Promised Land

Zum Vergrößern klicken

Fracking. Während in Deutschland wohl kaum jemand diesen Begriff aus der Erdgas-Förderung kennt, ist in Amerika längst eine vehemente Diskussion über Schaden und Nutzen der Technik entstanden. Mit ihrem Film „Promised Land“ bemühen sich Gus van Sant und seine Drehbuchautoren John Krasinski und Matt Damon differenziert Position zu dieser Debatte zu erzählen, bleiben genau dadurch in dramaturgischer Hinsicht aber auch etwas behäbig.

Webseite: www.universal-pictures.de

USA 2012
Regie: Gus van Sant
Buch: John Krasinski & Matt Damon
Darsteller: Matt Damon, Frances McDormand, Hal Holbrook, John Krasinski, Rosemarie DeWitt
Länge: 106 Minuten
Verleih: Universal Pictures
Kinostart: 13. Juni 2013

PRESSESTIMMEN:

"Getragen von großartigen Darstellern und treffsicheren Dialogen, arbeitet sich die ambivalente Umwelt-Dramödie immer stärker zu einer Kritik am Gebaren der Energiekonzerne vor und erzählt mit den klassischen Elementen des Entwicklungsdramas vom Zwiespalt zwischen finanzieller Absicherung und ökologischem Gewissen. - Sehenswert."
film-dienst

"Viel mehr als ein engagiertes Plädoyer für den Umweltschutz... Überraschend, stimmig, toll gespielt."
BRIGITTE

"Ein Film, der in die Tiefe dringt und dazu ein großartiges Plädoyer für die Entscheidungsfreiheit des Individuums. - Prädikat: besonders wertvoll."
FILMBEWERTUNGSSTELLE WIESBADEN

FILMKRITIK:

Drillbohren ist die deutsche Übersetzung des Frackings, was in etwa bedeutet, von Schieferplatten eingemauerte Gasvorkommen tief unter der Erdoberfläche anzubohren. Das Problem dabei ist jedoch nicht das Bohren an sich, sondern die Chemikalien, die in die Erde gepumpt werden, um das Gas nach oben zu pressen. Dass die Ölvorkommen der Welt langsam schwinden und zudem in erheblichen Teilen in politischen instabilen Regionen lagern, führt seit langem zum Versuch, andere Energiequellen zu erschließen. Mit Erdgas lässt sich dabei wesentlich mehr und wesentlich schneller Geld machen, als mit der langsamen und teuren Entwicklung erneuerbarer Energien. Doch so leicht ist es nicht, wie zunehmend deutlich wird.

Und hier setzt Gus van Sants „Promised Land“ ein, der auf einem Drehbuch seiner beiden Hauptdarsteller Matt Damon und John Krasinski basiert. Damon spielt den sehr erfolgreichen Vertreter Steve Butler, der zusammen mit seiner Kollegin Sue (Frances McDormand) in eine kleine Stadt irgendwo im amerikanischen Niemandsland kommt. Sie wollen die Bürger dazu bringen, ihr Land für Bohrungen zu verpachten, brauchen aber auch die Zustimmung des Gemeindevorsitzes. Die wirtschaftliche Not der Bewohner ist nicht zu übersehen, die Landwirtschaft wirft kaum Gewinne ab, von Industrie kann keine Rede sein. Und so führt das Versprechen auf einen Geldsegen rasch zum Erfolg. Zumal Butler ein sympathischer Kerl ist und keineswegs wie ein windiger Vertreter wirkt. Dieser Mann glaubt an das, was er tut, verspricht den Bewohnern nicht das blaue vom Himmel, schreckt aber auch nicht davor zurück, dem Bürgermeister für dessen Unterstützung Schmiergeld anzubieten.

Alles scheint nach Plan zu verlaufen, doch dann ergreift der Lehrer Frank Yates (Hal Halbrook) das Wort und führt seinen Mitmenschen die potentiellen Gefahren des Frackings vor Augen. Eine Abstimmung wird anberaumt und der Kampf um die Bohrrechte entwickelt sich zum Wahlkampf: Auf der einen Seite Butler und seine Kollegin, auf der anderen der glatte Umweltaktivist Dustin Noble (John Krasinski), der plötzlich in der Stadt auftaucht und die Bürger mit populistischen Methoden auf die vermeintlich offensichtlich richtige Seite ziehen will.

