Soul Boy

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Mitten im heutigen Kibera, Nairobis größtem Slum, spielt ein außergewöhnlicher afrikanischer Kinderfilm, der sozialen Realismus und eine märchenhafte Geschichte zusammenführt. Eines Tages macht sich der Junge Abila auf, um die verlorene Seele des Vaters wiederzufinden. Seine Suche führt ihn zur Geisterfrau Nyawawa, die ihm sieben Aufgaben stellt. Bei der Lösung hilft ihm seine Freundin Shiku, die hartnäckig an seiner Seite bleibt, auch wenn Abila das manchmal gar nicht so recht ist – denn Shiku gehört einer anderen Volksgruppe an als er und seine Freunde.
Der Film ist entstanden im Rahmen eines Filmprojektes von Tom Tykwer und Marie Steinmann in Zusammenarbeit mit der Initiative Anno's Africa.

Webseite: www.soulboy.x-verleih.de
(auch mit MATERIALIEN FÜR DEN UNTERRICHT)

Deutschland/Kenia 2010
Regie: Hawa Essuman
Regie Supervisor: Tom Tykwer
Kamera: Billy Kahora
Darsteller: Samson Odhiambo, Leila Dayan Opollo, Kryszteen Savane, Frank Kimani
Produzenten: Marie Steinmann & Tiom Tykwer, One Fine Day Films
Länge: 60 Minuten
Verleih: X Verleih
Filmstart: 2. Dezember 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

SOUL BOY spielt in den engen, staubigen und bunten Gassen von Kibera, einem riesigen Slum in Kenias Hauptstadt Nairobi. Hier wohnt Abila mit seinen Eltern in einer Wellblechhütte, die zugleich den kleinen Kramladen des Vaters beherbergt. Eines Tages hat der Vater – mal wieder – den Laden nicht geöffnet. Als Abila nach ihm sieht, behauptet er, die Nyawawa habe ihm die Seele gestohlen. Also macht sich Abila auf die Suche: Zunächst nach seinen Freunden, um etwas über die Geisterfrau Nyawawa zu erfahren, dann nach der Nyawawa und dann nach der Lösung der sieben Aufgaben, die ihm die Geisterfrau stellt. Dabei hilft ihm seine beste Freundin Shiku.
„Folge der Sonne!“ hat die Nyawawa befohlen. Und wirklich sehen Abila und Shiku auf einmal überall leuchtend gelbe Sonnen in Kibera. Sie sind auf den Kleidern der Frauen, auf Pappkartons, auf Plakaten und sie führen die beiden Teenager zu immer neuen Herausforderungen. Abila muss in einer Theatergruppe mit Shiku über die Rechte von Frauen und Männer argumentieren, einem Dieb helfen, seinen Vater retten, das Viertel der Reichen erkunden und sich seiner größten Angst stellen.

SOUL BOY erzählt die Geschichte von Abilas Prüfungen mit einfachen Mitteln mitten im realen Kibera. Für die Gestaltung der unheimlichen Begegnung mit der gefährlichen Wasserfrau Nyawawa genügen dem Film beispielsweise ein bisschen Make-Up, ein gruseliges Kostüm und ein paar spärliche Schlaglichter, die durch Ritzen in die dunkle Behausung der Nyawawa einfallen. Die meisten Szenen spielen im Freien in den Straßen und unter den Bewohnern von Kibera. Wie selbstverständlich verbindet sich dabei die Lebenswelt der Teenager von Kibera, in der Gangs, Alkoholismus und Rivalitäten zwischen Angehörigen verschiedener Volksgruppen zum Alltag gehören, mit dem von Volksmärchen inspirierten Plot voller Magie, sonderbarer Aufgaben und seltsamer Fabelwesen.

