To The Wonder

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Obgleich in den Filmen von Terrence Malick schon immer große Namen zu sehen waren – Sean Penn, Brad Pitt, Colin Farrell oder jetzt Ben Affleck –, lässt sich der scheue Regie-Star nicht vom Mainstream vereinnahmen. Vielmehr bleibt er sich und seiner traumwandlerischen, fast schon meditativen Kunst des Erzählens treu. „To the Wonder“ schildert das Auf und Ab einer Liebesbeziehung auf die Malick’sche Art. Zu orchestraler Musik schuf er Bildkaskaden und Impressionen, die noch lange nachwirken. Und wieder einmal dreht sich alles um die großen, existenziellen Fragen des Lebens - „The Tree of Life“ geht in eine Fortsetzung.

Webseite: www.studiocanal.de

USA 2012
Regie & Drehbuch: Terrence Malick
Kamera: Emmanuel Lubezki
Darsteller: Ben Affleck, Olga Kurylenko, Rachel McAdams, Javier Bardem
Laufzeit: 112 Minuten
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 30.5.13

PRESSESTIMMEN:

"Olga Kurylenko trägt den Film mit leichtfüßiger Präsenz... Ein Kino-Traum..."
STERN

FILMKRITIK:

Wenn Terrence Malick einen neuen Film vorstellt, dann verbindet man mit diesem ganz bestimmte Erwartungen. Malick, der in den 1960er Jahren selbst Philosophie studierte, ist ein Philosoph des Kinos und des Lebens. Seine Geschichten verhandeln stets die großen, ewigen Themen verpackt in außergewöhnliche Bilder, die meist ohne Dialoge auskommen und sich der üblichen Dramaturgie eines Films entziehen. Auch „To the Wonder“ bildet da keine Ausnahme, und so wird das Ergebnis die Gräben zwischen Malick-Verehrern und denen, die ihm plakatives Esoterik-Kino vorwerfen, kaum überwinden können. Wieder zerfällt die Narration in bruchstückhafte Fragmente, in Erinnerungsfetzen und nur lose montierte Szenenfolgen, über die ein für Malick ebenfalls charakteristisches, dieses Mal vielsprachiges Voice Over gelegt wurde.

Das Grundgerüst des Films bildet eine Liebesgeschichte. Der Amerikaner Neil (Ben Affleck) und die Französin Marina (Olga Kurylenko) fühlen sich füreinander bestimmt. Sie sind sicher, dass ihre Liebe ewig halten wird, als sie die berühmte Felseninsel Mont Saint Michel besuchen, die für die Franzosen den Beinamen „Das Wunder“ trägt. Nichts kann sie trennen, nichts kann sich zwischen ihnen stellen. Zusammen mit Marinas zehnjähriger Tochter aus einer früheren Beziehung zieht die junge Patchwork-Familie von Paris in eine typische Kleinstadt mit Mittleren Westen. Dort wo Neil aufgewachsen ist – und im übrigen Malick einige Jahre seiner Kindheit verbracht hat –, fällt es Marina schwer, sich zu Hause zu fühlen. Sie sieht sich als Fremde in einem fremden Land. Auf die Hilfe und Unterstützung ihres Ehemanns hofft sie dabei vergeblich. Ihre Beziehung zerbricht und die Wege der einst Verliebten trennen sich. Während Marina in Paris versucht, Neil zu vergessen, beginnt dieser eine Affäre mit seiner Jugendfreundin Jane (Rachel McAdams).

