Shortcut to Nirvana – Kumbh Mela

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Alle zwölf Jahre pilgern in Indien 70 Millionen Menschen an eine ganz bestimmte Stelle des Ganges, um das größte Religionsfest in der Geschichte der Menschheit zu feiern. Die beiden New Yorker Filmemacher Maurizio Benazzo und Nick Day tauchen ein in den spirituellen Kosmos zwischen Genitalakrobaten, Nagelbett-Gurus, Asketen und dem Dalai Lama.

Webseite: www.shortcut-to-nirvana.de

USA 2004
Regie: Maurizio Benazzo, Nick Day
Darsteller und vorgestellte Personen: Kali Baaba, Dalai Lama, Swami Krishnanand, Jasper Hohal, Ramahand Puri
Verleih: Kinostar
Start: 27.4.2006

PRESSESTIMMEN:

 

Das größte Fest der Film: eine Reinwaschung im Ganges... Der Film, der auch Kritiker  mancher Scharlatanerie zu Wort kommen läßt, vermittelt keine mystischen Einsichten, ist aber mit hautnahen Bildern und weisen Worten sehr bewegend. - Sehenswert.
Tip Berlin

FILMKRITIK:

Irgendwo zwischen all den Millionen von Köpfen, Zelten und Häusern, dem Rauch, der Musik und dem allgegenwärtigem Geräusch eines Singsangs oder von Instrumenten muss es versteckt sein – Nirvana, die bis in alle Ewigkeit währende Glückseligkeit. Das Auge blickt über Zeltstädte, die bis an den Horizont reichen; ein Satellitenfoto, das die Zuschauer in diesen Film einführt zeigt eine Abbildung vom Ganges, während sich daneben ein imaginärer Ameisenhaufen am Ufer zu tummeln scheint.
Unglaubliche 70 Millionen Menschen treffen sich alle zwölf Jahre nahe der Stadt Allahabad, direkt an einem frei liegendem Flussbett-Stück, an genau der Stelle, kurz bevor die für Hindus heiligen Flüsse Ganges, Yamuna und Saraswati ineinander fließen. Für etwa sechs Wochen entsteht eine provisorische Stadt, in welcher die Menschenmassen vor Tageshitze und Nachtkälte Unterschlupf finden.

Im Mittelpunkt der gewaltigen Zusammenkunft steht das rituelle Bad. Der Mythos besagt, dass etwa 1500 Jahre vor Christus die hinduistischen Halbgötter und Engel, so genannte Devas, ihren heiligen Honig auf die Erde tropfen ließen, genau an die Stelle des Kumbh Mela. Die Pilger baden in den Gewässern des Ganges, des Yamuna und des Saraswati und hoffen damit, spirituelle Reinigung und Segnung zu erlangen, die sie unsterblich werden lässt und den ewigen Kreislauf von Geburt, Leben, Sterben und Wiedergeburt durchbricht.

Die beiden Filmemacher Maurizio Benazzo und Nick Day tauchen ein in diese Welt und zeigen das detailliert ausgearbeitete Sittenbild eines mächtigen und weltweit einzigartigen Religionsritus, der unabhängig von Glauben Gesinnung, Weltbild oder Herkunft in eine menschliche Lebenswelt entführt, die wahrscheinlich nirgendwo sonst, in keinem anderen Rahmen sonst noch erfahrbar wäre. So lernt man einen asketisch lebenden Sadu kennen, der seinen rechten Arm seit 20 Jahren über dem Kopf hält. Eine Japanerin lässt sich für drei Tage in einem Erdloch einbuddeln, „um so mit Gott zu kommunizieren“, während ein anderer vom Glauben erleuchteter einen Thron besteigt, der mit Nägeln gespickt ist.

Ganz wunderbare Akrobatik vermag ein weiterer Geistlicher ausgerechnet mit seinen Genitalien anzustellen und so wird einem ganz klar, dass „Kumbh Mela – Shortcut to Nirvana“ einer wunderbaren Reise auf einen fremden Planeten gleicht. An den Begegnungen und den absolut bizarren Persönlichkeiten, die sich in Ritualen, Performances oder einfachen Gesprächen miteinander austauschen, kann man sich kaum satt sehen. Die schöne Tatsache, dass Leben im Kontext stattfindet, findet auf diesem Pilgerfest sein Beispiel par excellence. Zwischen all dem herrlichen Wust und Kirmes-Chaos findet man sogar seine Audienz den Dalai Lama, der sich für ein paar Tage in das bunte Treiben mischt.

Erleuchtend wirkt der Film garantiert nicht – dennoch dient er als aufschlussreiche und ungemein interessante Dokumentation über das größte Pilgerfest der Welt. Und den Lehren von ungemein charismatischen und weisen Menschen zu lauschen, kann einem für eine Weile wirklich nicht schaden. Wer auf den Geschmack kommen sollte: Die nächste Kumbh Mela findet 2013 statt.

David Siems