Schmuckstück, Das

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„Frauen an die Macht!“ Francois Ozon hat einen höchst emanzipatorischen Film gedreht, der sich mit großer Leichtigkeit und ohne die sonst übliche Verbissenheit der Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern annimmt. Als die gelangweilte Ehefrau eines Unternehmerpatriarchen ist die wunderbare Catherine Deneuve das Kraftzentrum dieser Geschichte. „Das Schmuckstück“ – in seiner Heimat Frankreich mit bislang über 2,3 Millionen Besuchern ein echter Publikumserfolg – erscheint wie die überdrehte, knallbunte Antwort auf die britische Arbeiter-Komödie „We want Sex“. 104 Minuten Kurzweil.

Webseite: www.schmuckstueck-derfilm.de

OT: Potiche
F 2010
Regie & Drehbuch: Francois Ozon
Darsteller: Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Fabrice Lucchini, Karin Viard, Judith Godrèche, Jérémie Renier
Laufzeit: 104 Minuten
Kinostart: 24.3.2011
Verleih: Concorde
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Heute regiert in Frankreich ein umstrittener Präsident, der sich selbst gern als Napoleon-Doppelgänger inszeniert und mit quasi-royalen Insignien schmückt. Dass seiner mondänen Ehefrau jedoch regelmäßig mehr Aufmerksamkeit als ihm zuteil wird, missfällt seinem keineswegs kleinen Ego insgeheim vermutlich sehr. Auch wenn Francois Ozons knallbunte 70er-Jahre-Komödie „Das Schmuckstück“ als Blick durchs Schlüsselloch einer fiktiven Industriellen-Dynastie angelegt ist, sind die Parallelen zu den heutigen Bewohnern des Èlysée-Palasts nicht von der Hand zu weisen. Eine zunächst nicht ganz freiwillige Rochade in der lange Zeit geltenden Rollenverteilung zwischen Mann und Frau setzt dabei eine Lawine meist unterhaltsamer Ereignisse in Gang.

Im Haushalt Pujol verdient Er das Geld, während Sie zuhause bleibt und sich mit etwas Sport, Shopping und Fernsehen die Zeit vertreibt. Obwohl Madame Suzanne (Catherine Deneuve) zusammen mit ihrem Mann Robert (Fabrice Lucchini) und den beiden Kindern die Regenschirm-Fabrik ihres Vaters geerbt hat, ist ausschließlich ihr Gatte für alles Geschäftliche zuständig. Mit strengem Blick wacht er über seine Arbeiter und ganz besonders über die hübsche Sekretärin Nadège (Karin Viard). Doch dann kommt es in der Fabrik zum Arbeitskampf und zur offenen Revolte gegen den Chef. Für Robert ist der Aufstand seiner Angestellten kaum zu verkraften. Er erleidet einen Herzinfarkt und so ist es plötzlich an Suzanne, die Geschäfte ihres Mannes fortzuführen. Schnell erkennt sie, dass sich in der Fabrik einige Dinge schnellstmöglich ändern müssen. Mit weiblicher Intuition und tatkräftiger Unterstützung ihrer beiden Kinder und des örtlichen Abgeordneten der kommunistischen Partei Babin (Gérard Depardieu) legt sie den Grundstein für eine kleine, ziemlich weibliche Revolution.

Was sich vielleicht nach einer verbissenen und etwas langweiligen Feminismus-Kampfverfilmung anhört, wird bei Ozon zu einer frischen, lebendigen und schwer ironischen Emanzipations-Farce. Das Tempo ist hoch und gleicht bisweilen der Rastlosigkeit einer Screwball-Komödie oder eines Louis-de-Funès-Films. Dazu passend schreckt er auch nicht vor mancherlei Albernheiten zurück, die im Kontext dieses konsequent im Siebziger-Jahre-Chic arrangierten Retro-Traums durchaus goutierbar sind. Bereits die in Rundfilter eingerahmte Eröffnungssequenz mit ihren dreist-niedlichen Tieraufnahmen und einer im Adidas-Trainingsanzug durch den Wald joggenden Catherine Deneuve zeigt an, wohin die Reise geht. Dabei schließt „Das Schmuckstück“ nicht nur wegen seiner Hauptdarstellerin an Ozons Publikumserfolg „8 Frauen“ an. Vor allem stilistisch ist eine Nähe unverkennbar. Nach seinen letzten, eher nüchternen Arbeiten lebt dieser hier wieder von der Lust am Experiment. Kitsch, französische Chansons und formale Spielereien via Split-Screen und Weichzeichner ergeben 104 Minuten Kurzweil.

