Tree of Life, The

Zum Vergrößern klicken

Sinnsuche, Familiengeschichte, Erinnerungsfragment. Der neue Film von Regie-Mystiker Terrence Malick ist all das und noch viel mehr. Getragen von sinnlichen, epischen Bildern und ohne eine durchgängige Handlung sucht „The Tree of Life“ Antworten auf elementare Fragen. Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Malick blickt auf den scheinbar ewigen Widerstreit zwischen der Unbarmherzigkeit der Natur und einer gütigen, beinahe gottähnlichen Gnade. Sein Credo ist eindeutig. Beides steckt in uns, beides sind wir. Dafür gab es in Cannes nun völlig zu Recht die „Goldene Palme“.

Webseite: www.tree-of-life-film.de

USA 2011
Regie & Drehbuch: Terrence Malick
Kamera: Emmanuel Lubezki
Darsteller: Brad Pitt, Jessica Chastain, Hunter McCracken, Laramie Eppler, Sean Penn
Laufzeit: 138 Minuten
Verleih: Concorde
Kinostart: 16.6.2011

PRESSESTIMMEN:

Eine überwältigende Kinoerfahrung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Wo komme ich her? Wer bin ich? Was geschieht nach dem Tod? Der neue Film des Regie-Eigenbrötlers Terrence Malick beschäftigt sich mit den großen Fragen der Menschheit - und ist mit großen Stars besetzt. "The Tree Of Life" ist wundersames, mitreißendes und bildgewaltiges Kino.
Der Spiegel

Der ambitionierteste Film seit ’2001 - Odyssee im Weltraum’: In einer Sinfonie berauschender Bilderfolgen stellt sich Terrence Malick anhand der Geschichte einer Kindheit in den Fünfziger-jahren den großen Fragen des Wunders Leben.
Blickpunkt:Film

Ein gewaltig ausgreifen­der Film in vier Kapiteln, für den eine passende Bezeichnung erst noch gefunden werden muss: Essay, Poem, philoso­phi­sche Reflexion, impres­sionistisch-kalei­doskopi­sche Symphonie, deren narrativer Kern um den inneren Monolog eines erfolgreichen Archi­tek-ten kreist, der nach seiner Herkunft, den Brüchen in der Kindheit, Schuld, Gnade und dem Sinn der Existenz fragt.
film-dienst

FILMKRITIK:

Der Anfang und das Ende, das ganz Kleine und das ganz Große, der Einzelne und die gesamte Menschheit. Es scheint nahezu unmöglich, in nur einem Film einen solchen Bogen zu schlagen, der von der Entstehung unseres blauen Planeten bis zu dessen Ende reicht, und doch ist es genau das, was Regie-Mystiker Terrence Malick in seinem jüngst in Cannes mit der „Goldenen Palme“ ausgezeichneten Opus Magnum „The Tree of Life“ versucht. Auch wenn Malicks Faible für das Kontemplative, für meditative Bilder und eine unkonventionelle Erzählhaltung hinlänglich bekannt ist, gelingt es ihm, uns zu überraschen und zu überwältigen. Man ist ganz einfach sprachlos ob der Schönheit und Eleganz dieses Kunstwerks.

Als ein solches lässt es sich nur bedingt anhand der gängigen Kriterien beurteilen. Malicks Film polarisiert – das ließ sich schon in Cannes beobachten, als „The Tree of Life“ Buhrufe aber auch reichlich Applaus erntete –, was allein noch kein Qualitätsmerkmal wäre. Allerdings brennen sich diese 138 Minuten wie kaum ein anderes Werk der letzten Zeit in unser Gedächtnis ein. Mal sind es einzelne Bilder, mal ganze Sequenzen über die uns Malick immer wieder tief in seinen philosophischen Kaninchenbau zieht. Und dort gelten andere Gesetze. Sogar die Schwerkraft scheint mitunter aufgehoben, wenn Jessica Chastain in ihrer Maria-Interpretation engelsgleich über dem Erdboden schwebt und damit eindeutige Assoziationen hervorruft.

Mehrdeutig erscheint vieles von dem, was Malick hier in konsequent ästhetisierten Aufnahmen von Mensch und Umwelt erzählt. Emmanuel Lubezkis Kamera gleitet mehr, als dass sie nur bewegt wird. Dabei geht der Blick stets nach oben, entlang des titelgebenden Baumes in den offenen Himmel, wo manch einer Gott oder eine andere allmächtige Instanz vermutet. Für Malick ist Gott augenscheinlich überall, wobei die Schönheit der Natur für ihn das sichtbarste Indiz seiner Existenz zu sein scheint. Zu sakralen Klängen und klassischer Musik findet der Film zu seinem ganz eigenen Herzschlag. Es ist ein Rhythmus, auf dem man sich zugegeben einlassen muss. Die gehauchten Voice-over-Passagen, in denen losgelöst von der ohnehin nur rudimentär vorhandenen Handlung die Einheit von Mensch und Natur beschworen wird, vervollständigen Malicks Versuchsanordnung.

