Unsere Erde – Der Film (Earth)

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Vor vier Jahren widmeten sich Alastair Fothergill & Mark Linfield in „Deep Blue“ den Tiefen des Ozeans. Der enorme Erfolg jener Dokumentation ermöglichte ihnen nun die modernsten technischen Möglichkeiten auszunutzen, enormen logistischen Aufwand zu betreiben und einen Nachfolger zu drehen, der visuell atemberaubend ist. Bei aller Begeisterung über die Bilder wirft „Unsere Erde“ allerdings auch grundsätzliche Fragen über die Notwendigkeit auf, Tiere zu vermenschlichen und mit Pathos beladener Musik und einem fragwürdigen Kommentar zu dramatisieren.

Webseite: www.unsere-erde-derfilm.de

Regie: Alastair Fothergill & Mark Linfield
Kamera: viele
Schnitt: Martin Elsbury
Musik: George Fenton
Darsteller: Die Tiere der Welt
Deutscher Kommentar: Ulrich Tukur
GB 2007, 98 Minuten, Format 1:1,85
Verleih: Universum Film
Kinostart: 7. Februar 2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK: 


Wieder einmal stellt eine BBC-Dokumentation alles bisher Gesehene in den Schatten. Das Erfolgsteam der „Deep Blue“-Produktion hat nun die Höhepunkte der zwei Jahre alten BBC-Serie „Planet Erde“  in familienfreundlicher Form versammelt. Von Pol zu Pol verfolgen sie die Tierwelten aus atemberaubenden Höhen und Nahstellungen. Aber diese Anhäufung von Superlativen zu tosender Musik stellt auch ein Problem.  Der  Aufruf zum Schutz des Planeten droht im Spektakel zu verpuffen.

Die Klimakatastrophe zwingt die Nationen zu Kooperation und Transparenz. Nach langen Verhandlungen gewährte Norwegens Regierung dem  BBC-Team Zugang zu den Rückzugsgebieten der Eisbären. Die nepalesische Luftwaffe stellte sogar ein Aufklärungsflugzeug bereit, um den Zug der Paradieskraniche über den Mount Everest aus  10.000 Meter Höhe filmen zu können. Eine derartige Nähe zu den bedrohten Lebewesen fern der Zivilisation hat es noch nicht gegeben.

Beginnend in der Eisregion, 1.200 Kilometer unterhalb des Nordpols, verfolgt die Kamera das Auftauchen einer Eisbärin aus ihrer Schneehöhle und das vorsichtige Herumtappsen ihrer Bärenbabys auf dem  Eis. Aus großer Höhe wird kurz darauf die Jagd eines Wolfes auf ein kleines Karibu in Nordkanada verfolgt. In Zeitlupe, begleitet von klagenden Chören, bringt er es zu Fall. Schnitt. Jagdszenen kommen hier kinderkompatibel ohne einen Spritzer Blut aus, bieten eher überschwängliche Oper als grausame Realität. Zwischendurch schießen Pilze und andere Pflanzen im Zeitraffer aus dem Boden, die Sonne geht auf und unter, Wasserfällte dampfen und das Polarlicht gleist.

Der ulkige Balztanz eines Paradiesvogels sorgt für kabarettistische Momente, dann durchforsten Elefanten die Kalahari-Wüste und plantschen  anschließend im  Fluß. Die Unterwasserkamera bringt die riesigen Tiere leinwandfüllend auf Augenhöhe, sozusagen als Badegenossen. Szenen wie diese scheinen für ein 3D-Kino gemacht zu sein. Es folgen Löwen, die in der Nacht eine Elefantenherde anfallen, die Gesänge der Buckelwale, ein weißer Hai, der, wiederum in theatralisch zelebrierter Zeitlupe, eine Pelzrobbe aus den Fluten wirft und ein Eisbär, der sich unter  voluminöse Walrösser drängelt, um  eines ihrer Jungen zu erlegen. Zum Schluss schwimmt er durchs Eismeer und tastet vergeblich nach einer tragfähigen Scholle. „Der Eisbär ist zum Symbol für den Zustand unseres Planeten geworden“, verkündet die pädagogisch engagierte Sprecherstimme (von Ulrich Tukur). Im Gegensatz zu diesen Einsichten sind die Ansichten einfach umwerfend.

Alleine die Logistik beeindruckt: 40 Kamerateams filmten  an 200 Schauplätzen über fünf Jahre lang, darunter 250 Tage in der Luft. Bei den Aufnahmen der Eisbären mit 800-Zoom-Objektiven bei minus 30 Grad Celsius drohte die Augenhöhle des Kameramannes am Sucher festzufrieren. Die Jagdszenen  wurden mit 2000 Einzelbildern pro Sekunde festgehalten, um die Bewegungsabläufe in „super slow  motion“ zu präzisieren.

