Quatsch und die Nasenbärbande

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Kinderquatsch rettet die Welt – oder zumindest ein kleines Dorf im Herzen Deutschlands. In „Quatsch und die Nasenbärbande“ kämpfen sechs Kinderkartenkinder gegen Konsumkultur und Langeweile und mischen dabei nicht nur die Erwachsenen auf der Leinwand, sondern auch das Kinopublikum tüchtig auf.

Webseite: www.quatsch-film.de

Deutschland/2014
Regie: Veit Helmer
Drehbuch: Hans-Ullrich Krause, Veit Helmer
Darsteller: Fritzi Haberlandt, Benno Fürmann, Samuel Finzi, Ulrich Voss
Länge:  82 Minuten
Verleih: Farbfilm
Kinostart: 06. November 2014

FILMKRITIK:

Mitten in Deutschland verwandelt sich das idyllische Bollersdorf in einen Hort der Durchschnittlichkeit. Unter Anleitung der Gesellschaft für Konsumentenforschung müssen die Bewohner nun nicht nur eklige Produkte wie blaue Nutella und grüne Cornflakes testen, sondern auch auf alles verzichten, was außergewöhnlich ist, zum Beispiel auf exotische Haustiere wie Quatsch, den Nasenbären. Als dann aber auch noch die Großeltern ins Altenheim abgeschoben werden, weil sie zu viel Unsinn treiben, kann die Nasenbärbande nicht mehr tatenlos zusehen. Da hilft nur eins: Bollersdorf muss etwas ganz Besonderes werden, um sich vom Übel der öden Gleichmacherei zu befreien.

Eine der größten Herausforderungen im Kinderfilm ist die Arbeit mit den ganz kleinen Darstellern. Regisseur Veit Helmer löst dieses Problem, in dem er seinen jungen Schauspielern nur das zumutet, was sie in ihrem Alter auch zu leisten im Stande sind. Statt langen Dialogen oder großen Emotionen, lässt er sie vornehmlich spielen und toben und nur vereinzelte Sätze sprechen. Dass diese manchmal aufgesagt wirken, macht in diesem verspielten Kontext plötzlich gar nichts mehr aus, sondern wirkt – im Gegenteil – immens charmant und authentisch.
 
Seine Inszenierung ist das filmische Pendant zum Bilderbuch. Dem Publikum offenbart sich eine quietschbunte und sonnige Welt voll verrückter Ideen. Überzeichnungen und Slapstick generieren kindgerechten Humor, der größtenteils auf platte Mechanismen wie Fäkalwitze und Schadenfreude verzichtet. Die Aneinanderreihung lustiger Quatschideen lässt keine Langeweile aufkommen, droht das junge Zielpublikum jedoch auch zu überfordern. Auch wenn die Geschichte linear erzählt und simpel gehalten wird, lassen Tempo und Skurrilität der Inszenierung zuweilen an einen Film für Erwachsene denken. Diese sind es wohl auch, die den Humor auf Kosten unserer Konsumkultur am ehesten verstehen. Doch Veit Helmer hat immer auch seine jüngsten Zuschauer im Blick und wählt eine kindgerechte Darstellungsweise seiner Konsumkritik: Die überflüssigen Produkte, die plötzlich im Bollersdorfer Supermarkt zu finden sind, werden vornehmlich über ihre unpassende Farbe bzw. ihren Geschmack definiert (roter Kaffee, grüne Cornflakes, etc.).
 
Grundsätzlich gelingt es „Quatsch und die Nasenbärbande“ eine Kinderperspektive einzunehmen, innerhalb derer die Erwachsenen die Spaßverderber und die Großeltern die kreativen Spielgefährten sind. Bemerkungen wie jene, dass Eltern ihre Kinder immer dann ins Bett schickten, wenn letztere wirklich wichtige Dinge zu tun hätten, zaubern vor allem der älteren Generation ein Lächeln auf die Lippen. „Quatsch und die Nasenbärbande“ bleibt durch und durch Kinderfilm und als solcher auch in der Inszenierung stets verspielt: Die Effekte sind bewusst einfach gehalten, die Handlung linear und leicht verständlich. Tanz- und Gesangsperformances bilden immer wieder Zäsuren, die nicht nur zum Mitwippen inspirieren, sondern im manchmal doch recht rasanten Tempo der Erzählung auch kleine Entspannungsmomente darstellen.
 
Es ließe sich natürlich auch einiges kritisieren an „Quatsch und die Nasenbärbande“. Zum Beispiel, dass die bewusst reduzierte Arbeit mit den Kinderdarstellern auch zur Marginalisierung ihrer Figuren führt. Oder dass zwar bei den jungen Figuren auf Geschlechterstereotype verzichtet wird, diese dafür in der Elterngeneration aber umso stärker reproduziert werden. Doch so richtig will man sich über diese Dinge dann doch keine Gedanken machen, denn die ausgelassene Stimmung von Kreativität und wildem Kinderspiel ist über die Maßen ansteckend. Am Ende wollen auch die Erwachsenen nur schnell aus dem Kino stürmen, um endlich mal wieder richtig Quatsch zu machen. 
 
Sophie Charlotte Rieger