Trip to Asia

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Erneut beschäftigt sich Thomas Grube, Regisseur von „Rhythm is it!“, in einem Dokumentarfilm mit den Berliner Philharmonikern. Strukturierendes Element ist eine Tournee in sechs asiatischen Metropolen, doch „Trip to Asia“ ist weit mehr als ein Reisebericht. Was Grube gelingt, ist weitaus faszinierender: Ein Blick in die fragile Psyche von Orchestermusikern.

Webseite: www.triptoasia.de

Deutschland 2008 - Dokumentation
Regie: Thomas Grube
Buch: Thomas Grube
Kamera: Anthony Dod Mantle, Rene Dame, Alberto Venzago
Schnitt: Martin Hoffmann
Musik: Simon Stockhausen
Mit: Sir Simon Rattle, Berliner Philharmoniker
108 Minuten, Format 1:1,85
Verleih: Piffl
Kinostart: 28. Februar 2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Fast könnte man von einem Genre sprechen: Filme über die Berliner Philharmoniker. Zusammen drehten Thomas Grube und Enrique Sanchez Lansch „Rhythm is it!“, der ein Projekt schilderte, dass die Philharmoniker mit Kindern aus sozial schwachen Familien zusammenbrachte. Sanchez Lansch beschäftigte sich anschließend mit der Vergangenheit der Philharmoniker und zeigte in „Das Reichsorchester“ unter anderem, wie das Orchester zu seiner einzigartigen Form der Selbstbestimmung kam. Dieser besondere Aspekt der Berliner Philharmoniker spielt auch in Thomas Grubes Film eine Rolle. Immer wieder spürt man, wie sich das Orchester und der von ihnen gewählte Dirigent Sir Simon Rattle, aneinander reiben, es sprachliche und musikalische Meinungsverschiedenheiten gibt, die im langen Probenprozess überwunden werden wollen.
 

In diesen Aufnahmen findet der Film zu seinem eigentlichen Thema. Auf einer langen Rundreise von Peking, über Seoul, Shanghai, Hong Kong und Taipeh, bis nach Tokio begleitete Grube das Orchester, zeigt sie in der fremden Umgebung, mit tropischen Temperaturen und unbequemen Stühlen kämpfend, aber auch die enorme Begeisterung der Menschen genießend. Dieser Erfolg, die Bestätigung der langen, harten Arbeit ist für alle Musiker Antrieb und Ziel. Besonders eine Reihe jüngerer Musiker interviewt Grube in der Stille ihrer Hotelzimmer und lässt aus den einzelnen Aussagen langsam etwas entstehen, was man als Portrait eines typischen Musikers bezeichnen könnte.

Von überragendem Talent, in der Schule meist Außenseiter, Ehrgeizig und willens sich zu quälen, all die Einschränkungen in Kauf nehmend, die nötig sind, um aus Talent Erfolg zu machen. Immer wieder spürt man hier die Schwierigkeit der Musiker ihre notwendige Egozentrik zurückzunehmen, um Teil des Ganzen, des Orchesters zu werden. Diese „Suche nach dem Einklang“ – wie auch der Untertitel des Films lautet –, die Suche nach dem Moment, in dem das Orchester nicht mehr aus 120 Individuen besteht, sondern wie ein einziges Wesen klingt kristallisiert sich langsam als eine Art Lebenstraum eines Musikers heraus.

Wie Grube um all diese Fragen kreist, ohne zu plakativen Antworten zu finden, ist eine der großen Stärken der Dokumentation. Ihm gelingt das schwierige Unterfangen, die lose Struktur der Reise durch Asien auch thematisch zu unterfüttern, eine erzählerische Linie in die Aussagen der Musiker zu bringen. Das Ergebnis ist ein eindrucksvoller Dokumentarfilm, nicht nur für Freunde der klassischen Musik.

Michael Meyns