rote Zora, Die

Zum Vergrößern klicken

Deutsche Kinderfilme sind in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich gewesen – was die Produzenten mutiger werden lässt. 4,8 Millionen Euro stecken in der Verfilmung des Kinderbuch-Klassikers „Die rote Zora und ihre Bande“. Dafür werden dem Zuschauer nicht nur Abenteuer, sondern auch schöne Schauplätze in Südosteuropa und Spezialeffekte geboten. Doch in Peter Kahanes Film liegen Licht und Schatten so eng beieinander wie an der montenegrinischen Küste, wo Zora und ihre Bande ums Überleben kämpfen.

Webseite: www.dierotezora-film.de

D 2008
Regie: Peter Kahane
Buch: Christian Zübert, Ronald Kruschak, Peter Kahane
Darsteller: Linn Reusse, Jakob Knoblauch, Nora Quest, Mario Adorf, Ben Becker, Dominique Horwitz
Länge: 99 Minuten
FSK: ab 6 Jahren
Verleih: Universal
Kinostart: 24. Januar 2008

PRESSESTIMMEN:

...


FILMKRITIK:

Kahane und die beiden anderen Drehbuchautoren behalten den Tonfall des Buches bei, das Abenteuergeschichten und Elemente des Sozialdramas mit dezenter Agitation zum Aufruhr verbindet. Mit dieser Kombination traf der deutsche Kommunist Kurt Kläber, der das Buch 1941 im schweizerischen Exil unter dem Pseudonym Kurt Held verfasste, offenbar den Nerv der Zeit. Und die Filmproduzenten erkannten, dass die Geschichte gut ins aktuelle Klima passt. „Eine Gesellschaft, die die Kinder in ihrer Mitte hungern lässt, gehört selbst auf die Anklagebank“, lautet der Schlüsselsatz des Films. Er fällt, als Zora und ihre Bande vor Gericht stehen und der Fischer Gorian (Mario Adorf) sie mit Verve verteidigt. Die junge Zielgruppe des Films weiß Bescheid. Angesichts von 2,2 Millionen Minderjährigen, die in Hartz-IV-Haushalten leben, gehört Armut mittelbar oder unmittelbar zur Alltagserfahrung von Kindern.

Der Film greift diese Stimmung auf. Er lässt Sympathien für Kinder erkennen, die stehlen, um zu überleben, und er geißelt die Kälte der Besitzenden, die von den Kindern letztlich in die Knie gezwungen werden. Dabei ist die Dramaturgie weder düster noch übermäßig anklagend. Die Geschichte ist in hübsche Episoden verpackt, bei denen Spaß und Abenteuer nicht zu kurz kommen. Das Vergnügen wird jedoch dadurch gedämpft, dass Kahane sowohl Kinder als auch Jugendliche ansprechen will, was dem Gesamtwerk nicht bekommt. 

Während Pubertierende gespannt die Wirren der ersten Liebe verfolgen werden, dürften sich Kinder für diesen nicht unerheblichen Teil der Geschichte kaum interessieren. Sie wiederum werden ihren Spaß haben, wenn tollpatschige Polizisten in den Hintern getreten und mit Mehl bestäubt werden – was Jugendlichen dagegen zu kindisch erscheinen mag. 

Dass gleichzeitig unterschiedliche Erfahrungswelten bedient werden sollen, macht sich auch in der Figurenzeichnung störend bemerkbar. Im Gegensatz zur recht authentischen jungen Bande sind zwei Hauptfiguren - der Fischhändler Karaman (Ben Becker) und der Bürgermeister Ivekovic (Dominique Horwitz) – reine Karikaturen. Außerdem ist der Film zwar prominent besetzt, aber die Kombinationen sind nicht immer glücklich. Die wohlgeformte Zlata (Nora Quest) kokettiert mit dem schmächtigen Branko (Jakob Knoblauch), der einen Kopf kleiner ist als sie. Auch die toughe Zora (Linn Reusse) fährt auf den integren, aber etwas blassen Burschen ab. Wer’s glaubt, wird selig, werden echte 14-Jährige da denken. 

