weiße Planet, Der

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Eine Oper aus der Arktis nennen die drei französischen Regisseure von „Der weiße Planet“ ihren kurzweiligen Dokumentarfilm, der gespickt ist mit beeindruckenden Tier- und Naturaufnahmen aus dem hohen Norden. Herausgekommen ist zwar ein lehrreicher Vortrag über verschiedene Tierwelten und den bedrohlichen Klimawandel, der in seiner Gewöhnlichkeit aber lediglich die Qualität eines TV-Infofilms besitzt.  

Webseite: www.bacfilms.com/site/planeteblanche/

O: Le Planète Blanche
Regie: Jean Lemire, Thierry Piantanida, Thierry Ragobert
Buch: Stéphane Milliere
Thierry Piantida
Kamera: Martin Leclerc, Marc Gadoury, Didier Noirot
Verleih: Concorde
Start: 28.12.2006

PRESSESTIMMEN:

Ein majestätisches Filmerlebnis: Die von Thierry Piantanida und Thierry Ragobert in jahrelanger Arbeit unter größten Schwierigkeiten am Nordpol realisierte Doku ist ein Testament des Überlebens unter größten Schwierigkeiten. Die unglaublichen Bilder werden begleitet von einer wissenschaftlich informativen Erzählung.
Blickpunkt:Film

FILMKRITIK:

Alte Regel: Tiere öffnen die Herzen. Luc Jacquet überraschte im letzten Jahr die Filmwelt als er sich auf „Die Reise der Pinguine“ begab und sich mit seinem gleichnamigen Dokumentarfilm über die antarktischen Tiere wochenlang an der Spitze internationaler Kinocharts zu halten vermochte.

Auf einen ähnlichen Erfolg hoffen nun die drei Franzosen Jean Lemire, Thierry Piantanida und Thierry Ragobert, die sich auf die Spitze der anderen Erdhälfte konzentriert haben, die Arktis. Fast ein gesamtes Jahr filmten sie die Lebensräume von verschiedenen Tieren, die allesamt aufgrund der globalen Erwärmung in ihrer Existenz bedroht werden.

Der Film beginnt mit der Geburt zweier Eisbärenbabys, die von ihrer Mutter 100 Tage lang in einer Art Erdloch gehegt, gepflegt und aufgepäppelt werden, bevor sie gemeinsam an die Oberfläche klettern und zum ersten Mal auf Nahrungssuche gehen. Als wahre Delikatesse stellt sich ein Robbenjunges heraus, das unter den Eisbären familiär geteilt wird. Das weiße, blutverschmierte Fell wird fürsorglich sauber geleckt. Die seltsam anmutende Klappmütze – ein Meeressäuger, der einem Miniaturwalross ähnelt – würde sich hervorragend als Nachtisch anbieten, wäre da nicht die knallrote Mütze auf seinem Kopf, der sich wie ein Blasebalg bedrohlich aufbläst und damit die Eisbärenmutter und ihren Jungen gehörig einschüchtert.

Doch die Kamera folgt auch Wölfen bei ihrer Jagd, die es auf ein junges Karibu, ein Moschusrindkälbchen abgesehen haben. Oder zeigt einen tüchtigen Fuchs, der seinen Wintervorrat mit einem überdimensionalen Vogelei bereichert, wie auch Belugas und Narwale, die in großen Schwärmen und nur knapp unter der Wasseroberfläche friedlich vor sich hintreiben. Begleitet werden die beeindruckenden Bilder von den Originalstimmen des Inuit-Stammes, die dem Film noch mehr Ursprünglichkeit verleihen.

Bei aller Bildgewalt und aufklärerischen Diskursen zum Thema Klimawandel, bleibt der fade Beigeschmack dies alles schon zig Mal bei gewöhnlichen Tierdokumentationen auf Discovery Channel und ähnlichen Tier- und Natur-TV-Kanälen gesehen zu haben. Der Ansatz, einen umfassenden Überblick über die Arktis zu geben, heißt leider auch an der Oberfläche zu bleiben. Mehr kann „Der weiße Planet“ denn auch nicht liefern, als einen raschen Überblick über die Lebensbedingungen der Arktisbewohner. Ein kurzweiliger Film, der ungewollte viel zu schnell wieder im Gedächtnis verblasst, weil er es verpasst, Schwerpunkte zu setzen, die nachhaltig in Erinnerung bleiben. Im Vergleich mit „Der Reise der Pinguine“ zieht diese Arktisdoku deshalb eindeutig den Kürzeren.

David Siems