The Broken Circle

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Ein überbordendes Maß an Gefühlen und eine deutliche politische Agenda sind die Extreme, zwischen denen der flämische Regisseur Felix van Groeningen („Die Beschissenheit der Dinge“) eine leidenschaftliche Liebesgeschichte und einen dramatischen Krankheitsfall spannt. Alles begleitet und durchdringt die Bluegrass-Musik der Band, die Liebe, Leben und Leiden nicht nur vertont, sondern in besonders emotionalen Höhepunkten auf noch mehr Sinne loslässt. „The Broken Circle Breakdown“ war eine musikalische wie filmische Sensation auf der Berlinale 2013.

Ausgezeichnet mit dem Label Europa Cinemas und dem Panorama-Publikumspreis Filmfestspiele Berlin 2013

Webseite: www.pandorafilm.de

Belgien / Niederlande 2012,
Regie: Felix van Groeningen
Buch: Felix van Groeningen, Carl Joos
Darsteller: Johan Heldenbergh, Veerle Baetens, Nell Cattrysse
Verleih: Pandora Filmverleih
Kinostart: 25.4.2013
Länge: 111 Min.

PRESSESTIMMEN:

Schmerzhaft präzise inszeniert der zwischen mehreren Zeitebenen vagabundierende Film seinen Kernkonflikt.
Tagesspiegel

Trotzdem gab es lange keinen so schönen Film über das Leben und die Liebe wie diesen. Denn 'The Broken Circle' erzählt nebenbei auch eine Geschichte vom ganz großen Glück.
Spiegel Online

Eine berührende Ode an die Quintessenz des Lebens.
Cinema

"Ein poetischer Film, radikal pessimistisch und voller Hunger nach Leben - großes Kino, das lange nachschwingt."
3SAT Kulturzeit

"Eine wunderschöne Liebesgeschichte und gleichzeitig die traurigste und tragischste Geschichte aller Zeiten."
taz

FILMKRITIK:

Didier (Johan Heldenbergh) lebt wie ein „echter Cowboy“ auf dem Land beim flämischen Gent und schwärmt von Bluegrass-Musik. Als die Tätowiererin Elise (Veerle Baetens) seine Band beim Konzert hört, verfällt sie ihm endgültig. Nach einer ekstatischen Zeit zu zweit, wird die junge, von Tattoos übersäte Frau Sängerin der Truppe. Die Schwangerschaft Elises verwirrt den hinter wildem Bart sensiblen Bären Didier zuerst, dann schnappt er sich einen Vorschlaghammer, um das Haus familiengerecht umzubauen. Dem Glück der Geburt folgt nach wenigen Jahren der Schmerz einer Leukämie-Diagnose. Ihre Tochter Maybelle (Nell Cattrysse) durchleidet eine Chemotherapie und dieser Schicksalsschlag belastet auch die große Liebe. Während Elise Sterben und Jenseits in kindgerechten Konstrukten vermitteln will, lehnt Didier den Glauben als Zuflucht ab. Zudem macht er konservative Politiker religiös verankerter Parteien dafür verantwortlich, dass die Stammzellen-Therapie noch nicht fortgeschritten genug ist, um seiner Tochter zu helfen. In einer verbitterten Klagerede mitten im Konzert schreit Didier seine Wut heraus. Eine Atheisten-Predigt, die Elise noch mehr von ihm entfernt. So leidenschaftlich wie ihre Liebe war, die in der Kneipe von einem Elvis-Parodisten für „gute wie für schlechte Zeiten“ besiegelt wurde, so zerstörerisch ist ihr Ende.

„The Broken Circle Breakdown“ ist nicht nur eine überwältigende Liebesgeschichte, nicht nur ein mitreißender Musikfilm, mit dem schärfsten Country-Paar seit Johnny Cash und June Carter. Es ist mehr als ein schmerzlicher Krankheitsfilm, der in seinen Chemo-Szenen sehr zurückhaltend bleibt. Die Fragen nach dem Sinn und Unsinn von Religionen, nach den Nutzen und Schaden von Kirchen, ziehen sich von kindlichen Erzählungen bis zu großen gesellschaftlichen Anklagen. Selbstverständlich haben auch die Songs des Films, die als Soundtrack in seiner Heimat die Hitparaden mit historischen einmaligen Platzierungen eroberten, auch dazu eine Meinung: „Will the circle be unbroken?“ ist nicht nur ein Evergreen sondern halt auch ein recht fröhlich klingendes Trauerlied über den „besseren Ort im Himmel“. „The Broken Circle Breakdown“ ist selbst für Nichtfans dieser Musik-Richtung eine Offenbarung

