Sons of Norway

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Es ist nicht leicht, ein Punk zu sein. Das gilt besonders für den jungen Nikolaj, der es partout nicht schafft, gegen seinen Vater Magnus zu rebellieren. Dem alten Hippie gefällt nämlich jede Form von Widerstand nur allzu gut. Basierend auf den Jugenderinnerungen des norwegischen Autors Nikolaj Frobenius („Insomnia“) hat Regisseur Jens Lien („Anderland“) diese skurril-komische, aber auch anrührend-gefühlvolle Coming-of-Age-Geschichte gekonnt in Szene gesetzt.

Webseite: www.sons-of-norway.de

Sønner av Norge
Norwegen/Schweden/Dänemark/Frankreich 2011
Regie: Jens Lien.
Mit Sven Nordin, Åsmund Høeg, Sonja Richter, Tony Veitsle Skarpsno, Camilla Friisk, John Lydon u.a.
Länge: 88 Min.
Verleih: Alamode
Kinostart: 5.7.2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Ende der 70er-Jahre ist die Punk-Bewegung in Norwegen angekommen. Wie überall war das ein Befreiungsschlag für die Jugend. Das langweilige Herumlungern in weitestgehend gesicherten Verhältnissen hatte endlich ein Ende. Die aufgestaute Frustration entlud sich in Aggressionen gegen alles, inklusive einem selbst. Freiheit bekam eine neue Bedeutung, ganz getreu dem Motto: „Wenn alles scheiße ist, ist auch alles möglich“.

Es beginnt mit einem Volltreffer. Am Nationalfeiertag steht Punk Nikolaj mit seinen Freunden auf dem Schulhof, der Direktor hält eine Rede, als er eine leere Bierflasche auf ihn wirft — und ihn am Kopf trifft. Es folgt ein Zeitsprung: Nikolaj ist ein freundlicher und zurückhaltender Junge mit langen Haaren. Die Familie feiert Weihnachten in einer Wohnsiedlung nahe Oslo, welche Vater Magnus als Architekt mitgestaltet hat. Eine Trabantenstadt der freundlicheren Art. Doch statt normalen Weihnachten wird Bananenweihnacht gefeiert. Bananendeko, Bananenmenü und Magnus im gelben Gewand als Bananenpriester, der seine Rede mit Nietzsche beginnt und damit endet, dass wir Menschen doch alle Affen seien. Nur wenig später hört Nikolaj mit seinen Freunden das erste Mal die Sex Pistols und ist fasziniert. Die langen Haare fallen und weichen dem Kopfchaos. Als die geliebte Mutter einem Autounfall zum Opfer fällt, sind er und sein Vater plötzlich auf sich allein gestellt. Nach einer schweren depressiven Phase ist Papa schräger drauf als je zuvor - Urlaub im Nudistencamp inklusive. Nikolaj versucht sich irgendwie abzugrenzen, was bei so einem Vater gar nicht so einfach ist...

Das Besondere am zeitgenössischen skandinavischen Kino ist der Umgang mit Gegensätzen. Es ist diese spezielle Kombination von Schwermut und Leichtigkeit in Form einer nachvollziehbaren Geschichte, die auch SONS OF NORWAY ausmacht. Im Kern geht es darum, Grenzen zu überwinden. Sowohl die gesellschaftlichen, als auch die zwischen Vater und Sohn. Wenn Vater Magnus schließlich erkennt, dass die Wohnsiedlung mit ihren bunten Klötzen, die er selbst mit entworfen hat, doch nur dem Konsum im mittig gelegenen Einkaufszentrum dient, stellt er seine hippie-geprägten guten Absichten selbst in Frage und rückt immer näher zum Nihilismus eines Punks, zu dem sein Sohn schon geworden ist. Formal findet sich das besonders im Einsatz der Musik wieder. Dem deftigen Punkrock der Sex Pistols stehen wummernde Synthesizer-Klänge im Stil der 70er-Jahre gegenüber und unterstreichen die emotionale Befindlichkeit der Protagonisten.

Sven Nordin („Elling“) überzeugt in seiner Rolle als unberechenbarer Alt-Hippie Magnus und gibt mit dem jungen Åsmund Høeg als sein Sohn Nikolaj ein gutes Team ab. Für Freunde der Sex Pistols gibt es auch ein Wiedersehen mit John Lydon alias Johnny Rotten, der vor ein paar Jahren verkündet hat, nicht mehr als Schauspieler arbeiten zu wollen, aber von dem Projekt so angetan war, dass er nicht nur eine Gastrolle übernommen hat, sondern auch als ausführender Produzent mitgewirkt hat, und das will schon was heißen.

Eric Horst

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