perfekte Verbrechen, Das

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Es ist ruhig geworden um den Gerichts-Thriller klassischer Prägung. Regisseur Gregory Hoblit, dessen Film Zwielicht wahrlich zu den Highlights des Genres gezählt werden darf, probt die Revitalisierung. Altmeister Anthony Hopkins und Hollywoods Jungstar Ryan Gosling liefern sich in Das perfekte Verbrechen ein packendes Psycho-Duell, das sich jedoch zumeist außerhalb des eigentlichen Gerichtssaales abspielt. Die mitunter etwas zu betuliche Inszenierung im Stile bekannter amerikanischer TV-Serien fällt dabei kaum ins Gewicht.

Webseite: www.dasperfekteverbrechen-derfilm.de

OT: Fracture
USA 2007
Regie: Gregory Hoblit
Mit Anthony Hopkins, Ryan Gosling, Billy Burke, Rosamund Pike, David Strathairn, Fiona Shaw, Embeth Davidtz
Laufzeit: 112 Minuten
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 17.5.2007

PRESSESTIMMEN:

Gut konstruierter, vorzüglich besetzter Thriller, der bekannte Genremuster unterhaltsam und solide umsetzt.
film-dienst

FILMKRITIK:

Eigentlich ist der Fall klar. Der erfolgreiche Ingenieur Ted Crawford (Anthony Hopkins) wird von der Polizei in seiner Villa festgenommen. Er gesteht, soeben seine Frau (Embeth Davidtz) in den Kopf geschossen zu haben, die Waffe noch in den Händen haltend. Vermutlich nimmt deswegen auch Willy Beachum (Ryan Gosling) – der aufstrebende Assistent des Bezirksstaatsanwalts – die Ermittlungen und das Verfahren gegen Crawford nicht allzu ernst. Merklich schlecht vorbereitet trifft er in seiner Funktion als Ankläger auf den smarten Taktiker Crawford. Dieser überrascht mit dem Schachzug, sich selbst verteidigen zu wollen. Weil seine Frau noch lebt und in einer Art Wachkoma liegt, muss er sich wegen versuchten Mordes verantworten. Was Beachum zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Detective Rob Nunally (Billy Burke), der Crawford am Tatort verhaftete und dessen Geständnis aufnahm, war in eine heimliche Affäre mit dem Opfer verwickelt.
Zug um Zug, Puzzleteil für Puzzleteil, droht Beachum die Kontrolle über den Fall zu verlieren. Die anfangs noch so eindeutige Beweislage zerrinnt wie Sand in seinen Händen, bis er mit weniger als Nichts dasteht und die intellektuelle Überlegenheit seines Widersachers anerkennen muss – zumindest vorerst. Obwohl es an Crawfords Schuld für ihn keinerlei Zweifel geben kann, laviert sich der Angeklagte geschickt durch den gesamten Prozess.

Es ist vor allem Anthony Hopkins wieder einmal brillanter Darstellung zu verdanken, dass dem Zuschauer dieser Ted Crawford nicht als eindimensionaler, eiskalter Killer erscheint. Der Brite zelebriert wie schon in seiner wohl berühmtesten Rolle als Kannibale Hannibal Lecter die ihm eigene ironisch distanzierte Betrachtung menschlicher Abgründe. In dem über vierzig Jahre jüngeren Ryan Gosling erhielt er zudem einen würdigen Kombattanten. Gosling, der zuletzt mit der Oscar-Nominierung für seine Darstellung eines engagierten Lehrers in dem Sozial-Drama Half Nelson von sich Reden machte, besitzt das handwerkliche Rüstzeug, um neben einem der ganz Großen des Schauspielfachs zu bestehen. Aus den intensiven Wortgefechten und psychologischen Katz-und-Maus-Spielchen zwischen Crawford und Beachum zieht Gregory Hoblits Thriller folglich auch seine Spannung und Sogwirkung. Hier stehen sich zwei Männer gegenüber und können doch nicht anders – jeder in der ihm zugewiesenen Rolle. Das ähnelt einem auf Spielfilmlänge ausgedehnten Showdown, den nur einer für sich entscheiden kann. Hopkins und Gosling und der High Noon. Schon dafür lohnt der Kauf einer Kinokarte.