Ästhetisch ist der magische Realismusvon SOUL BOY damit meilenweit entfernt vom Special-Effects-Spektakel eines Harry Potter. Regisseurin Hawa Essuman und Drehbuchautor Billy Kahora vertrauen völlig zu Recht auf die verführerische Kraft ihrer archetypischen Geschichte, die geradlinig und flott erzählt ist und von den jugendlichen Laiendarstellern überzeugend umgesetzt wird. Gerade mal 60 Minuten dauert der außerordentlich unterhaltsame Film, der damit eine weitere ungeschriebene Regel für erfolgreiche Kinder-Kinofilme gelassen unterläuft.

Dass der originelle Kinderfilm in deutschen Kinos zu sehen sein wird, verdankt er auch seiner Entstehungsgeschichte: SOUL BOY ist im Rahmen eines Filmprojektes von Tom Tykwer und Marie Steinmann gefilmt worden. 2008 gründeten Tom Tykwer und seine Partnerin Marie Steinmann die alternative Produktionsfirma ONE FINE DAY FILMS, um in Zusammenarbeit mit der Initiative ANNO'S AFRICA und der kenianischen Filmproduktion GINGER INK Filmworkshops für junge afrikanische Filmemacher anzubieten. Ein gemischtes Team aus deutschen und afrikanischen Profis, Nachwuchsfilmschaffenden und Laien produziert in wenigen Wochen und mit einem kleinen Budget einen richtigen Kinofilm. Das Projekt bietet den afrikanischen Nachwuchstalenten die Gelegenheit, eigene Stoffe umzusetzen und in verschiedene Aspekte des Filmemachens reinzuschnuppern. Das erste, beeindruckende, Ergebnis der Initiative ist SOUL BOY.

Hendrike Bake

MATERIALIEN FÜR DEN UNTERRICHT als PDF-Download hier...

Nairobi. Jungen afrikanischen Filmemachern soll geholfen werden, eine eigene Filmkultur zu schaffen. Hier ist ein Projekt in diesem Sinne. Tom Tykwer betreute es als Supervisor. Der Film ist 60 Minuten lang. Die Regisseurin ist Afrikanerin.

Kibera, der größte Slum von Nairobi (über eine Million Menschen auf 3,5 Quadratkilometern). Armut, Kriminalität und Stammesfehden (70 Volksstämme in Kenia) fehlen nicht. Dort lebt der etwa 14jährige Abila, Abi genannt. Sein Vater besitzt einen Laden. Er war letzte Nacht bei der Geisterfrau Nyawana. Diese nahm sich einst aus Liebeskummer das Leben, kehrte als Geisterfrau zurück und nimmt nun Rache an den Männern. Abis Vater hat deshalb, wie er sagt, „die Seele verloren“.

Mit Hilfe seiner Freundin Shiku macht Abi sich auf zur Nyawana, um alles wieder ins rechte Lot zu rücken. In ihrem Auftrag muss er sieben Taten vollbringen – vor Publikum in die Haut eines anderen schlüpfen, die Schuld eines anderen begleichen, einem Sünder aus der Patsche helfen, eine neue Welt erkunden, sich der riesigen gefürchteten Schlange stellen usw. –, dann kann alles wieder gut werden.

Abi macht sich an die Arbeit. Wird er die Seele seiner Vaters retten können? Und wird mit der inzwischen enttäuschten Shiku alles gut?

Mythen, Aberglaube, Legenden – das ist in vielen Ländern immer noch gang und gäbe. Man sollte sich also in diese Welt hineinversetzen – beispielsweise in den Umstand, dass die Nyawana nunmehr halb Mensch und halb Tier ist -, um den Film zu verstehen und etwas von ihm zu haben. Es handelt sich, vom Thema einmal abgesehen, um ein Experiment, das im Großen und Ganzen filmisch gelungen ist. Sehr einfach, aber eben auch als unterstützt von außen, von Freunden und Fachleuten zu sehen.

Leila Dayan Opollo als Shiku hat eine nur sehr kleine Rolle zu bewältigen. Samson Odhiambo als Abila hingegen ist in jeder Szene zu sehen, wurde ganze zwei Tage vor Drehbeginn entdeckt und trug zum Gelingen des Projekts schauspielerisch erheblich bei.

Thomas Engel