Päpstin, Die

Zum Vergrößern klicken

Der Verleih scheint keine Kosten und Mühen zu scheuen, um die mit Spannung erwartete Bestseller-Verfilmung „Die Päpstin“ als das deutsche Kino-Event dieses Herbstes zu bewerben. Dabei kann der von Sönke Wortmann inszenierte Film keines seiner Versprechen wirklich einlösen. Die Inszenierung wirkt mut- und ideenlos, der Geschichte wiederum mangelt es an Glaubwürdigkeit und Spannung.

Webseite: www.die-paepstin.de

Die Päpstin
D/I/ESP 2009
Regie. Sönke Wortmann
Drehbuch: Heinrich Hadding, Sönke Wortmann nach dem Roman von Donna Woolfolk Cross
Darsteller: Johanna Wokalek, David Wenham, John Goodman, Anatole Taubman, Edward Petherbridge, Jördis Triebel, Iain Glen
Laufzeit: 148 Minuten
Kinostart: 22.10.2009
Verleih: Constantin
 

PRESSESTIMMEN:

...

FILMKRITIK:

Eigentlich war ihr Lebensweg von Geburt an bereits vorgezeichnet. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen als das dritte Kind eines herrschsüchtigen, gewalttätigen Vaters und einer sich ihm unterordnenden Mutter, sollte Johanna dem damaligen Rollenbild entsprechend ebenfalls früh verheiratet werden, Kinder kriegen und am Ende vermutlich jung sterben. Doch stattdessen bestieg sie den Stuhl Petri, wurde Bischof von Rom und damit Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Zumindest besagt das eine seit dem 13. Jahrhundert überlieferte Legende, die sich auf verschiedene historische Texte und Quellen stützt. Die amerikanische Autorin Donna Woolfolk Cross nahm den von Wissenschaftlern in Zweifel gezogenen Mythos als Grundlage für ihren Weltbestseller „Die Päpstin“. Allein hierzulande verkaufte sich der Roman über fünf Millionen Mal.

Dementsprechend groß war auch bereits im Vorfeld das Interesse an der Verfilmung, für die das Produzententeam Martin Moszkowicz und Oliver Berben Sönke Wortmann sowie eine namhafte, teils internationale Besetzung (u.a. Johanna Wokalek, John Goodman, David Wenham) gewinnen konnte. Den hohen Erwartungen wird der Film allerdings nicht gerecht. Und das liegt weniger am schlampigen Umgang mit historischen Tatsachen – Vorlage wie Film verstehen sich schließlich nicht als Geschichtsdokumentation – als an der doch recht betulichen Inszenierung, die mehr an ein TV-Event-Movie erinnert.

Deutschland, zu Beginn des 9. Jahrhunderts. Da es Mädchen zumeist nicht erlaubt ist, das Lesen und Schreiben zu erlernen, bringt Johannas älterer Bruder Matthias ihr beides heimlich bei. Er unterrichtet Johanna auch in Latein, was sie in die Lage versetzt, Homers „Odyssee“ zu lesen und einen Abgesandten der Domschule mit ihren Sprachkenntnissen zu beeindrucken. Als Matthias an einem Fieber stirbt, will der Vater ihren jüngeren Bruder Johannes auf die Schule schicken. Das ist der Moment, in dem sie erkennt, dass nur eine Flucht ihr noch helfen kann. Einige Jahre später wird sie wieder flüchten, dann in ein Kloster der Benediktiner, wo sie fortan als Mann lebt, den Namen Johannes Anglicus annimmt und sich der Heilkunst widmet. Aber auch dort ist die junge Frau irgendwann nicht mehr sicher. Kurz bevor man ihr Geheimnis entdeckt, verlässt sie den Orden. Überzeugt im Glauben zieht es sie schließlich in die ewige Stadt.

Sönke Wortmann, der mit „Das Wunder von Bern“ bereits Erfahrung im Umgang mit Mythen und Legenden auf einem ganz anderen Gebiet sammeln konnte, scheint einmal mehr dem größtmöglichen Konsens zu vertrauen. Filmische Experimente, interessante Brüche in Stil und Erzählform oder auch nur eindrucksvolle Bilder, all das sucht man hier leider vergeblich. Es spielt letztlich überhaupt keine Rolle, an welcher Station in Johannas eigentlich hoch spannendem Werdegang wir uns gerade befinden, bei Wortmann sieht die Szene immer genau so aus, wie man das von einem etwas teueren Fernsehfilm erwartet. Zu Beginn in der fränkischen Provinz dominieren Erdfarben, Dreck, Schweiß und Mittelalter-Folkore, später im Kloster dann das vielfach kopierte „Der Name der Rose“-Setting mitsamt den obligatorischen choralen Gesängen. Enigma lassen grüßen.

Umspielt von einem die meiste Zeit über unsagbar künstlichen Licht müssen die allesamt nachsynchronisierten Darsteller gegen banale Dialoge ankämpfen. Für unfreiwillige Komik sorgen ausgerechnet manche der zumindest nach der Papierform besonders emotionalen Momente, die durch eine unentschlossene Regie jede Emotionalität einbüßen. Aus der ersten, schüchternen Annäherung zwischen Johanna und dem adeligen Gerold, der Liebe ihres Lebens, macht Wortmann eine peinliche Kitschnummer. Später, als Johanna nach vielen Jahren ihren Vater wiedersieht, wundert man sich, dass er sie zunächst für ihren Bruder hält. Überhaupt fällt es schwer zu glauben, dass die junge Frau ihr Geheimnis so lange vor den meisten verbergen konnte. Immerhin sieht Johanna Wokalek selbst mit Tonsur und Mönchskutte jederzeit wie ein Mann aus.

Die Glaubwürdigkeitsfalle ist am Ende jedoch nur eines von zahlreichen Problemen. Dass der Film seinen Höhepunkt, Johannas Ernennung zum Stellvertreter Christi, in wenigen Minuten derart lieblos abhandelt, ist die eigentliche Enttäuschung für ein Werk, das sich „Die Päpstin“ nennt.

Marcus Wessel