Die Darsteller ließen sich von Ozons Esprit zweifellos anstecken. Gerade die Deneuve reißt mit ihrer unvergleichlichen Präsenz und Ausstrahlung immer noch jede Szene an sich. Selbst wenn ihr Partner Gérard Depardieu heißt, sind alle Augen auf sie gerichtet. Ihre Madame Suzanne ist eine echte Powerfrau, ein organisatorisches Multitalent, gegen das die Männer in diesem Film ziemlich alt aussehen. Dass sie schließlich – zugegeben nicht wirklich freiwillig – in die Politik wechselt, ist sicherlich auch als Kommentar auf die aktuelle, politische Machtverteilung in Europa zu verstehen. Als chauvinistisches Ekelpaket und menschliches HB-Männchen dürfte indes Deneuves Film-Ehemann Fabrice Lucchini die meisten Lacher ernten. Ihn und alle anderen dirigiert Ozon mit großer Souveränität durch diese überdrehte Farce aus Elnett-Haarspray und emanzipatorischem Weitblick, der man mitunter noch etwas mehr Biss gewünscht hätte.

Marcus Wessel

Dieses Mal hat sich der bekannte französische Regisseur Francois Ozon eine Komödie mit zwei schwergewichtigen Schauspielern und einem guten Drehbuch zur Brust genommen, da kann nicht viel schiefgehen.

Robert Pujol ist Besitzer einer Schirmfabrik. Seine Gattin ist Suzanne. Sie aber hat mit der Fabrik nichts zu tun, sie muss nur Hausfrau, Mutter und Großmutter sein. Joelle ist die Tochter, die zwei Kinder hat und sich von ihrem Mann trennen will, Laurent der Sohn, der sich jedoch nicht um Schirme kümmern will, sondern um Kunst. Robert hat aber natürlich nicht nur eine Ehefrau, sondern auch eine Sekretärin und Geliebte, Nadège mit Namen.

Der wegen eines Streiks der Arbeiter stressgeplagte Robert erleidet einen Herzanfall. Jetzt muss in der Firma Ersatz her. Die Kinder haben Ausreden, Suzanne muss einspringen.

Sie packt die Arbeit anders an, schlichtet die Streikangelegenheit mit Hilfe des kommunistischen Abgeordneten Maurice Babin, mit dem sie früher ein Techtelmechtel hatte (und bei dem jetzt die alten Gefühle wieder hoch kommen), integriert die Kinder in die Firma ein – und bringt diese so wirtschaftlich hoch.

Natürlich passt das dem wieder gesundeten Robert nicht. Also Riesenzoff. Irgendwie löst sich dann aber doch alles in Wohlgefallen auf.

Dass Francois Ozon geschickt inszenieren konnte, liegt wie gesagt insbesondere auch an dem gut verfassten Drehbuch. Unterstützt wird er handfest von seinen famosen Darstellern. Catherine Deneuve spielt die zunächst nur adrett hergerichtete Hausfrau und Gattin, das „Schmuckstück“, später aber die resolute, sich um alles kümmernde und Neuem gegenüber aufgeschlossene, erfolgreiche Firmenchefin.

Kein Geringerer als Gerard Depardieu ist Maurice Babin, der sich natürlich als linker Politiker einerseits auf die Seite der streikenden Arbeiter schlagen muss, den aber andererseits seine wieder erwachte Liebe für Suzanne dahin schmelzen lässt. Vergeblich allerdings, weil Suzanne sich für zu treu und zu betagt hält.

Fabrice Luchini als Robert, Karin Viard als Nadège, Judith Godrèche als Joelle und Jérémie Renier als Laurent tun ebenfalls Gutes.

Kein Wunder, dass mit einem solchen Gespann, Francois Ozon eingeschlossen, Amüsantes zustande kommen kann. Und das ist denn auch geschehen.

Thomas Engel