Themba

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Zum zweiten Mal nach „Deutschland – ein Sommermärchen“ avanciert Ballfänger Jens Lehmann in dem preisgekröntem südafrikanischem Fußballdrama „Themba“ als Fußballcoach zum Leinwandstar. Doch im Mittelpunkt der berührenden Mischung aus Coming-of-Age, Sportfilm und Sozialdrama aus der Post-Apartheid-Ära steht die packende Geschichte eines HIV-infizierten Jungen, für den die knallharte Fußballwelt den einzigen Ausweg bietet seinem Elend zu entkommen. Ein authentisch engagiertes und aufrüttelndes Fußballmärchen, das trotz aller Tragik Momente der Hoffnung und Solidarität ausstrahlt.

Webseite: www.themba.alpha-medienkontor.de

Deutschland, Südafrika 2010
Regie: Stefanie Sycholt
Buch: Stefanie Sycholt, nach dem Roman von Lutz van Dijk
Darsteller: Simphiwe Dana, Jens Lehmann, Melabantu Maxhama, Anisa Mhlungula, Sean Cameron Michael, Patrick Mofokeng, Mihile Mtakati, Kagiso Mtetwa, Rapulana Seiphemo, Junior Singo, Emmanuel Soquinase
Länge: 120 Minuten
Verleih: Alpha Medienkontor
Kinostart: 5. August 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Der elfjährige Themba (Emmanuel Soquinase) liebt Fußball über alles. Mit seinem besten Freund Sipho (Kagiso Motsei) kickt er jede freie Minute. Ihr Ball: Eine Kugel aus zusammengeknüllten Plastiktüten. Auf den Grashügeln am Eastern Cape direkt über dem Ozean träumen die beiden von Zidane, Maradonna oder Andile Khumalo, dem jüngsten Star des südafrikanischen Nationalteams Bafana Bafana.

Doch die traditionelle Rundhütte in seinem kleinen Dorf, in dem die Armut regiert, scheint meilenweit entfernt von der Welt der Profifußballer. Seine Mutter Mandisa (Simphiwe Dana) schuftet als Tagelöhnerin hart auf einer burischen Teeplantage, um ihn und seine kleine Schwester Nomtha (Mihile Mtakati) zu ernähren. Vater Vujo verliess die Familie und verschwand auf Nimmerwiedersehen auf der Suche nach Arbeit in den Minen rund um das riesige Johannesburg.

Trotzdem gibt Themba zusammen mit seinen Freunden nicht auf. Beherzt gründen die Barfusskicker ihre eigene Mannschaft: die Lion Strikers. Sogar zu einem Jugendturnier dürfen die Elf antreten. Dort wird der Trainer John Jacobs (Jens Lehmann) von Ajax Kapstadt auf den talentierten Themba aufmerksam. Er steckt ihm seine Visitenkarte zu. Für den Jungen scheint sich ein Traum zu erfüllen.

Zurück in seinem Dorf holt ihn jedoch die raue Realität schnell wieder ein. Seine Mutter verliert ihren Job. Sie muss nach Kapstadt gehen, um dort als Haushaltshilfe für die Weißen zu arbeiten. Nun bleiben die beiden Geschwister allein mit Luthondo (Patrick Mofokeng), dem neuen Freund der Mutter, der sich als Verwandter ihres Ehemanns ausgibt, zurück.

Betrunken versucht der enthemmte Luthondo eines Nachts die kleine Nomtha sexuell zu missbrauchen. Themba kann seine Schwester zwar schützen. Doch Luthondo überwältigt ihn. In seiner Wut vergewaltigt der Enthemmte den wehrlosen Jungen. Hals über Kopf flieht Themba mit seiner Schwester nach Kapstadt. In den Slums der Millionenmetropole finden die beiden Geschwister nach langem Herumirren ihre schwer an AIDS erkrankte Mutter wieder.

Sie hat sich bei Luthando angesteckt. In seiner Verzweiflung erinnert sich Themba an den Fußballtrainer Jacobs und bittet ihn um Hilfe. Ab da wendet sich das Blatt. Nichts scheint einer großen Fußballkarriere mehr im Wege zu stehen. Aber sein Glück ist nicht ungetrübt. Die Angst vor dem unheimlichen Krankheit lauert. Sollte sie das Ende seiner Träume sein? Mit Sorge wartet Themba auf das Ergebnis seines Tests kurz bevor er die einmalige Chance bekommt, als Ersatzspieler mit der Nationalelf Bafana Bafana zu spielen.

Einfühlsam, an Orginalschauplätzen in Südafrika gedreht, vor der atemberaubenden Kulisse der südafrikanischen Landschaft, gewinnt die bewegende Mischung aus Sozialdrama, Coming-of-Age und Sportfilm durch die packende Dramaturgie, die stimmig eingesetzte südafrikanische Musik und die kraftvolle Kameraführung. Beeindruckend gelingt es der 46jährigen Regisseurin Stefanie Sycholt in ruhigen, klaren Bildern mit den Mitteln des klassischen, linearen Erzählkinos die unleugbare Kraft des gleichnamigen preisgekrönten Jugendromans von Lutz van Dijk, glaubwürdig und ohne Effekthascherei auf die Leinwand zu bannen.

Das hätte auch unangenehm pathetisch und deprimierend werden können. Doch den schwierigen Spagat zwischen aufrüttelnder Message zum Tabuthema AIDS in Afrika und spannender emotionaler Inszenierung beherrscht die in Südafrika geborene Regisseurin bewundernswert. Schließlich entwickelte sich HIV/Aids zu einer der größten Herausforderungen, die das Land in den nächsten Jahren zu bewältigen hat. Betroffen davon ist vor allem die junge Generation. Die massive Verbreitung der Immunschwäche Krankheit ist eng verbunden mit Stigmatisierung, ungenügender Aufklärung und Vorurteilen, Armut und Gewalt.

Am Schicksal von „Themba“ will Sycholt aber auch zeigen, dass HIV-positive Menschen ihre Situation ändern können, wenn sie ihr Schicksal in die Hand nehmen. Und so strahlt das vielschichtige Fußballmärchen, mit seinem Blick über den Spielfeldrand, trotz der prekären Situation Momente von Hoffnung, Lebenslust und Solidarität aus und erzählt ebenso berührend von Aufbegehren, Mut und fürsorglicher Liebe wie von den Schattenseiten der südafrikanischen Realität.

Luitgard Koch

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