Résiste – Aufstand der Praktikanten

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Der Filmstoff lag auf der Straße beziehungsweise er stand da: die Generation Praktikum, die sich von einer Firmen-Stippvisiste zur anderen hangelt, oft ohne Aussicht auf eine Anstellung oder anständig bezahlte Aufträge. Und jetzt, da sich die Wirtschaftskrise verschärft, kommt Johannes Groschs Film „Résiste – Aufstand der Praktikanten“ genau richtig. Grosch spielt durch, wie sich junge Leute, allein oder gemeinsam, zur Wehr setzen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Er tut dies mit den Mitteln der Komödie, die er allerdings nicht so beherrscht, dass das Potenzial des Themas ausgeschöpft würde.

Webseite: www.movienetfilm.de

D 2009
Regie und Buch: Johannes Grosch
Kamera: Matthias Hofmeister
Darsteller: Katharina Wackernagel, Hannes Wegener, Christof Wackernagel, Sabine Wackernagel, Devid Striesow
Filmlänge: 93 Minuten
Verleih: Movienet Film
Kinostart: 12. November 2009
 

PRESSESTIMMEN:

Ernst und zugleich vergnüglich...
ARD Tagesthemen

FILMKRITIK:

Die Praktikanten-Welt teilt Grosch in eine Drei-Klassen-Gesellschaft. Die einen haben eigene Geschäftsideen, die anderen widersetzen sich dem Lauf im Hamsterrad. Und die große Masse hat keinen Plan – außer sich für das nächste Praktikum zu bewerben. Interessant sind natürlich die beiden ersten Gruppen, weil sie die grundlegenden Alternativen verkörpern: sich im System clever durchzusetzen oder solidarisch einen Teil vom Kuchen zu fordern. Till (Hannes Wegener) ist der Turbo-Kapitalist, der die Not zur Geschäftsgrundlage macht. Mit seiner Firma und nicht ganz sauberen Methoden bugsiert er Praktikanten in die Festanstellung. Sydelia (Katharina Wackernagel) will sich dem System der Ausbeutung nicht weiter unterwerfen und grübelt darüber nach, wie sie einen wirkungsvollen Protest anzetteln kann. Ihrer beider Augen richten sich, mit grundverschiedenen Absichten, auf die große Gruppe Nummer drei – und aufeinander. Denn die Liebe bricht sich im Film auch in Zeiten der Krise Bahn.

Grosch greift sich in dieser Familienproduktion (Schwester Katharina Wackernagel spielt die Hauptrolle, Mutter Sabine Wackernagel und Onkel Christof Wackernagel verkörpern ein Elternpaar) die lustigen und bizarren Aspekte der Misere heraus. Er will vor allem unterhalten, was ja legitim ist. „Résiste“ ist näher bei Jan Hendrik Stahlbergs Brachial-Humor in „Muxmäuschenstill“ als bei Hans Weingartners scharfsichtigem Revoluzzer-Märchen „Die fetten Jahre sind vorbei“ angesiedelt. Seine Komödie ist allerdings einerseits zu harmlos, andererseits nicht pointiert genug. Warum Widerstand heutzutage keine Option zu sein scheint und sich das Praktikantenheer still verhält, ist die richtige Frage. Als Antwort fällt Grosch aber nur eine flaue Alt-68er-Nebenhandlung ein, die zeigen soll: Die Mittel von einst sind obsolet geworden. Und die neuen, digitalen Guerillastrategien sind zwar vorhanden, werden aber nicht zum Massenprotest genutzt. „Wir sind Deutschland“ bleibt ein frommer Filmwunsch.

So richtig was zum Lachen gibt es selten. Guten Ideen, etwa dass bei Praktikanten-Coach Till einen Knoten im Kopf diagnostiziert wird, fehlt mitunter eine elegante filmische Auflösung. Hier wäre Feinschliff nötig gewesen – wie auch bei den Dialogen, in die sich einige Phrasen („Alles, was ich will, ist ein bisschen Anerkennung“) mischen. Selbst Devid Striesow, einer der besten deutschen Film-Schauspieler, kann da als mephistophelischer Kapitalist keine besonders gute Figur machen. „Résiste“ ist eine mäßig lustige Komödie. Um einen Aufstand der Praktikanten auf den Weg zu bringen, fehlt ihr das Feuer.

Volker Mazassek

Regisseur Jonas Grosch spricht von einer Praktikantengeneration. So ganz falsch ist das nicht. Denn es gibt beispielsweise in dieser Generation und für diese auch das Praktikantenunwesen: Manche Firmen stellen Praktikanten ein, lassen sie die gleiche Arbeit verrichten wie bezahlte Arbeitskräfte, vergüten aber zu wenig oder gar nichts. Das ist der Hintergrund, vor dem dieser Film spielt.

Till hat eine Idee. Er gründet eine Praktikantenberaterfirma, um solchen jungen Leuten zu helfen: erstens einen Job zu finden und zweitens das Praktikantenstanding zu verbessern.

Zuerst gelten bei Till wohl noch die Ideale. Dann aber merkt er, dass damit Geld zu machen ist. Er wird ein kleiner Kapitalist.

Nicht so Sydelia, die junge Halbfranzösin und Revolutionärin, die früher einmal beinahe Tills Freundin geworden wäre. Sie steigt zunächst in dessen Firma ein, stellt sich aber bald gegen ihn.

Für Tills Eltern, alte 68er mit einem Bistro, das an ihre aktive politische Zeit erinnert, ist ihr geschäftstüchtiger Sohn längst ein Fremder geworden. Generationenkonflikt typischer Art.

Dem Großindustriellen „Magnum“ passt das Treiben der Praktikanten verständlicherweise ganz und gar nicht. Er setzt alles daran, deren Firma zu kaufen.

Sydelia und Till sind die beiden personifizierten Eckpunkte der Praktikantensituation. Entsprechend sind auch die Auseinandersetzungen zwischen ihnen. Soll es gar, was Sydelia anstrebt, zu einem Generalstreik kommen? Oder sollen, da Praktikanten nicht streiken dürfen, diese sich einfach alle nur krank melden?

Ein durchaus gegebenes Problem in eine ironisierende komödienhafte Form gepresst und in einem leicht irrealen Stil präsentiert. Das Ergebnis ist, dass man durch diesen Film die Situation als aktuell erkennt und sich dazu seine Gedanken machen kann.

Formal ist der „Konrad-Wolf“-Abschluß- und „Familienfilm“ (Katharina Wackernagel, Christoph Wackernagel, Sabine Wackernagel), von Jonas Grosch (ebenfalls Wackernagel-Sippe) geschrieben und inszeniert, ideen- und montagemäßig schon ganz gut gelungen. Hannes Wegener verleiht der Figur des Till Realität, Katharina Wackernagel ist eine aufmüpfige, zielstrebige nicht unsympathische Sydelia, die die im Argen liegenden Dinge nicht auf sich beruhen lässt und auch etwas erreicht. Über die Art und Weise, wie Devid Striesow den „Magnum“ spielt, braucht nicht mehr extra ein Lob gesungen werden.

Thomas Engel