Sparrow, The – Man Jeuk

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Seit Jahren ist der aus Hong Kong stammende Johnny To einer der fleißigsten und interessantesten Regisseure des internationalen Kinos. Nach Deutschland kommen seine meist im Gangster Milieu angesiedelten Filme jedoch nur selten, von Festivaleinsätzen abgesehen. Der nun startende „The Sparrow“ ist ein perfektes Beispiel für all das, was Johnny To ausmacht: Perfekt in Szene gesetzte Bilder, elaborierte Choreographien und ein feiner Humor, der die Leichtigkeit der Geschichte um vier Taschendiebe noch betont.

Webseite: www.mfa-film.de

Regie: Johnny To
Buch: Kin Chung Chan, Chi Keung Fung
Kamera: Siu-keung Cheng
Schnitt: David M. Richardson
Musik: Fred Avril, Xavier Jamaux
Darsteller: Simon Yam, Kelly Lin, Ka Tung Lam, Hoi-Pang Lo, Kenneth Cheung, Jackson Ha, Suet Lam
Hong Konk 2008, 87 Minuten, Format: 1:2,35 (Scope)
Verleih: MFA
Kinostart: 4. September 2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Fast 50 Filme umfasst die Karriere von Johnny To inzwischen schon, 50 Filme in denen Hong Kong ein ums andere Mal wie ein weiterer Hauptdarsteller wirkt. Und auch „The Sparrow“, der zu weiten Teilen auf den Straßen der Metropole spielt, mutet wie eine Liebeserklärung an die Stadt an, die für To eine ähnliche Rolle spielt wie New York für Woody Allen. Oft zeigte To Hong Kong als von kalter Glas- und Stahlarchitektur beherrschte Stadt, in der Gangsterbanden, Polizisten und korrupte Politiker ihren Geschäften nachgingen. „The Sparrow“ dagegen schlägt von Anfang an einen anderen, leichteren Tonfall an. Keine brutalen Gangster stehen hier im Mittelpunkt, sondern vier Taschendiebe, die ihrem Geschäft mit Fingerspitzengefühl und Finesse nachgehen.

Allein die einführenden Szenen, in denen man ihnen bei der Arbeit zusieht, sind ein Wunder an Rhythmus und Choreographie. Doch so gut die Bande um ihren Anführer Kei (Simon Yam) auch ist, es gibt noch bessere Taschendiebe in Hong Kong. Zum einen die liebreizende Chun Lei (Kelly Lin), die jedem der vier scheinbar zufällig begegnet, ihnen den Kopf verdreht und um ein Besitzstück erleichtert. Schnell sind die Freunde fasziniert von Chun Lei und beschließen ihr zu helfen. Denn sie ist der Titelgebende Spatz, eingesperrt im goldenen Käfig von Mr. Fu (Hoi-Pang Lo) seines Zeichens eine Art König der Taschendiebe. Und er will Chun Lei nur freilassen, wenn es den vieren gelingt, ihn zu bestehlen.

Und auf diese finale Taschendiebszene läuft der Film hinaus, sie ist – wie To selbst betont – der Grund, weswegen er diesen Film gedreht hat. In ihr zeigt sich seine Liebe für Musicals und ihre schwerelos tänzelnden Bewegungen, sie ist ein Schaustück an Choreographie, wie man es lange nicht gesehen hat. In strömendem Regen, in extremer Zeitlupe bewegen sich die beiden rivalisierenden Gruppen aufeinander zu, bestückt mit unzähligen Regenschirmen, die ein weiterer Verweis auf die Musical-Vorbilder Tos sind. Allein diese Sequenz wäre Daseinsberechtigung genug, doch auch wenn „The Sparrow“ nicht die Substanz anderer To-Filme hat, banal ist er in keiner Weise. Allein die stilistische Brillanz der fließenden Scope-Kamera und die ausgefeilte Farbdramaturgie zeigt, welch souveräner Regisseur To inzwischen geworden ist.

Die Erfahrung von dutzenden Filmen sorgt für eine beiläufige Lässigkeit, um die viele Regisseure To beneiden dürften. Ganz unangestrengt entwickelt er die lose Geschichte und zeichnet mit wenigen Szenen runde Charaktere. Für Tos Verhältnisse ist „The Sparrow“ ein kleiner Film, eine Fingerübung, doch dabei von höchster filmischer Qualität. Es gibt nicht viele zeitgenössische Regisseure, die in der Lage sind einen Film wie diesen einfach so aus dem Ärmel zu schütteln.

Michael Meyns