Daniel Nolasco macht es dem Publikum nicht einfach: Was als schlichte, schwule Liebesgeschichte beginnt, entwickelt sich über mehrere Jahrzehnte (vielleicht auch mehrere Dimensionen hinweg) zu einem komplexen, nicht wirklich dechiffrierbaren Mix aus Melodram und cineastischem Ratespiel. Der Film betört mit schwelgerischen Bildern, bleibt aber indifferent, was die Story anbelangt: Die muss man sich aus eher spärlichen Informationen selbst zusammenpuzzeln.
Über den Film
Originaltitel
Apenas Coisas Boas
Deutscher Titel
Only Good Things
Produktionsland
BRA
Filmdauer
104 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Nolasco, Daniel
Verleih
GMfilms Michael Höfner
Starttermin
20.11.2025
Brasilien, im Jahr 1984: Der coole Motorrad-Freak Marcelo wird auf seiner Honda Opfer eines Unfalls, als er eine Einöde möglichst schnell hinter sich lassen will. Zu seinem Glück betreibt Antonio haargenau hier im Nirgendwo einen kleinen Bauernhof, auf dem er Käse herstellt. Antonio findet den verunfallten Marcelo, bringt ihn auf seinen Hof und pflegt ihn gesund. Die beiden Männer beginnen eine Affäre, aus der nach und nach die große Liebe wird. Doch einige unvorhersehbare Ereignisse verhindern, dass Marcelos Traum Wirklichkeit wird, gemeinsam mit Antonio alt zu werden.
Im zweiten Teil des Films sind mehrere Jahrzehnte vergangen. Antonio lebt als gealterter Mann ein luxuriöses, hedonistisches Leben, ohne dass klar wird, wie er zu seinem Reichtum gekommen ist. Marcelo ist nur noch eine beinahe geisterhafte Erinnerung, obwohl er in Antonios Leben immer noch präsent ist.
„Gibt es die große Liebe oder gibt es sie nicht?“ ist die Frage, die im Mittelpunkt vieler, vielleicht aller Melodramen steht. Auch Daniel Nolasco stellt diese Frage, lässt sie jedoch unbeantwortet bzw. überlässt es dem Publikum, sich die Antwort aus den Fragmenten der Liebesgeschichte von Antonio und Marcelo zusammenzusetzen. Wobei die Informationen dazu, vor allem in der zweiten Hälfte des Films, äußerst spärlich gesät sind. Deutlich wird jedoch der Gegensatz zwischen dem romantisch-romantisiertem Leben auf dem Lande des ersten Teils und dem Zynismus des auf schnelle Befriedigung ausgerichtetem Großstadtlebens in Teil 2. Bemerkenswert ist die Veränderung, die Nolasco seinem Protagonisten Antonio (der im ersten und zweiten Teil des Films jeweils von einem anderen Schauspieler gespielt wird) und dem Publikum zumutet: die Entwicklung vom zärtlichen, der Natur verbundenen Menschen zum schroffen, herrischen Großstadt-Strippenzieher macht es schwer, die Empathie aufrecht zu erhalten, die man in der ersten Hälfte des Films für Antonio empfunden hat.
Nolasco scheint seine Darsteller an der kurzen Leine geführt zu haben. Augenscheinlich hat er ihnen ein artifizielles, beinahe statuarisches Spiel verordnet, das eine relativ theatrale Wirkung hat. Sie gehen nicht in ihren Rollen auf, sondern scheinen vorzuführen, was die Regie ihnen angeordnet hat. Das funktioniert manchmal auf verblüffende Weise, des Öfteren wird jedoch eine durchaus fragwürdige Distanz geschaffen, die dadurch die Emotionalität der Geschichte konterkariert. Aber vielleicht war das ja gerade Nolascos Absicht?
Nolascos Stil setzt auf lange, manchmal sehr lange Einstellungen. Wenn’s wichtig wird, dehnt der Regisseur die Zeit bis zum Äußersten, wobei er die so erzeugte Spannung nicht immer auflöst. Auch den Dialog setzt Nolasco eher spärlich ein, er vertraut mehr der Strahlkraft seiner Schauspieler, die einander wieder und wieder bedeutungsschwere Blicke zuwerfen. Ein anderer Schwerpunkt ist die schwule Erotik, die Nolasco geradezu verschwenderisch einsetzt, und zwar auf höchst ästhetische Weise, die niemals auch nur in die Nähe von Pornographie gerät, dem Film jedoch eine FSK „ab 18“ eingebracht hat.
Wer sich für schwules Kino interessiert und die ästhetische und inhaltliche Herausforderung sucht, ist in „Only Good Things“ gut aufgehoben. Für das große Publikum beginnt die Rätselei bereits beim Titel des Films, denn auch, was „nur die guten Dinge“ sind, muss der Zuschauer selbst herausfinden. Ob Antonio am Ende des Films diese guten Dinge erhält oder ob er sie auf seinem mittlerweile verlassenen Bauernhof unwiederbringlich verloren hat, ist eine der zahlreichen Fragen, die man sich beim Betrachten des Leinwandgeschehens stellt. Aber vielleicht gibt es ja auch keine klaren Antworten auf all die Fragen, die der Film aufwirft.
Gaby Sikorski







