The One Man Village

Zum Vergrößern klicken

Ein Film über die Folgen eines Krieges, ganz ohne Bilder vom Krieg. Dem libanesischen Regisseur Simon El Habre gelingt dieses Kunststück mit seinem außergewöhnlichem Dokumentarfilm „The One Man Village“. Der eine Mann ist sein Onkel, der dem Großstadtleben Beiruts den Rücken gekehrt hat und in sein Heimatdorf zurückgekehrt ist. Ein exzellent beobachteter, subtiler Film.

Webseite: www.theonemanvillage.com

Libanon 2008 - Dokumentation
Regie: Simon El Habre
Drehbuch: Simon El Habre
Kamera: Bassem Fayad, Marc Karam
Schnitt: Simon El Habre
Länge: 86 Min.
Verleih: mec film
Kinostart: 10. September 2009
 

PRESSESTIMMEN:

Ein wunderbares Werk, in jeder Hinsicht.
Radio Eins

Kein Spielfilm, obwohl mit zahllosen märchenhaften Bildern aufwartend, ist dagegen die libanesische Dokumentation "The One-Man Village". Regisseur Simon El Habre besucht hier seinen Onkel Semaan im Dorf Ain El-Halazoun, in dem dieser seit fünf Jahren ganz allein mit Katze, Hühnern und Kühen lebt. Der libanesische Bürgerkrieg von 1982 hat diesen Landstrich entvölkert, und der wunderbare Film zeigt auf berührende Weise, wie ein Mann in ein Idyll flüchtet, um tief liegende Narben zu verstecken. Ein Film voller Poesie und einfacher Lebensweisheiten.
Berliner Morgenpost

"The One Man Village" ist das eindringliche Porträt einer komplexen, vergessenen Landschaft, die größtenteils von der älteren Generation als ein mit Erinnerungsstücken besetzter Phantom-Ort ihres Gedächtnisses aufgesucht wird... Weit über den eigenen, familiären Zugang und Horizont hinaus gelingt es Simon El Habre in "The One Man Village", die Landschaft als Gedächtnisraum zu zeigen. Mit zurückhaltender Distanz versucht er - als Stillleben und in gezielten und doch beiläufigen Gesprächen - nicht nur seinen Onkel zu verstehen, sondern auch die psychosozialen Facetten derer, die es vorzogen, nicht in das Dorf zurückzukehren.
die tageszeitung

FILMKRITIK:

Das kleine Dorf Ain el-halazoun, mit dem Auto gut eine Stunde von Beirut entfernt, der Hauptstadt des Libanon. Vor dem Bürgerkrieg, der mit wechselnder Stärke zwischen 1975 bis 1990 wütete, lebten hier vor allem libanesische Christen. Diese flohen während der Kämpfe mit den regierenden Drusen nach Beirut. Auch nach dem Friedensschluss und dem offiziellen Rückkehrrecht von 1994 blieben fast alle Flüchtlinge in Beirut. In ihr Heimatdorf fahren sie höchstens am Wochenende, bestellen die Felder, versuchen ihre Häuser vor dem endgültigen Verfall zu bewahren und kehren vor Sonnenuntergang wieder in die Metropole zurück. Die Unterschiede zwischen Beirut, einer modernen, westlich orientierten Stadt, und dem verfallenden Dorf könnten kaum größer sein. Am Anfang sieht man Semann El Habre, Onkel des Regisseurs und der eine Mann des Titels, wie er sich durch schneebedeckte Straßen mühsam einen Weg bahnt. Als einziger Bewohner des Dorfes ist er in seine Heimat zurückgekehrt und lebt dort nun allein mit ein paar Pferden und Ziegen und den Erinnerungen an vergangene Zeiten.

Das Gefühl von Verlust durchzieht den Film vom ersten Moment an. In klaren, ruhigen Einstellungen beobachtet El Habre seinen Onkel bei dessen alltäglichen Erledigungen. Jede Arbeit ist von großer Mühe geprägt, Errungenschaften der Zivilisation gibt es kaum. Antworten auf die Fragen, die sich aufdrängen ebensowenig. Warum das Dorf im Bürgerkrieg zerstört wurde, warum die Bewohner nicht zurückkehrten, vor allem warum nur Semann diesen Schritt machte, Antworten gibt der Film nicht, zumindest keine direkten.

Immer wieder schneidet El Habre kurze Gespräche mit seinem Onkel zwischen die melancholischen Bilder. Nach und nach erfährt man so ein paar Hintergründe, die sich zu einem losen Puzzle fügen. Viel wichtiger als die wenigen Worte, die der fast wie ein Eremit wirkende Semann von sich gibt, sind die Bilder. Ganz nebenbei sieht man da manchmal zerstörte Gebäude, Ruinen des Krieges, Betonfestungen, die wohl von einer Rakete getroffen wurden, aus denen Stahlträger ragen und die langsam aber unausweichlich von der Natur zurückerobert werden. Es sind schwache Narben in einer ansonsten zwar kargen, aber wunderschönen Landschaft. Brüche in der Natur, die mehr über die Brüche im Leben der Bevölkerung erzählen, als es viele Worte könnten.

Michael Meyns

.