Schwedisch für Fortgeschrittene

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Zwei schwedische Frauen über 40 geraten auf der Straße aneinander und keifen sich an. Der Zufall lässt sie kurz darauf trotz dieses Zwischenfalls zu Freundinnen werden und beschert der einen die längst abhanden gekommene Portion Lebenslust wieder. Ihre Ex-Männer – und auch darum geht es in dieser voller Witz und Ausgelassenheit steckenden Frauenkomödie – haben unter diesen Umständen nichts zu lachen. Das Publikum dafür umso mehr. 

Webseite: www.schwedischfuerfortgeschrittene.de

OT: Heartbreak Hotel
Schweden 2006
Regie: Colin Nutley
Darsteller: Helena Bergström, Maria Lundqvist, Erica Braun, Johan Rabaeus, Claes Mansson
102 Minuten
Verleih: Prokino/Fox
Kinostart am 5.7.07

PRESSESTIMMEN:

Ein wirklich komischer und warmherziger Film.
Brigitte

"Schwedisch für Fortgeschrittene" ist subversiver als "Sex and the City" und komischer als "Desperates Housewifes". Die Dialoge geben zu denken. Nicht jeder Satz muss eine Pointe enthalten, wenn es um den nicht existenten Sex "freigesetzter" Mittvierzigerinnen geht. Aber lachen kann man auch über Defizite.
Frankfurter Rundschau
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FILMKRITIK:

Die kleinste soziale Einheit ist nicht etwa ein Mensch, sondern deren zwei. So zitiert zu Beginn dieser schwedischen Komödie Henrik, der Mann der Frauenärztin Elisabeth (Helena Bergström), den Philosophen Martin Buber, um gleich darauf noch weitere schlaue Sätze von Fellini und Brel folgen zu lassen. Doch Henrik ist längst abgemeldet, die Ehe im Eimer, die Scheidung nur noch eine Formalität. Die Anfang 40-jährige Elisabeth genießt ihre neue Unabhängigkeit, geht Tanzen und hat Spaß.
Die etwa gleichaltrige, mit ihrer erwachsenen Tochter lebende Gudrun (Maria Lundqvist) ist das glatte Gegenteil dieser voller Energie steckenden Frau. Abends igelt sie sich zuhause ein, putzt und schaut sich Musikshows im Fernsehen an, die sie eigentlich gar nicht ausstehen kann. Auf die Empfehlungen ihrer Tochter, doch Auszugehen und Spaß zu haben, reagiert Gudrun genervt und mit der Bemerkung, dafür sei sie doch eigentlich schon viel zu alt.

Als Elisabeth und Gudrun sich das erste Mal begegnen, stehen die Zeichen noch auf Sturm. In ihrer Funktion als Politesse stellt Gudrun der auf die Hochzeit ihres Sohnes gehenden Elisabeth ein Knöllchen aus. Die Bitte, in dieser besonderen Situation trotz freundlichen Zuredens doch ein Auge zuzudrücken – hat sicherlich jeder schon mal erlebt -, fruchtet nichts. Gudrun bleibt stur, woraufhin es zu wüsten Beschimpfungen zwischen den Frauen kommt. Nichtsahnend steht bei der zweiten zufälligen Begegnung Gudrun plötzlich der Frauenärztin halb ausgezogen im Untersuchungszimmer gegenüber. Am liebsten würde die ohnehin prüde Beamtin sich in diesem Moment in Luft auflösen. Als es kurz darauf zu einem dritten ungeplanten Wiedersehen kommt, ist dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Angesteckt vom ungezügelten Temperament Elisabeths entdeckt Gudrun sich, die Freude am Leben und am Flirten mit Männern wieder neu. Ihrer Tochter aber ist das plötzlich peinlich.

Darf eine Frau mit 40 noch in die Disco? Diese offenbar existenzielle Frage beantwortet der aus England stammende, jedoch in Schweden lebende und mit Hauptdarstellerin Helena Bergström verheiratete Regisseur und Drehbuchautor Colin Nutley ganz deutlich mit Ja. Er ist auch der Meinung, dass Frau durchaus auch einen Dildo zum Freund haben darf, schließlich hält der im Zweifelsfall seinen Mund und leistet zudem beste Dienste im Hinblick auf einen richtigen Orgasmus.