Volker Mazassek 

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Mutter des jungen Branko stirbt, und von seinem Vater weiß der Bub lediglich, dass er als Geiger irgendwo durch die Welt zieht. Die Geschichte, die auf einem Buch von Kurt Held beruht, spielt um 1930. Branko kommt in einen adriatischen Küstenort, wo der Fischgroßhändler Karaman und der Bürgermeister Ivekovic unter einer Decke stecken. Karaman will die Fanggründe und den Fischhandel für sich haben und setzt deshalb vor allem den alten Fischer Gorian unter Druck.

Branko sieht, wie das rothaarige Mädchen Zora gerade Steaks stiehlt. Als er aus Hunger einen auf den Boden gefallenen Fisch aufhebt, wird er ausgerechnet von Karaman des Diebstahls bezichtigt und ins Gefängnis gesteckt. Zora hat den Vorfall beobachtet, befreit Branko und nimmt ihn in ihre Bande auf, zu der auch Duro, Nicola und Pavle gehören und die in einer alten Burgruine ihre Zuflucht gefunden hat. Duro allerdings kann den Neuen nicht leiden, was sich in einem Kampf von Zoras Leuten mit den Gymnasiasten des Ortes, den Kindern der „Reichen“ also, für Branko sehr negativ auswirkt.

Der hat auf Zlata, die 14jährige Geige spielende Tochter des Bürgermeisters, ein Auge geworfen. Zora bringt dafür kein Verständnis auf, denn, so sagt sie, Zlata gehöre ins feindliche Lager. Als Zoras Bande einmal von Karaman und der Polizei verfolgt wird, versteckt sie sich bei Gorian. Die Kinder helfen dem alten Mann auch einen großen Thunfischfang zu retten und erfolgreich gegen Karaman zu kämpfen, der durchgesetzt hatte, dass Gorian an der ganzen Küste boykottiert wird. Duro, der Branko wegen dessen Liebe zu Zlata als Verräter betrachtet, wird im Meer von einem Riesenkraken angegriffen. Branko kann ihn mit Zoras Hilfe gerade noch retten.

Als beim großen Fischfest Karaman und der Bürgermeister gedemütigt werden und Zoras Bande daran nicht unbeteiligt ist, wird Zlata wegen dieser Herabsetzung ihres Vaters zu Brankos Gegnerin und will diesen der Polizei ausliefern. Zora befreit ihn wie schon einmal. Branko erkennt, was er von Zlata zu halten hat und wie sehr Zora sich für ihn einsetzt. Aber es ist zu spät. Zoras Bande wird gefasst und vors Gemeindegericht gestellt. Kann Gorians feurige Verteidigungsrede dazu führen, dass sie freigesprochen werden?

Ein thematisch sehr einfach gestrickter, aber gewinnend inszenierter, an passenden Örtlichkeiten ablaufender und gut gespielter Abenteuerfilm. Er soll den Kindern, für die er gedacht ist, zeigen, dass das Gute und Anständige letztlich gegen das Korrupte, Verschlagene, Egoistische siegen muss; dass Kinder, wenn es sein muss, ihr Leben in die Hand nehmen können, auch wenn dabei ab und zu ein Mundraub nicht zu vermeiden ist; dass Freundschaft und Solidarität vor allem auch zwischen jung und alt trotz vorübergehender, manchmal nicht zu verhindernder Differenzen etwas gelten; dass diese Themen zeitlos sind, gleichgültig in welcher Umgebung und in welcher Epoche.

Zora (Linn Reusse), Branko (Jakob Knoblauch) und die anderen agieren gefällig. Aber auch Mario Adorf (Gorian), Ben Becker (Karaman) und Dominique Horwitz (Bürgermeister) sind dabei. Das will schon etwas heißen. Ein ansprechender Kinderfilm.

Thomas Engel