Das Interessante an „The Tree of Life“ ist, dass der Film dank seiner Stars Brad Pitt und Sean Penn (letzterer nur in einer Nebenrolle) auch außerhalb Malicks Anhängerschaft wahrgenommen werden dürfte. Was aus dieser Begegnung von Filmkunst und Mainstream resultiert, ist spannend und kaum vorhersehbar. Allerdings ist die Gefahr groß, dass Malicks meditativer Symbolschatz vor allem auf Unverständnis und Ablehnung stößt, zu sperrig und speziell ist seine Version vom Anfang und Ende der Zeit. Wenn der Film nach der ersten Begegnung mit der amerikanischen Vorzeigefamilie der O’Briens – ein strenger Vater (Pitt), eine ausgleichende, sanftmütige Mutter (Chastain) und drei lebhafte Söhne – für ein fast halbstündiges, unkommentiertes Intermezzo an den Ursprung unserer Erde samt Vulkanausbrüchen, Meeresrauschen und Dinosaurier zurückspringt, wird nur ein Teil des Publikums gewillt sein, diese faszinierende Reise auch wirklich anzutreten.

Man muss Malicks Mut und Geradlinigkeit bewundern, den Konventionen des Kinos und seiner Vermarktung immer wieder zu trotzen. Doch nur so können letztlich neue Räume entstehen, in denen kein Konformitätsdruck herrscht. „The Tree of Life“ ist trotz aller Größe und Epik jedoch auch ein sehr persönlicher Film, der auf Kindheitserfahrungen aufbaut und diese mit existenziellen Fragen verknüpft. In den bruchstückhaften Impressionen aus dem Amerika der fünfziger Jahre verarbeitete Malick erkennbar eigene Erinnerungen, deren Bedeutung sich für uns nicht immer erschließt. Gleichwohl schafft er es – und das ist kein leichtes Unterfangen – , dass wir in diesen Augenblicken an unsere eigene Jugend und Kindheit zurückdenken, an einzelne Erlebnisse, Bilder, Gerüche. Bis zum Schluss, der alle Charaktere an einem mystischen Strand (das Jenseits?) aufeinandertreffen lässt, bewahrt sich Malicks Film dabei eine überwältigende Sinnlichkeit und Poesie.

Marcus Wessel

Terence Malick ist kein Vielschreiber wie z. B. Woody Allen. Von ihm ist nur alle paar Jahre etwas zu hören. Aber wenn er einen Film abliefert, dann ist es etwas Besonderes. So auch dieses Mal.

50er Jahre. Eine Familiengeschichte wird erzählt. Doch sie wird nicht einfach nur heruntergeleiert, sondern sie wird eingebettet: in die Entstehung des Universums; in die in diesem Zusammenhang geschehenen gewaltigen Naturerscheinungen; in das Leben, „das die Liebe zeugt und umgekehrt“; in die Gottesvorstellung und die daraus abgeleitete „Gnade“; in die Erziehung des Menschen ganz allgemein; in die Menschlichkeit; in Auseinandersetzungen; in schwere Kindertage; in den Tod; in das einstige Ende des Kosmos.

Mrs. O’Brien ist eine herzensgute Frau und Mutter dreier Söhne. Mr. O’Brien besitzt guten Willen und liebt seine Familie zweifellos, hat aber Lebensauffassungen und Erziehungsmethoden, die in eine Sackgasse führen. Jack, der älteste der drei Buben, bekommt darunter am meisten zu leiden. Seine Kindheit ist ein auf und ab.

Mr. O’Briens Einsicht kommt spät, zu spät.

Die Nachricht trifft ein, dass Jack tot ist. Der Schock löst das Leid der Mutter aus, die Erinnerung an das Leben der Familie, die Frage nach der menschlichen Existenz, die Suche im Überirdischen.

All das schafft Bilderwelten: vom Kosmos, von der Natur, von der Historie, vom Überirdischen, vom natürlichen Spiel der Kinder, von den Gesichtern der Menschen.

Ein außergewöhnlicher Film. Bildgewaltig und rätselhaft. Eigenwillig und philosophisch. Real und Surreal. Auch sehr langatmig und zum Teil gekünstelt. Aber wie gesagt ein absolut außergewöhnlicher Film.

Brad Pitt spielt den strengen Vater (auch Koproduzent). Eine für ihn eher ungewöhnliche Rolle, aber gemeistert. Sean Penn ist der erwachsene Jack – hier eine ganz und gar esoterische Erscheinung in einer Gegenwelt zur Vergangenheit der Familie. Jessica Chastain heißt die Schauspielerin, die die Mrs. O’Brien verkörpert – ein frisches Gesicht, aber ein sehr gutes. Ebenso natürlich wie gekonnt das Auftreten von Hunter McCracken als Jack in der Kindheit. Da hatten die Casting-Verantwortlichen Glück.

Thomas Engel