Malick denkt in Bildern und nicht in den üblichen Konventionen des Kinos. Er erzählt das, was ihm wichtig ist, über ein Zusammenspiel aus traumartigen Sequenzen, aus Aufnahmen, die zu schweben scheinen, unterlegt mit klassischer, orchestraler Musik und meist nur wenigen Worten. Emmanuel Lubezkis Kamera zeigt seinen Blick auf die Welt, in der vor allem die Schönheit der Natur und des Lebens im Mittelpunkt steht. In „To the Wonder“ streifen wir durch Oklahomas weite Felder, tanzen mit Marina durch die prächtigen Tuilerien und erleben selbst Orte wie einen gewöhnlichen Supermarkt plötzlich aus einem ganz neuen Blickwinkel. Das, was in anderen Filmen die Handlung ist, läuft bei Malick eher nebenher. Wichtiger als einzelne Storyelemente sind die Auslassungen, die Kompositionen der Übergänge und der Fluss der Bilder. Es überrascht nicht, wenn man weiß, dass Malick fünf Cutter beschäftigte. Auch wenn „To the Wonder“ zumindest seiner Beschreibung nach einem klassischen Beziehungsstück ähnelt, könnte er doch kaum weiter von einem solchen entfernt sein.

Das erfordert vom Zuschauer durchaus Geduld und die Bereitschaft, sich auf einen anderen Weg des Erzählens einzulassen. Andernfalls ließe sich auch Malicks neuestes Werk nur zu leicht als die prätentiöse Nabelschau eines scheuen Regie-Exzentrikers übersehen. Damit würde man aber weder ihm noch seinen Arbeiten gerecht. Für ihn, der früher schon einmal zwanzig Jahre zwischen zwei Filmen verstreichen ließ, ist das Kino ein philosophischer Raum, der existenzielle Fragen von der Leinwand auf uns zurückwirft. In diesen Kontext fügt sich auch die Figur des von Javier Bardem verkörperten, an seinem Glauben und an Gott zweifelnden Priesters ein. „To the Wonder“ ist eine eskapistische Reise voller magischer und zugleich meditativer Augenblicke, der man ehrlicherweise vorwerfen muss, dass sie gelegentlich wie eine Verlängerung zu „The Tree of Life“ anmutet. Auch ein Terrence Malick darf sich gerne weiterentwickeln.

Marcus Wessel

Terence Malick tritt nur alle paar Jahre auf, doch dann kommt jeweils etwas Besonderes. Das ist auch dieses Mal der Fall.

Paris. Marina und Neil treffen sich. Sie ist ein junges, lebhaftes Mädchen, schön noch dazu. Er ist verschlossen, nachdenkend, fast immer ohne Worte. Was nicht heißt, dass er sie nicht lieben würde.

Marina ist Französin, hat eine kleine Tochter, Tatjana. Neil ist Amerikaner. Was ist zu tun, wenn die beiden zusammen bleiben wollen? Sie ziehen in die USA aufs Land.
Nichts fehlt an der Verliebtheit, an der Liebe schlechthin. Natürlich kommen auch die beiden um die Abnützung nicht herum. Sie entfernen sich voneinander, sie lieben sich wieder; sie streiten sich, sie lieben sich wieder; sie suchen nach einer Lösung, sie lieben sich wieder; sie trennen sich, und sie kommen nach einer gewissen Zeit wieder zusammen.

Doch sie müssen schließlich auch das Endgültige einsehen.

Ein Eheleben, wie es Millionen gibt. Malick, der auch das Drehbuch schrieb, bringt religiöse Komponenten mit hinein; inwieweit ist ein Verhältnis zu Gott und den moralischen Prinzipien der Religion entscheidend für Glück oder Unglück. Und er bleibt nicht bei Neil und Marina stehen, sondern bezieht – improvisierend - auch Menschen der umliegenden Bevölkerung, Arme und Leidende beispielsweise, mit hinein.

Es ist wie gesagt ein besonderer Film. Antworten gibt es nicht, nur Fragen.
Aber was für formale Ideen! Wie immer bei diesem Regisseur viele betörende Bilder und Naturaufnahmen, überraschende Momente und Stegreifdarbietungen – sowie faszinierende schauspielerische Szenen. Ben Affleck hat eine wichtige aber sehr weltabgekehrte, fast stumme Rolle. Olga Kurylenko als Marina dagegen lässt voll und ganz das Leben einer jungen Frau aus sich heraussprudeln – die Traurigkeit nicht ausgenommen.

Ein sehenswertes Werk.

Thomas Engel