Den Spaß der beiden Frauen kann der Kinozuschauer uneingeschränkt teilen. „Schwedisch für Fortgeschrittene“ macht Mut, aus sich herauszugehen, den Frust und die Enttäuschungen im Zusammenleben mit Männern hinter sich zu lassen. Er verschweigt jedoch nicht, dass einer Frau bei einer solchen Entscheidung immer wieder auch Zweifel kommen können. Gudrun jedenfalls ist nahe dran, ihren Ex-Mann noch einmal zu heiraten. In diesem Moment droht plötzlich Elisabeth aufs Abstellgleis abgeschoben zu werden.

Der im Original nach der Lieblingsdiskothek der beiden Frauen, dem „Heartbreak Hotel“, benannte Filmspaß aus Schweden mit entsprechend mitreißenden Sounds vom Plattenteller versteht es, trotz manchmal etwas übertriebener Charakterzeichnungen, originell und kurzweilig zu sein. Ganz wesentlich tragen neben den spitzen Dialogen die gewollt selbstironischen Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen zum Gelingen bei, ihre Spielfreude springt förmlich auf den Kinozuschauer über. Wer das Kino hier nicht gut gelaunt verlässt, den belasten möglicherweise wie in einem Outtake im Abspann suggeriert Pfifferlinge im Bauch.

Thomas Volkmann

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Frauen leicht über 40 sind keineswegs alt, sondern können quicklebendig sein, voll im Saft stehen und, wenn nötig, ein neues Leben beginnen. Das ist die Quintessenz dieses erfrischenden schwedischen Films.

Die Frauenärztin Elisabeth eilt zur Hochzeit ihres Sohnes. Vom Bund fürs Leben hält sie allerdings nicht mehr sehr viel, denn gerade lässt sich ihr Mann Henrik von ihr scheiden. Da sie falsch parkt, fällt sie der Politesse Gudrun in die Hände. Es entspinnt sich ein Streit mit nicht gerade sanften Ausdrücken.

Gudruns Mann Ake ist tot – sagt sie. Sie lebt seitdem leicht verhärmt und zurückgezogen. Ihre Tochter Liselotte sucht sie aufzumuntern, dazu zu bewegen, dass Gudrun tanzen geht.

Per Zufall treffen Elisabeth und Gudrun wieder aufeinander. Und dann noch einmal – und zwar beim Tanzen im „Heartbreak Hotel“. Die beiden so unterschiedlichen Frauen freunden sich an. Doch mit Gudruns Mann Ake stimmt etwas nicht. Wird dies das Verhältnis zwischen den Freundinnen beschädigen?

Der Film könnte Frauen Vergnügen bereiten. Er zeigt zwei davon in einem Lebensabschnitt, der für viele problematisch ist. Die Kinder sind aus dem Haus, die Ehemänner lassen sich scheiden, beruflich haben nicht alle eine neue Chance, eine gewisse Leere ist entstanden.

In diese Lücke stoßen Elisabeth und Gudrun. Sie besinnen sich, fangen neu an, tanzen, betrinken sich, haben Spaß, bereiten den Männerfang vor, scheuen dabei die Frivolität ganz und gar nicht, ergreifen kommende Gelegenheiten.

Von dem „aus dem Leben gegriffenen“ Thema abgesehen, erfreut der Streifen durch einen reichhaltigen Score, durch eine routinierte Regie, vor allem aber durch das durchgehend prächtige Spiel der beiden Hauptdarstellerinnen Helena Bergström (Elisabeth) und Maria Lundquist (Gudrun). Allein ihretwegen lohnt es sich. Zwischen den beiden gibt es Szenen, die wahre Kabinettsstückchen sind. Amüsant, sprühend und stark in der Leinwandpräsenz.

Ein Frauenfilm (auch für Männer), lustig, frisch und durchaus lebensecht. 

Thomas Engel