Mit seinen überbordenden Gefühlen ist das junge flämische Meisterwerk eigentlich ein Melodram, doch schafft die Inszenierung eine glaubwürdige Illusion von Natürlichkeit der Figuren, die mit beiden Beinen fest am Boden stehen. Die große Kunst der Films, sein überragender Trick, liegt in einer eigentlich unmöglichen Montage (Schnitt Nico Leunen), die immer mehr Gefühle evoziert und trotzdem über jeden Kitsch-Verdacht erhaben ist. Da wurden Ereignisse abgeschlossen und erst dann folgt die Rückblende auf ihren Anfang. Ein kontinuierlicher Wechsel der Zeiten sprengt die Kontinuität, funktioniert aber in der emotionalen Abfolge äußerst schlüssig. Hinzu kommt das ausgezeichnete Spiel von Heldenbergh, der diese Rolle schon auf der Bühne spielte, und von der in Freud und Leid zauberhaften Veerle Baetens. Aus allem ergibt sich eine Achterbahn-Fahrt der Gefühle, die nach riesigem Erfolg in Belgien auch die Berlinale eroberte.

Die Erfolgsgeschichte begann mit einem Bühnenstück, das Felix van Groeningen als einer der ersten sah. Der nach „Die Beschissenheit der Dinge“ (2009) und dem dazugehörigen Stunt nackter Fahrradfahrer auf der Croisette auch international renommierte Regisseur ist mit dem Koautor Johan Heldenbergh befreundet, so konnte er sich früh die Film-Rechte sichern und sein eigenes Drehbuch erarbeiten. Der Autorschaft von Johan Heldenbergh ist wohl auch der etwas lang geratene Monolog Didiers geschuldet, in dem er sein Lamento herausschreit, dass Kirche immer noch Fortschritt verhindert und vor allem auf dem Gebiet von Stammzellen-Therapie und Aids-Vorsorge dadurch Menschleben auf dem Gewissen hat. Neben dieser politischen Agenda wird die Frage nach einem tröstenden Jenseits-Entwurf durchgespielt, deutlich leiser und offener.

Der Tränentreiber „The Broken Circle Breakdown“ erhielt selbstverständlich den Panorama-Publikums-Preis in der Kategorie Spielfilm und den Hauptpreis von „Label Europa Cinemas“. Man sollte schon mal Zeit für den Kinostart im April reservieren und bei einigermaßen geschicktem Marketing kann der Verleih ein paar Rekorde zum Überflügeln anvisieren. Wer zudem Gelegenheit hat, die Band mit den musikalisch vollwertigen Hauptdarstellern live zu erleben, sollte diese Chance unbedingt nutzen!

Günter H. Jekubzik

Elise und Didier lernen sich per Zufall kennen. Sie besitzt ein Tatoo-Studio, ist selbst wunderbar tätowiert. Didier ist u. a. Country-Musiker, spielt und singt mit Erfolg in einer Band Gleichgesinnter. Daher auch die erstklassige Musik dieses Films.

Didier besitzt einen schön gelegenen einsamen Bauernhof, wo die beiden glücklich sind. Dann wird Elise schwanger. Zunächst scheint Didier davon nicht begeistert zu sein, später aber ist die kleine Maybelle lange Zeit sein Liebling.

Das Mädchen wird krank. Leukämie. Mit Chemotherapie und Stammzellenbehandlung verzweifelte Versuche, die Kleine zu retten. Vergebens. Maybelle schafft es nicht.

Elise versinkt im Dunkel, wochenlang. Didier rappelt sich etwas früher wieder auf, kann aber seiner Frau nicht wirklich helfen. Mehrmals unternehmen sie einen Versuch, wieder neu anzufangen. Mehrmals aber will Elise sich selbst umbringen. Diskussionen, Streit, Verzweiflung. Die Liebe ist nicht mehr zu retten. Die durch den Tod von Maybelle entstandene Last ist zu schwer.

Elise verlässt Didier. Der schreit seine Wut öffentlich hinaus: gegen Gott, gegen die Verführung der Menschen durch die Religion, gegen alle, die zum Beispiel Kondome verbieten wollen, gegen jene, die die Stammzellenforschung behindern, gegen alle, die mit der Sterbehilfe nicht einverstanden sind. Schreie der Entrüstung und gleichzeitig Schreie der Resignation.

Gestützt auf ein Theaterstück ein dramatischer Film, der berührt. Er ist überaus reich an romantischen wie tragischen Szenen, er wurde auf mehreren Zeitebenen angesiedelt, Regie, Schnitt und Kamera liegen weit über dem Durchschnitt.

Und dann ist noch von den beiden Protagonisten zu berichten. Es ist wirklich nicht übertrieben, wenn gesagt wird, dass beide, sowohl Johan Heldenbergh als Didier als auch Veerle Baetens als Elise hohe Schauspielkunst abliefern. Selbst Nell Cattrysse als Maybelle darf nicht vergessen werden.

Eine Liebes- und Todestragödie von der besten Sorte.

Thomas Engel