Vergiss dein Ende

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Demenzerkrankung, der Verfall eines geliebten Menschen - keine einfachen Themen für einen Spielfilm. Wie allzu viele Hochschulabschlussfilme versucht auch Andreas Kannengießer in seinem Drama, nicht einfach nur eine gradlinige Geschichte zu erzählen, sondern gleich mehrere, die durch eine verschachtelte Konstruktion manches an Kraft verlieren. So bleiben am Ende des Dramas vor allem die starken Schauspieler, angeführt von Renate Krößner, in Erinnerung.

Webseite: www.basisfilm.de

Deutschland 2011
Regie: Andreas Kannengießer
Buch: Nico Woche
Darsteller: Renate Krößner, Dieter Mann, Hermann Beyer, Eugen Krößner, Martin Seifert, Nadine Pasta
Länge: 94 Minuten
Verleih: Basis-Film Verleih
Kinostart: 22. September 2011

PRESSESTIMMEN:

Ein schonungslos ehrlicher, sensibel inszenierter Film über ein unterrepräsentiertes Thema.
Blickpunkt:Film

Wie schwer es ist, mit einem dementen Ehemann zu leben, wurde trotz der Fülle der Demenzfilme der letzten Jahre selten so unabweisbar klar wie in Andreas Kannengießers "Vergiss dein Ende". Er erzählt in leisen, landschaftsverliebten Einstellungen die Geschichte einer Flucht: Hannelore verlässt nach Jahren aufopfernder Sorge um ihren Mann die Wohnung und folgt ihrem Nachbarn Günther in dessen Ferienhaus am Meer. Als sie zurückkehrt, weiß nicht nur ihr Sohn Heiko, was es bedeutet, den Vater rund um die Uhr zu betreuen, sondern auch Hannelore trifft die Entscheidung, die sie treffen muss, um nicht vor die Hunde zu gehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der Regisseur Andreas Kannengießer, Student an der Hochschule für Film
und Fernsehen in Potsdam , befreit sich durch eine raffinierte Montagetechnik von
der chronologischen Erzählstruktur. Das macht diesen Diplomfilm zusammen mit den
fantastischen Schauspielern zu einem außergewöhnlichen und ergreifenden cineastischen
Erlebnis.
Die Zeit Online


Fern jeder Sentimentalität leuchtet „Vergiss Dein Ende“ gerade in den schmerzhaftesten und scheinbar hässlichsten Momenten und strahlt, wenn sich seine vom Leben verletzten Helden schrankenlos ihren Gefühlen ausliefern, eine Herzenswärme aus, die zu Tränen rührt.
Jurybegründung Studio Hamburg Nachwuchspreis

Ein Sozialdrama reinen Wassers, eine grau-bleierne, schonungslos bittere Realitätsabbildung, die zwischen viel Not und Elend vage Hoffnung schöpfen lässt. Zudem ist der Film ein wunderbares Beispiel für genau erarbeitetes, exzellent gespieltes deutsches Schauspielerkino. Das Spielfilmdebüt von Andreas Kannengießer, seine Abschlussarbeit an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam, verfügt mit Renate Krößner, Hermann Beyer und Eugen Krößner über begnadete Darsteller... Kannengießer tat gut daran, den Schauspielern viel Raum zur Gestaltung zu lassen. Seine geschickte Montage, die mühelos zwischen verschiedenen Zeitebenen hin- und herspringt, unterstreicht den Anspruch auf Könnerschaft. Das bemerkenswerte Debüt ist ein mit genauem psychologischen Blick erfasstes Drama, das für jeden Zuschauer zum Vergnügen werden kann, der Schauspieler bei der Ausübung ihrer Kunst sehen möchte.
film-dienst

FILMKRITIK:

Mit der steigenden Zahl alter Menschen in unserer Gesellschaft steigt auch die Zahl der Alzheimer-, Parkinson- oder Krebserkrankungen. Diese Alterskrankheiten werden so auch zunehmend ein Thema fürs Kino. Wobei verstärkt nicht nur der Kranke selbst im Mittelpunkt der Filme steht, sondern die ihn umgebenden Menschen. Nicht mehr nur die Krankheit selbst wird thematisiert, sondern auch die Folgen der Krankheit auf das Umfeld, die Angehörigen des Kranken. Auf diese Weise nähert sich Andreas Dresen in seinem demnächst startenden Film „Halt auf freier Strecke“ dem Thema Gehirntumor, ähnlich tut es auch Andreas Kannengießer in seinem Hochschulabschlussfilm „Vergiss dein Leben“.

Hier ist es das seit 40 Jahren verheiratete Ehepaar Hannelore (Renate Krößner) und Klaus (Hermann Beyer), das unter Klaus' schwerer Alzheimer-Erkrankung leidet. Nach Jahren der aufopferungsvollen Pflege erträgt Hannelore nicht mehr, dass ihr Mann sie kaum noch erkennt, sie bisweilen aggressiv behandelt und konstante Aufmerksamkeit verlangt. So nimmt sie eines Tages Reißaus, verlässt einfach die Wohnung und folgt ihrem Nachbarn Günther (Dieter Mann) auf die Insel Rügen. Der ist zunächst wenig begeistert von der Anwesenheit Hannelores, da er selbst mit dem Verlust eines geliebten Menschen zu kämpfen hat: Sein Lebensgefährte Bernhard (Martin Seifert) ist vor kurzem an Krebs gestorben und so hat Günter beschlossen seinem Leben ein Ende zu setzen und Selbstmord zu begehen. Doch die Umstände zwingen den eigenbrötlerischen Mann dazu, sich um Hannelore zu kümmern, die sich in einer Kneipe betunken hat und am morgen völlig hilflos ist. Das Günther homosexuell ist, verhindert die erotische Annährung des unfreiwilligen Paares und macht sie zu rein platonischen Leidensgenossen, die sich gegenseitig Halt in ihrer schwieriger Lage geben.

Besonders die Szenen zwischen Renate Krößner und Dieter Mann auf Rügen überzeugen, wenn sich die beiden verzweifelten Menschen langsam öffnen, von ihrem jeweiligen Leid zu berichten beginnen. Hier verlässt sich der Film ganz auf seine Darsteller, lässt ihnen Raum, die Schwierigkeit auszudrücken, mit dem Tod bzw. der schweren Krankheit eines geliebten Menschen umzugehen.

Bedauerlicherweise war dies Drehbuchautor Nico Woche und Regisseur Andreas Kannengießer offenbar nicht genug, die nicht nur eine arg verschachtelte Erzählstruktur gewählt haben, die zwischen Erinnerungen und Gegenwart hin und her springt, sondern auch noch der Nebenfigur von Hannelores Sohn viel Platz einräumen, der mit eigenen Problemen zu kämpfen hat. Etwas überfrachtet wirkt „Vergiss dein Leben“ dadurch, allzu viele Nebenschauplätze lenken von der eigentlichen Geschichte um Hannelore und Günther ab. Deren starke Darsteller hätten eigentlich ausgereicht, um das Thema Umgang mit einer schweren Krankheit anschaulich und mitfühlend umzusetzen.

Michael Meyns

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