Trotz seiner Klassifizierung und Vermarktung als „Gerichts-Thriller“ bleibt die Handlung nicht auf diesen einen Schauplatz beschränkt. Im Gegenteil. Die meiste Zeit über folgt der Plot Beachum auf seinen Ermittlungen außerhalb des Gerichtsgebäudes. Zusammen mit der kraftvollen Exposition hebt sich Das perfekte Verbrechen damit wohltuend von vielen mediokren Courtroom-Produktionen mit ihren limitierten dramaturgischen Möglichkeiten ab. Ein vergleichbar frischer Ansatz hätte man sich auch in Bezug auf Hoblits Regie gewünscht. Wie schon in Zwielicht fällt diese reichlich unspektakulär aus. Statt das Kinoformat auszureizen, konzentriert sich der langjährig im TV-Seriengeschäft (NYPD Blue, L.A. Law) aktive Hoblit lieber ganz auf seine beiden Hauptdarsteller. Bei Namen wie Hopkins und Gosling, wer will es ihm jedoch verübeln?

Marcus Wessel

 
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Ted Crawford hat eine wesentlich jüngere Frau. Dass das in seinem Falle nicht ganz unproblematisch ist, merkt er, als sie ihn betrügt. Er wird das nicht hinnehmen und schießt auf sie. Unter den Ermittlern ist auch Detective Nunally. Entsetzt stellt dieser fest, dass die Angeschossene seine Geliebte ist, deren genaue Identität er jedoch nicht kannte. Dieser Umstand lässt ihn in ein tödliches Dilemma geraten.

Crawford gesteht. Das scheint dem Bezirksstaatsanwaltgehilfen Beachum die Strafverfolgung leicht zu machen, und das trifft sich gut, weil er sich mit einem Bein bereits in einer neuen  (privaten) Stellung befindet und zudem ein Auge auf eine attraktive Anwältin geworfen hat.

Doch die Vermutung, dass die Verfolgung Crawfords wegen des Geständnisses ein Kinderspiel sein würde, erweist sich schnell als Trugschluss. Denn der Täter ist ein redegewandter und auch undurchschaubarer Dialektiker, der sich windet und Fallen stellt, so dass vor Gericht der Freispruch näher liegt als die Bestrafung.

Aber der inzwischen wegen Unfähigkeit freigestellte Beachum denkt nicht daran aufzugeben. Und eine kleine Schwäche hat doch jede Sache, auch wenn sie sich noch so hieb- und stichfest darstellt. Beachum sucht von dieser allgemeinen Erkenntnis zu profitieren.

Ein Thriller, der nicht den einfachen Schemata seines Genres folgt, sondern, auf ein entsprechendes Drehbuch, geschickte Dialoge und eine ausgesuchte Regie gestützt, sich etwas gewundener, mysteriöser, intellektueller und überraschender gibt. Bei der Unmenge an Krimis ist das nicht leicht – aber hier doch weitgehend gelungen.

Die beiden Hauptstützen sind dabei die Darsteller, erstens der Oscar-Preisträger Antony Hopkins und zweitens der Oscar-Nominierte Ryan Gosling. Hopkins gibt den gewieften, seine Karten nie ganz aufdeckenden, sich in jeder Situation souverän gebenden Straftäter mit einer Überzeugung, wie er sie in jeder seiner Rollen an den Tag legt. Im Grunde darf (und will) kein Kino-Fan einen Film mit Hopkins versäumen.

Gosling, aktiv und zuweilen sogar hektisch zwischen den beiden ihn charakterisierenden und von ihm angestrebten Polen hin- und herlavierend, liefert ebenfalls eine beachtenswerte Leistung ab. 

Thomas Engel