Syriana

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Die Machenschaften der internationalen Ölkonzerne untersucht Stephen Gaghan in seinem spannenden, höchst komplexen, aber etwas emotionslosem Thriller. Ähnlich wie in seinem Drehbuch zu Traffic verknüpft auch Syriana drei Handlungsstränge zu einem dichten Geflecht, das Geheimdienstaktivitäten, Korruption und Geldgier aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Ein souverän inszenierter, fast schon zu komplexer Film, der vor allem Diskussionen anregen will.

Webseite:  www.syriana-derfilm.de

USA 2005
Regie: Stephen Gaghan
Buch: Stephen Gaghan
Kamera: Robert Elswit
Schnitt: Tim Squyres
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: George Clooney, Matt Damon, Jeffrey Wright, Chris Cooper, Christopher Plummer, William Hurt, Mazhar Munir, Tim Blake Nelson
Verleih: Warner
Kinostart: 23. Februar

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Inspiriert von dem Enthüllungsbuch Der Neidergang der CIA des ehemaligen Geheimagenten Robert Baer, erzählt Stephen Gaghan eine zwar fiktive, aber auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte. Ein Jahr lang recherchierte der Autor bevor er mit der Arbeit am Drehbuch begann. Der Wust an Informationen, die Gaghan in dieser Zeit zusammengetragen hat, sind einerseits Stärke, andererseits auch Schwäche des daraus entstandenen Films. Denn so entlarvend Momente sind, in denen Topanwälte ihre Verbindungen zur Regierung spielen lassen, in denen Anschläge angeordnet, Geheimverträge geschlossen oder Freunde verraten werden, so unübersichtlich wird der Film dadurch. Drei Haupterzählstränge lassen sich feststellen, zu denen zahlreiche Nebenhandlungen kommen.

George Clooney spielt Bob Barnes, ein älterer CIA- Agent, der zu Beginn des Films im Rahmen eines Waffengeschäfts zwei arabische Waffenhändler tötet. Jahrelang diente Barnes treu seiner Regierung und beginnt erst die zwiespältigen Intentionen seiner Arbeit zu begreifen, als er selbst als Bauernopfer dasteht.

Matt Damon ist Bryan Woodman, Angestellter einer Wirtschaftsberatungsfirma, die sich auf die Energieversorgung spezialisiert hat. Potentieller Kunde ist ein nicht weiter spezifiziertes Emirat am Persischen Golf, das vom Machtstreit zweier Erben gespalten ist. Der jüngere Sohn will die Zusammenarbeit mit den USA fortsetzen, der ältere Sohn Demokratie und Selbstbestimmng einführen.
Und schließlich Bennett Holiday (Jeffrey Wright) Anwalt einer renommierten Kanzlei, die die Fusion zweier großer Ölkonzerne durch die Washingtoner Bürokratie bringen soll. Dazu kommen potentielle Selbstmordattentäter, korrupte Geschäftsleute und Politiker, arabische Herrscher und feindliche Agenten.

Angesichts der über 70 Sprechrollen die Übersicht zu behalten fällt nicht einfach, zumal sich der Film bisweilen auf die bloße Andeutung von Sachverhalten beschränkt, die allzu leicht übersehen werden können. Man kann Gaghan kaum vorwerfen, dass sein Film zu kompliziert ist, in der Realität sind die Verknüpfungen von Industrie und Politik ohne Frage noch verwickelter als sie in einem zweistündigen Thriller darzustellen sind. Dennoch stellt sich die Frage was ein Film wie Syriana erreichen kann oder will. Wer ohne Vorwissen ins Kino geht, wird von der Fülle des Materials erschlagen werden. Und wer ohnehin einen skeptischen Blick auf die Realität hat, wem bewusst ist, dass politische, wirtschaftliche und militärische Entscheidungen Hand in Hand gefällt werden, der wird nur bestätigt sehen, was er ohnehin annimmt.

Die große Schwäche des Films ist letztlich, dass er es nicht schafft, den Figuren eine emotionale Ebene zu geben. Was die Charaktere antreibt, was sie riskieren, wie das große Ganze ihre kleine persönliche Ebene bestimmt, bleibt größtenteils im Dunkeln. In seinem Drehbuch zu Traffic hatte es Gaghan auf brillante Weise verstanden die Folgen von Drogenhandel und -konsum auf ganz normale Menschen zu zeigen, wodurch die persönlichen Schicksale im Vordergrund standen und nicht das komplexe, abstrakte große Ganze. Hier ist es genau umgekehrt. Persönliche Beziehungen werden nur in wenigen Szenen angedeutet, die kaum Bezug zum Rest des Films zu haben scheinen und oft wie angeklebt wirken. Die politische Brisanz des Themas mindert dies in keiner Weise, aber der emotionalen Kraft der Geschichte ist es mehr als abträglich.

Michael Meyns