The Company you keep – Die Akte Grant

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Mit seinem vielschichtigen, spannungsgeladenen Politdrama „The Company you keep – Die Akte Grant“ gelingt Altmeister Robert Redford erneut ein Stück anspruchsvolles US-Erzählkino samt eingängiger Message. Überaus geradlinig inszeniert der Oscar-Preisträger die Geschichte der politischen Aktivisten „Weathermen“, die in USA mit allen Mitteln gegen den Vietnamkrieg kämpften. 30 Jahre später werden einige identifiziert und vom FBI gejagt. In dem brisanten Politthriller, der mit hellsichtigen Dialogen kammerspielartige Momente heraufbeschwört, brilliert neben Redford ein großartiges Ensemble von Charakterdarstellern wie Julie Christie, Susan Sarandon, Stanley Tucci und Nick Nolte.

Webseite: www.companyyoukeep-derfilm.de

USA 2011
Regie: Robert Redford
Darsteller: Robert Redford, Shia LaBeouf, Julie Christie, Susan Sarandon, Sam Elliott, Brendan Gleeson, Terrence Howard, Richard Jenkins, Anna Kendrick, Brit Marling, Stanley Tucci, Nick Nolte, Chris Cooper
Drehbuch: Lem Dobbs
Länge: 125 Minuten
Verleih: Concorde
Kinostart: 25. Juli 2013

PRESSESTIMMEN:

 

"Ein cleverer, souveräner Politthriller."
Stern

"Ein Politthriller mit Klasse. ... Der wichtigste Hollywood-Film dieses Sommers.
Ein klassischer Polit-Thriller von der Art, die eigentlich nicht mehr gemacht werden: sorgfältig inszeniert, im Inhalt wesentlich und dabei spannend."
Berliner Zeitung

„’The Company You Keep – Die Freunde, die du dir aussuchst’ ist ein selten gewordener Politthriller der alten Schule, spannend und nachdenklich und voller Zwischentöne."
ZDF Heute Journal

FILMKRITIK:

Zurückgezogen wohnt Anwalt Jim Grant (Robert Redford) mit seiner 12jährigen Tochter Isabel (Jackie Evancho) in einem ruhigen Vorort. Doch als das FBI in Albany die ehemalige Anti-Kriegs-Aktivistin der Gruppe „Weather Underground“ Sharon Solarz (Susan Sarandon) nach dreißig Jahren im Untergrund verhaftet, gerät sein Leben aus den Fugen. Denn der ehrgeizige Lokaljournalist Ben Shepard wittert seine große Chance. Der hartnäckige, junge Reporter findet heraus, dass es sich bei Jim Grant eigentlich um Nicholas Sloan handelt, der ebenfalls Mitglied der „Weather Underground“ war.

Er spürt ihn auf und konfrontiert ihn mit seiner Vergangenheit. Nach dieser Enttarnung hat der Witwer keine Wahl mehr. Denn das FBI ist ihm nun ebenfalls auf den Fersen. Sloan soll bei einem Bankraub, einen Wachmann erschossen haben. Unerbittlich versucht FBI-Chef Cornelius (Terrence Howard) ihn als Tatverdächtigen dingfest zu machen. Sloan flüchtet und taucht unter. Seine Tochter bringt er bei seinem Bruder Daniel (Chris Cooper) in Sicherheit. Einzig seine Ex-Geliebte und politische Gefährtin Mimi Lurie (Julie Christie) könnte beweisen, dass er unschuldig ist. Verzweifelt kontaktiert er deshalb ehemalige Mitstreiter, um sie zu finden.

„Es war an der Zeit“, erklärt Schauspiellegende Robert Redford, „die Geschichte der radikalen Antikriegs-Protestbewegung als Teil der amerikanischen Historie fürs Kino zu erzählen“. Über 30 Jahre später erlaubt sich die 76jährige Leinwandikone einen Blick auf diese bewegte Zeit. Die Protestler von einst legten sich falsche Identitäten. Jahrzehntlang lebten sie unentdeckt. Trotzdem blieben sie Gejagte. „ Mich interessierte, wie diese Menschen mit diesem Druck umgehen, ob sie ihre Einstellung zu ihrem früheren Handeln ändern oder nicht“.

Redford selbst sympathisierte damals mit der Anti-Kriegs-Bewegung. „Ich fand, sie hatten gute Gründe zu rebellieren“, gesteht er, „und jedes Recht sich zu weigern in diesen Krieg zu ziehen“. Gleichzeitig sei ihm aber auch klar gewesen, dass die Bewegung an der Gewaltfrage zerbrechen würde. Nach dem Roman von Neil Gordon verknüpft das Hollywood Urgestein Vergangenheit und Gegenwart. Sein Politthriller romantisiert die Vergangenheit nicht. Er beschönigt nichts. Trotzdem behält er stets im Auge, was diese Menschen damals antrieb. Er zeigt sie samt ihrer Selbstzweifel.

Schon allein durch die sensible Inszenierung erzeugt der versierte Regisseur eine hohe innere Spannung. Dabei kommt sein glänzendes Erzählkino ganz ohne Effektspezialisten und Computeranimation aus. „Ich bevorzuge immer noch ein Kino, das sich vor allem für den Menschen interessiert“, bekennt er. Nicht umsonst ist sein intelligenter Thriller bis in die noch so randständige Nebenfigur exzellent besetzt. Bei seinem bemerkenswerten Star-Ensemble treffen Talente von heute wie Shia LaBeouf, Anna Kendrick und Shootingstar Brit Marling auf eine Riege verdienter Charakterdarsteller, angefangen von der engagierten Pazifistin Susan Sarandon über Nick Nolte bis hin zur immer noch beeindruckenden Julie Christie.

Obwohl beide ihre Karriere fast zeitgleich starteten arbeitete der naturverbundene Schauspieler noch nie mit Julie Christie. Eine überfällige Gelegenheit, die der engagierte Umweltaktivist jetzt nutzt. Schließlich ist das ehemalige It-Girl eines der schönsten Gesichter des Kinos der 1960er Jahre. Mit ihrer wilden blonden Mähne und ihren Rollen symbolisierte sie ein neues Frauenbild: selbstbewusst, erotisch – und doch gefühlvoll. Auch in der Realität war die politisch engagierte Stilikone stets eigenwillig, unabhängig von Männern und Starruhm. Zu Hause fühlte sich die Tochter eines Teeplantagen-Besitzers aus der englischen Kolonie Indiens in der Hollywoods Glitzerwelt nie. „Jeder Film ist im Grunde politisch“, weiß die inzwischen 72jährige, die sichtlich mit ihrer Figur sympathisiert.

Doch schon einmal versuchte ein Spielfilm die ausweglose Situation der US-Protestbewegung zu reflektieren. Der verstorbene Meisterregisseur Sidney Lumet drehte Mitte der 1980er Jahre mit „Flucht ins Ungewisse“ ein bewegendes Drama, das die Größe einer klassischen Tragödie besitzt. Fast noch mehr wie bei Redford standen bei ihm die menschlichen Konflikte seiner Protagonisten im Vordergrund. Er konnte es sich damals leisten völlig unaufgeregt ohne spektakuläre Verfolgungsjagden auszukommen und mit dem jungen River Phöenix souverän einen Coming of Age Film der anderen Art zu drehen.

Luitgard Koch