Fast jede Szene wirkt in ihrer Komprimierung wie ein Trailer für den ganzen Film. Dazu wogt unermüdlich ein Klangteppich, der wie schon für „Deep Blue“  von den Berliner Philharmoniker eingespielt wurde. Keine Sekunde kommt ohne Großartigkeit aus. Die Panoramen  spannen sich oft so weit, dass die Erdkrümmung zu erkennen ist. Wie bedroht die Fauna unseres Heimatplaneten ist, führt diese Dokumentation spektakulär vor. Ebenso, dass realer Überlebenskampf und Unterhaltung  Hand in Hand gehen können.

DOROTHEE TACKMANN

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Es ist zwar gewiss nicht so, dass es einen Mangel an Tierdokumentationen in Film und Fernsehen geben würde, aber was die für den BBC arbeitenden Briten Alastair Fothergill & Mark Linfield in „Unsere Erde – Der Film“ (Wer Bitte denkt sich so einen Titel aus?) zeigen, stellt fast alles bisher Gesehene in den Schatten. Gut 40 Millionen Euro hat der Film gekostet, 40 Kamerateams filmten an über 200 Drehorten auf der ganzen Welt und hatten dabei die neueste technische Ausrüstung, von extrem langen Linsen bis zu hochauflösendem digitalem Filmmaterial zur Verfügung. All das nutzten sie zu erstaunlichen Aufnahmen. In Superzeitlupe sieht man da etwa, wie ein Gepard eine Antilope verfolgt, ihr näher kommt und sie schließlich in einer fast zärtlichen Bewegung in den Hals beißt. Ebenfalls in Afrika beobachtet man per Nachtsichtgerät, wie eine Herde Löwen sich an eine Gruppe Elefanten ranmacht, sich ein Junges aussucht, es von den Muttertieren trennt und immer wieder anspringen. Doch keine Sorge. Bevor es wirklich grausam wird, blendet sich der Film aus. Eine etwas befremdliche Haltung, betont der Film doch – gerade in seinem dramatischen Kommentar – immer wieder den grausamen Kampf ums Überleben in einer wilden, harschen Natur. Glaubt man den spärlichen Informationen, die der Film liefert, sind Tiere praktisch ihr ganzes Leben damit beschäftigt, sich gegen stärkere Arten zur Wehr zu setzen bzw. schwächere zu jagen. Hier zeigt sich eine der fragwürdigen Tendenzen neuerer Dokumentationen dieser Art. Es reicht offenkundig nicht mehr aus einfach Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu zeigen, sie in allen Aspekten ihres Daseins zu beobachten. Heutzutage wird auch vom Tierfilm Action gefordert und die liefert eben besonders die Jagd. Nun sind das fraglos faszinierende Aufnahmen, aber eben nur ein Teil des Ganzen. Doch soviel Zeit darf eben nicht sein. Kaum ist die eine Jagd vorbei, springt man zur nächsten Region, zur nächsten Tierart und häufig eben zur nächsten Jagd.
-----------------------------------------------------------------------------------------------Es ist zwar gewiss nicht so, dass es einen Mangel an Tierdokumentationen in Film und Fernsehen geben würde, aber was die für den BBC arbeitenden Briten Alastair Fothergill & Mark Linfield in „Unsere Erde – Der Film“ (Wer Bitte denkt sich so einen Titel aus?) zeigen, stellt fast alles bisher Gesehene in den Schatten. Gut 40 Millionen Euro hat der Film gekostet, 40 Kamerateams filmten an über 200 Drehorten auf der ganzen Welt und hatten dabei die neueste technische Ausrüstung, von extrem langen Linsen bis zu hochauflösendem digitalem Filmmaterial zur Verfügung. All das nutzten sie zu erstaunlichen Aufnahmen. In Superzeitlupe sieht man da etwa, wie ein Gepard eine Antilope verfolgt, ihr näher kommt und sie schließlich in einer fast zärtlichen Bewegung in den Hals beißt. Ebenfalls in Afrika beobachtet man per Nachtsichtgerät, wie eine Herde Löwen sich an eine Gruppe Elefanten ranmacht, sich ein Junges aussucht, es von den Muttertieren trennt und immer wieder anspringen. Doch keine Sorge. Bevor es wirklich grausam wird, blendet sich der Film aus. Eine etwas befremdliche Haltung, betont der Film doch – gerade in seinem dramatischen Kommentar – immer wieder den grausamen Kampf ums Überleben in einer wilden, harschen Natur. Glaubt man den spärlichen Informationen, die der Film liefert, sind Tiere praktisch ihr ganzes Leben damit beschäftigt, sich gegen stärkere Arten zur Wehr zu setzen bzw. schwächere zu jagen. Hier zeigt sich eine der fragwürdigen Tendenzen neuerer Dokumentationen dieser Art. Es reicht offenkundig nicht mehr aus einfach Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu zeigen, sie in allen Aspekten ihres Daseins zu beobachten. Heutzutage wird auch vom Tierfilm Action gefordert und die liefert eben besonders die Jagd. Nun sind das fraglos faszinierende Aufnahmen, aber eben nur ein Teil des Ganzen. Doch soviel Zeit darf eben nicht sein. Kaum ist die eine Jagd vorbei, springt man zur nächsten Region, zur nächsten Tierart und häufig eben zur nächsten Jagd.
Lose Struktur ist die Entfernung vom Südpol, an dem der Film seinen Ausgang nimmt. Hier beobachtet man Eisbären, eine Tierart, die besonders an den Folgen der Erderwärmung leidet. Die Zerstörung der Natur durch den Menschen, die Folgen von Industrialisierung oder dem Vormarsch der Wüsten soll offenbar ein Thema des Films sein, bleibt aber über weite Strecken außen vor. Allein zum Ende, wenn man angesichts der Schönheit des zuvor gezeigten ohnehin kurz davor ist zukünftig ein klimaneutrales Leben zu führen und seine Zeit mit dem Schutz der Umwelt zu verbringen, darf man noch eine lange Tirade wider den Klimawandel hören. Es ist der passende Abschluss eines zwiespältigen Erlebnisses. Auf visueller Ebene ist „Unsere Erde“ kaum zu überbieten, zeigt Dinge, die man als gewöhnlicher Reisender nie zu sehen bekommen wird. Auf der anderen Seite steht die Tonspur. Angefangen von der bombastischen Orchestermusik, die jede Regung eines Tiers zum dramatischen Ereignis stilisiert, über den Ton, der jedes kleine Fiepsen und Fauchen basslastig übersteigert, bis zum Kommentar, der das Verhalten der Tiere oftmals vermenschlicht und vor lauter Begeisterung über das Gezeigte fast in einen fragwürdigen Kreationismus abgleitet. Ist das wirklich nötig? Würden die Bilder nicht ausreichen, unterlegt mit dezenter Musik und einem informativen Kommentar, nicht aus? In dieser mit Events und Superlativen überfluteten Zeit offenbar nicht mehr.

