Paternal Leave – Drei Tage Meer

In ihrem Debütfilm „Paternal Leave – Drei Tage Meer“ verhandelt die Schauspielerin Alissa Jung ein klassisches Thema: Sie erzählt von der 15jährigen Leo, die allein bei ihrer Mutter aufwuchs und erst im Teenageralter von ihrem Vater erfuhr. Den konfrontiert sie nun an einem Strand in Italien mit ihrer Existenz, was besonders dank der beiden überzeugenden Hauptdarsteller zu wahrhaftigen, berührenden Momenten führt.

 

Über den Film

Originaltitel

Paternal Leave

Deutscher Titel

Paternal Leave – Drei Tage Meer

Produktionsland

DEU,ITA

Filmdauer

113 min

Produktionsjahr

2025

Regisseur

Jung, Alissa

Verleih

eksystent Filmverleih

Starttermin

06.11.2025

 

Was genau zwischen der 15jährigen Leo (Juli Grabenhenrich) und ihrer Mutter vorgefallen ist wird man nur bruchstückhaft erfahren. Doch es war genug, um die Teenagerin dazu zu bringen, ihren Rucksack zu packen und sich auf den Weg nach Italien zu machen. An der Adriaküste, etwas nördlich von Rimini, lebt Paolo (Luca Marinelli), der Vater, den Leo nie kennengelernt hat, der Vater, von dem sie gerade erst erfahren hat.

Am Strand von Marina Romeo betreibt Paolo eine Strandbar, lebt meist in einem Camper, führt ein unstetes, vielleicht nur scheinbar freies Leben. Die Saison ist schon vorbei, die Adria ist stürmisch, der Himmel meist grau, das Wetter so wild, wie die Emotionen von Tochter und Vater.

Plötzlich steht Leo also vor Paolo, der gar nicht besonders überrascht wirkt, pragmatisch mit der Situation umgeht. Leo hat Fragen, hat eine ganze Liste, die sie abarbeiten will, doch so wird sie ihn nicht kennenlernen, sagt Paolo. Also bleibt Leo ein paar Tage, lernt den gleichaltrigen Edoardo (Arturo Gabbriellini) kennen, der ebenfalls Probleme mit seinem Vater hat, nicht die einzige Doppelung, die Alissa Jung in ihrem etwas schematischen Drehbuch eingebaut hat.

So hat Paolo inzwischen ein weiteres Kind, ein kleines Mädchen, auf das er gelegentlich aufpasst, von der Mutter scheint er getrennt zu sein. Wenn er diesem Kind auf der Gitarre vorspielt, es in den Schlaf singt, schmerzt es Leo. Diesmal will Paolo nicht so viele Fehler machen wie einst, will sich ändern, für seine Tochter da sein. Langsam tastet er und Leo sich aneinander, zwischen Erwartungen und Bedauern, Misstrauen und Hoffnung.

Einmal kommen sie abseits des Meeres an einer Gruppe Flamingos vorbei, sinnieren über die Vögel, die meist auf einem Bein im Wasser stehen. Flamingos teilen sich das Elterndasein, weiß Leo, einer der Momente, in denen Alissa Jung etwas zu direkt sagt, worum es in ihrem Debütfilm geht. Immer wieder gibt es solche Dialoge, die allzu sprechend wirken, zu gewollt, zu symbolisch. Auch ein kathartisches Herausschreien der Emotionen aufs Meer darf nicht fehlen, doch zum Glück sind solche Klischees eher rar.

Die größte Qualität entwickelt „Paternal Leave – Drei Tage Meer“, wenn sich Jung ganz auf ihre beiden Hauptdarsteller verlässt, ihren Partner Luca Marinelli, eines der interessantesten Gesichter des europäischen Kinos, der schon in „Martin Eden“ oder „Acht Berge“ so überzeugend melancholisch agierte, und die Newcomerin Juli Grabenhenrich in ihrer ersten Filmrolle, die gleichzeitig verletzlich wirkt, aber auch schnoddrig und forsch, die manchmal noch wie ein Kind wirkt, dann wieder reif und in der Lage, die schwierige Situation ihres Vaters zu verstehen.

Angenehm offen erzählt Jung von der langsamen Annäherung von Tochter und Vater, lässt ihre Geschichte nicht auf einen großen Knall hinauslaufen, verzichtet auf kathartische Momente. Stattdessen sieht man zwei Menschen zu – die eine älter als sie eigentlich ist, der andere noch längst nicht so reif, wie sein Alter vermuten ließe – die sich umkreisen, kennenlernen und dabei auch etwas über sich selber lernen.

 

Michael Meyns

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