Wie differenziert die unterschiedlichen Positionen beschrieben werden, ist einerseits die Stärke, aber auch die Schwäche von „Promised Land.“ Die Vorteile, aber auch die Gefahren des Fracking werden beschrieben, so dass das Urteil über die Fördermethode ganz den Bürgern der Stadt bzw. dem Publikum überlassen bleibt. Diese ausgewogene Herangehensweise, die vielen möglichen Kritikpunkten der Wirtschaft prophylaktisch ausweicht, ist zwar nobel, aber auch undramatisch. Und diese Haltung setzt sich auch in Matt Damons Figur fort: Weder bewusst ins Irre führend, noch naiv ist dieser Vertreter, der sich somit auch nicht binnen kurzer Zeit vom Saulus zum Paulus verwandelt, sondern nur leise Zweifel an seiner Arbeit entwickelt.

So ist „Promised Land“ weniger ein dezidiert wirtschaftskritischer Film wie es etwa „Erin Brockovich“ oder „Michael Clayton“ waren, sondern ein behutsam aufklärerischer Film, der vor allem nostalgische Werte beschwört. Nicht umsonst bezieht sich schon der Titel auf jenes gelobte Land, dass die amerikanischen Pioniere in ihrem Selbstverständnis einst der Natur abrangen und fruchtbar machten. Inzwischen ist von dieser traditionellen Welt nicht mehr viel übrig, doch wenn man sich auf die ursprünglichen Werte besinnt – so zumindest dieser Film – dann lassen sich auch wirtschaftlich schwierige Zeiten ohne fragwürdige Finanzspritzen überstehen. Ein erstaunlich nostalgisch, konservatives Weltbild, das die eher zur Hollywood-Linken zählenden Damon und van Sant hier beschwören, zwar auf unaufdringliche Weise, aber dennoch unübersehbar.

Michael Meyns

Energie wird teuer und geht langsam aus. Also müssen neue Quellen her. Fracking ist einer der jetzt aufgekommenen Begriffe. Darunter versteht man Tiefbohrungen in weit unter der Erdoberfläche liegendes Fels- und Schiefergestein, aus dem, wenn es angebohrt und entsprechend behandelt wird, Erdgas entströmen kann – laienhaft gesagt. Die Reserven in aller Welt scheinen beträchtlich zu sein. Auch in unserem Land ist das seit der Energiewende ein Thema.

Risiken sind aber offensichtlich. Zum Beispiel kann das Grundwasser beeinträchtigt werden. Giftstoffe können austreten. Was das für die jeweilige Bevölkerung bedeutet, ist offensichtlich.

Steve Butler ist mit seiner Kollegin Sue Thomason in einer erdgasverdächtigen ländlichen Region, genauer gesagt in dem Städtchen McKinley in Pennsylvania, unterwegs. Sie sollen im Namen der Firma Global Crosspower Solutions die Menschen dazu bringen, ihr Land zu verpachten oder zu verkaufen, damit darauf Bohrungen vorgenommen werden können. Eine ganze Menge Geld wird dafür geboten – auch im Wege der Korruption.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Menschen für derlei anfällig gemacht. Denn sie haben nur noch minimale Einnahmen, nicht wenige leben am Rande des Existenzminimums. Also glauben Butler und Thomason leichtes Spiel zu haben.

Doch dem ist nicht so. In einer der entscheidenden Versammlungen der Gemeinde macht der frühere, älter gewordene Wissenschaftler Frank Yates auf die Risiken und Gefahren aufmerksam – auf die Zeit auch, nachdem das Geld verbraucht und das Land zerstört sein wird.

Der Konzern Global Crosspower Solutions spart nicht mit Tricks, um sein Ziel zu erreichen. Mit Dustin Noble wird ein zweiter Mann neben Butler eingesetzt, Falschinformationen werden verbreitet, getürkte Fotos vorgelegt. Steve Butler wird schließlich „bekehrt“ sein, sich distanzieren. Die Einwohner der Stadt werden nach reiflicher Überlegung die richtige Entscheidung treffen. Es sieht nicht so aus, als hätte das „Fracking“ noch große Chancen.

Matt Damon und John Krasinski schrieben das Drehbuch, kein Geringerer als Gus Van Sant führte Regie. Die Geschichte – auch mit einem Schuss Liebe zwischen Alice und Steve durchsetzt – ist etwas schematisch und erratbar erzählt – aber vom Thema her enorm wichtig. Es geht um den Kampf zwischen Profitdenken und Umwelt; um die Sorge natürlich auch, genügend Energie heranzuschaffen; um die Wahl schließlich, der Erdzukunft zuliebe bescheidener zu leben.

Formal fehlt dem Film dank Gus Van Sants nichts. Die Schauspieler – Matt Damon als Steve Butler, Frances McDormand als Sue Thomason, John Krasinski als Dustin Noble sowie Rosemarie De Witt als Alice – agieren sämtlich toll. Besonders erfreulich, dass man Frances McDomand wieder einmal auf der Kinoleinwand erlebt.

Ein thematisch wichtiges Problemstück.

Thomas Engel