Michael Meyns

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Dokumentarfilme über Regionen unseres Planeten gibt es im Fernsehen zuhauf, praktisch täglich. Aber dass man für die Kinoleinwand noch Großartigeres zustande bringen kann, beweist dieser Film. Der Aufwand war aber auch gewaltig: fünf Jahre Produktionszeit, 200 Drehorte, Szenen aus 26 Ländern, 250 Tage Luftaufnahmen, tausende Stunden Filmmaterial.

Das Ergebnis ist frappant. Man bekommt wirklich Aufnahmen und Geschehnisse zu sehen, die es bis jetzt über welches Medium auch immer nicht gab. Natur pur – und natürlich Technik: Hochgeschwindigkeitskameras, Computereffekte, Zeitraffer, Zeitlupe. Es hat sich gelohnt.

Die Sonne diente dem Team als Reiseführer, heißt es. Vom Nordpol über die Waldlandschaften 2000 km südlich davon, über den Himalaja und den Äquator, über die Regenwälder bis zu den Wüsten der südlichen Erdhalbkugel geht die Reise.

Eisbären, Wölfe, Karibus, Leoparden und Löwen, Elefanten – die Ozeane nicht zu vergessen mit ihren Buckelwalen und dem weißen Hai, natürlich auch jede Menge Vögel. Nicht weniger als 31 Tierarten sind zu bewundern.

Sie wandern, sie jagen, sie fressen sich, sie suchen Wasser, sie wollen überleben. Oder sie spielen ganz einfach.

Nahaufnahmen, Unterwasseraufnahmen, Luftaufnahmen einiger der schönsten Landschaften des Planeten, von den höchsten Gebirgsketten bis zu den größten Wasserfällen und den trockensten Wüsten. Modernste Technik machte das Gesehene und Geschehene nur noch stärker, präsenter und eindrucksvoller.

Da darf auch die Mahnung nicht fehlen, dass wir mit unserer Erde sorgfältiger und gewissenhafter umgehen müssen. Dem kann man nur zustimmen.

Dokumentarfilm über unseren Planeten. Aber wirklich etwas Besonderes.

Thomas Engel