Red Cliff

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Es ist das bislang teuerste Filmprojekt der chinesischen Geschichte – und zugleich auch das Erfolgreichste: Das opulent bebilderte Historien-Epos „Red Cliff“ über die folgenschwere Schlacht dreier Königreiche am Jangtse-Fluss verschlang 80 Mio. Dollar Produktionskosten und eroberte Asien in Sturm. In seiner Heimat China brach das von Action-Veteran John Woo inszenierte Geschichtsdrama sogar den alten, seit „Titanic“ gültigen Einspielrekord. Für den internationalen Markt wurden die ursprünglich zwei Teile nun zu einem Film zusammengefasst und dabei um rund zwei Stunden gekürzt.

Webseite: www.redcliff.film.de

OT: Chi bi.
China 2008
Regie: John Woo
Drehbuch: John Woo u.a.
Darsteller: Takeshi Kaneshiro, Tony Leung Chiu Wai, Chang Chen, Zhang Fengyi, Hu Jun, Shido Nakamura, Lin Chiling, Zhao Wei
Laufzeit ca. 150 Minuten (internationale Fassung), ca. 280 Minuten (Part I&II)
Verleih: Constantin

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Nach mehr als anderthalb Jahrzehnten in Hollywood kehrte Action-Regisseur John Woo für das in jeder Hinsicht gewaltige Historien-Epos „Red Cliff“ zuletzt in seine chinesische Heimat zurück. Die filmische Rekonstruktion der folgenschweren Schlacht am Jangtse verschlang nicht nur ein Produktionsbudget von umgerechnet 80 Mio. Dollar, für Woo markierte das Projekt auch einen kreativen Neuanfang. Waren seine letzten Hollywood-Arbeiten nicht mehr als routinierte Action-Kost, so bot sich ihm nun die Gelegenheit, eine von Chinas ältesten historischen Erzählungen für die große Leinwand zu adaptieren. „Die Chroniken der drei Königreiche“ wurden bereits im 3. Jahrhundert verfasst und dienten Literatur, Malerei, Musik und Film seitdem immer wieder als Quelle der Inspiration. Erst vor wenigen Wochen erschien hierzulande die chinesisch-koreanische Koproduktion „Three Kingdoms“ mit Andy Lau und Maggie Q auf DVD.

Wir schreiben das Jahr 208 nach Christus. Im Norden Chinas regiert die mächtige Han-Dynastie, deren ehrgeiziger Kanzler Cao Cao (Zhang Fengyi) den Kaiser zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die abtrünnigen Reiche Sun und Wu im Westen und Süden drängt. In einer für beide Seiten verlustreichen Schlacht siegt Cao Cao über seinen Widersacher Liu Bei (You Yong), der zusammen mit einigen Männern und engen Vertrauten – unter ihnen sein militärischer Planer Zhuge Liang (Takeshi Kaneshiro) – im Königreich Wu Zuflucht sucht. Nur in einer Allianz mit dessen Herrscher Sun Quan (Chang Chen) glaubt Zhuge, den nächsten Angriff Cao Caos noch abwehren zu können. Doch Sun Quan zögert. Er fürchtet selbst zur Zielscheibe zu werden. Schnell spürt Zhuge, dass sich der Herrscher allenfalls von seinem loyalen Stabschef Zhou Yu (Tony Leung) umstimmen lassen wird. Ihn muss Zhuge für den Pakt der beiden Reiche Wu und Sun gewinnen.

Obwohl sich Woo in „Red Cliff“ nur auf einen kleinen, wenngleich zentralen Ausschnitt der Drei-Königreichs-Chroniken bezieht, kommt sein Film nicht ohne die für dieses Genre fast schon obligatorische Überlänge aus. In den asiatischen Kinos lief das Schlachtengemälde sodann unterteilt in zwei Segmente (Part I & II) an, im Rest der Welt wird dagegen eine auf zweieinhalb Stunden gekürzte Fassung gezeigt. Nach Ansicht der beiden, in Summe 280 Minuten langen Originalteile lässt sich feststellen, dass eine Straffung und Kürzung für das Verständnis keineswegs von Nachteil sein muss. Einem westlichen Publikum dürften die unzähligen kleinen Episoden, die sich mit Nebenfiguren sowie militärtaktischen und militärhistorischen Details beschäftigen, ohnehin nur schwer zu vermitteln sein. Schon der Übersichtlichkeit halber erscheint die Entscheidung richtig und konsequent, zumal man auf diesem Weg auch den eher unbefriedigenden Cliffhanger am Ende von Teil 1 umgeht.

Das mit den asiatischen Filmstars Takeshi Kaneshiro, Tony Leung und Chang Chen erstklassig besetzte Historien-Epos geizt von Beginn an nicht mit seinen verschwenderischen Schauwerten. Die drei zentralen Schlachten und allen voran der spektakuläre Kampf der gegnerischen Schiffsflotten am titelgebenden Red Cliff zeugen von einem immensen logistischen wie finanziellen Aufwand. Die Kulissen wurden größtenteils an oder nahe den Originalschauplätzen nachgebaut, am Computer erhielt die Optik dann den letzten Schliff. Woo, der bislang doch eher dem zeitgenössischem Action-Kino anhing, stand vor der Herausforderung, Tausende Statisten in historischen Uniformen, auf Pferden und Schiffen zu dirigieren. Das Resultat mit seinen verschiedenen Angriffs- und Verteidigungsformationen ähnelt einem kunstvoll choreographierten Todes-Ballett, das Action- wie Kampfkunstfans gleichermaßen begeistern dürfte.

Sieht man einmal davon ab, dass Blut, wie bei Woo üblich, auch dieses Mal reichlich vergossen wird, hielt sich der „Meister der kunstvollen Zerstörung“ ansonsten mit stilistischen Spielereien doch sehr zurück. Sowohl von Zeitlupenaufnahmen als auch von exzessiven Schnittfolgen macht Woo, ganz untypisch, eher selten Gebrauch. Und dennoch bleibt seine Handschrift selbst in historischer Kulisse unverwechselbar, was weniger der augenzwinkernden „Hard Boiled“-Referenz denn den Themen seines Viereinhalb-Stunden-Ungetüms geschuldet ist. Verpackt in eine imposante Hülle handelt „Red Cliff“ wie schon viele Woo-Filme zuvor von Loyalität, (soldatischer) Ehre und Pflichtgefühl. Der zumindest in der Langfassung bisweilen auftretende Leerlauf, wenn die Unterredung zwischen den Generälen wieder einmal kein Ende zu nehmen scheint, fällt in der Gesamtschau überraschenderweise kaum ins Gewicht. Eher schon schmerzt manch plakative Psychologisierung. Wenn Sun Quans unheilvolle Begegnung mit einem angriffslustigen Tiger als Begründung für dessen Kriegseintritt herhalten muss, schrammt „Red Cliff“ nur haarscharf an einer Trivialisierung seiner Figuren und seines historischen Materials vorbei.

Marcus Wessel

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