der DEFA-Stiftung auf dem 29. Max Ophüls Filmfestival in Höhe von 4.000 Euro.
Publikumspreis beim Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen.
PRESSESTIMMEN:
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FILMKRITIK:
Die Schlagzeilen klingen alarmierend: Der deutsche Osten verliert seine Jugend. Vor allem Frauen entfliehen der beruflichen Perspektivlosigkeit. Ein beliebtes Ziel ist die Schweiz, in der deutsche Arbeitskräfte offensichtlich noch gebraucht und gut bezahlt werden. „Nur ein Sommer“ von Tamara Staudt handelt von einer Teilzeitauswanderin aus Brandenburg. Der Film beginnt dabei symbolisch mit dem „Abriss Ost“.
In Eberswalde wird ein Plattenbau gesprengt. Aufgrund der schwindenden Bevölkerung gibt es für die Wohnklötze keinen Bedarf mehr. Der Region fehlt es vor allem an Arbeitsplätzen. Auch Eva (Anna Loos) droht die Frühverrentung. Mit 35! Über den Sommer wird der Mutter eines fast erwachsenen Sohnes immerhin ein dreimonatiger Aushilfsjob als Melkerin in den Schweizer Bergen angeboten. Gegen den Willen ihres Freundes nimmt Eva das Angebot an. Sie möchte sich endlich wieder gebraucht fühlen. In der Schweiz offenbart sich ihr daraufhin eine völlig neue Welt. Hier ticken die Uhren spürbar anders. Neben dem wortkargen Senner Daniel (Stefan Gubser) und 40 Kühen ist Eva zudem fast auf sich allein gestellt. Doch gerade der Ausstieg aus allem Alltagstrott lässt sie neue Kraft und Zuversicht tanken.
„Nur ein Sommer“ entpuppt sich als herzerfrischende Aussteigerkomödie. In ihrem zweiten Spielfilm nach „Swetlana“ erzeugt Regisseurin Tamara Staudt in einer humorvollen Mischung aus Heimatfilm, Gesellschaftsstudie und Romanze ein durchgängiges Wohlgefühl. Das liegt zum einen an der saftigen Landschaft, die in dem Film angenehm unberührt und friedlich anmutet. Zum anderen überzeugen die pointierten Dialoge.
Gleichwohl ist das dargestellte Leben auf der Alp nicht nur unbeschwert. Im Schweizer Hochgebirge muss bei Wind und Gewitter hart gearbeitet werden. Das dazugehörige Lebenstempo ist allerdings spürbar gedrosselt und kein Vergleich zur deutschen Hektik. Es leben die kleinen aber feinen Unterschiede. Trotz aller Mühen gerät der Nebenjob dadurch zu einer willkommenen Auszeit. Wenigstens für drei Monate kann Eva alle Sorgen hinter sich lassen, einmal kräftig durchatmen und ihr Leben neu sortieren. Dabei emanzipiert sie sich zusehends von gesellschaftlichen Zwängen und den Männern. Ihr optimistischer Tatendrang überträgt sich spürbar aufs Publikum.
Daneben entwickelt sich zwischen Eva und dem kauzigen Daniel eine unaufdringliche Liebesgeschichte. Die beiden Hauptdarsteller Anna Loos („10 Sekunden“) und Stefan Gubser („Snow White“) bilden ein sympathisches Leinwandpaar, das sich trotz aller Annäherung seine Ecken und Kanten bewahrt. Von romantischem Kitsch fehlt daher glücklicherweise jede Spur.
Die Idee zu „Nur ein Sommer“ basiert bei alldem auf eigenen Erfahrungen. Staudt arbeitete im Vorfeld ihres Drehbuchs zwei Saisons als Sennerin. In Interviews und Filmgesprächen, etwa im Rahmen des Deutschen Filmfestes von Ludwigshafen, wo der Film 2008 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, hält sie sich allerdings darüber bedeckt, wie viel Wahrheit in ihrem Film tatsächlich steckt. Doch auch ohne eine verbindliche Aussage erlebt der Zuschauer eine überaus glaubhafte Geschichte, die zweifellos von Herzen kommt. Staudt ist ein sommerlich frischer Film voller Witz und Wärme gelungen.
Oliver Zimmermann
Eva, die mit Sohn und Freund in Ostdeutschland lebt, war schon längere Zeit arbeitslos. Früher arbeitete sie in einer LPG als Melkerin. Jetzt tut sich endlich etwas. Sie bekommt eine Stelle als Helferin eines Senners angeboten – allerdings im Berner Oberland.
Eva zögert nicht lange. Ab in die Schweiz, und sei es „Nur ein Sommer“ lang. Der Hirte und Senner heißt Daniel. Er ist ein zurückhaltender, wortkarger, eher brummiger und abweisender Typ, dem die Kühe, der Käse und eine strenge Arbeitsdisziplin wichtiger sind als alles andere. Eva wird es bei ihm nicht leicht haben.
Dann beginnt die Tagesarbeit. Melken, das Vieh auf die Weide treiben, die Milch verarbeiten – und das auch bei Dunkelheit, bei schlechtem Wetter, bei strapaziösen Höhenüberwindungen.
Das Verhältnis zwischen Daniel und Eva ist ziemlich gespannt. Auch ein überraschender Besuch ihres Freundes geht völlig daneben. Wäre es da nicht besser, Eva würde sich an Mehmed halten, den türkischen Sennenhelfer von der Nachbar-Almhütte, der von der jungen Frau sehr angetan ist?
Doch es geschieht, was geschehen musste. Eva und Daniel nähern sich an. Aus der obligatorischen Arbeitsgemeinschaft wird eine freundschaftlichere, persönlichere. Gar ein Liebesverhältnis?
Der Sommer geht zu Ende. Für Eva ist es Zeit heimzufahren. Aber taucht da nicht bald darauf Daniel auf? Daraus wird wohl etwas.
Ein schöner, ruhiger, psychologisch stimmiger Film, der die beiden Hauptpersonen lange beobachtet und ihr folgerichtiges Verhalten auf natürliche Weise darstellt. Anna Loos als Eva und Stefan Gubser als Daniel spielen das sehr schön.
Tamara Staudt hat Drehbuch und Film auf eigene Erfahrungen stützen können. Nicht zuletzt darum überzeugt dieser „kleine“ Film. Eine wunderbare Zugabe: die beeindruckende Berglandschaft des Berner Oberlandes.
Thomas Engel