Wer’ s glaubt, wird selig

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Wunder gibt es immer wieder. So sang in den 70er Jahren Katja Ebstein. Die Bewohner des bayerischen Bergdorfs Hollerbach sind in Marcus H. Rosenmüllers Komödie ebenfalls dieser Auffassung. Nichts weniger als eine Heiligsprechung soll es sein, die dem wegen Schneemangel in Vergessenheit geratenen Skiort Auftrieb geben soll. Bei den sich überschlagenden Ereignissen in diesem Bauerntheater, Provinzposse und Religionssatire vereinenden Komödienstadl stürmt Christian Ulmen als „Zuagroaster“ vorneweg. So mancher mag da ein Kreuz schlagen - mit ihrer Doppelbödigkeit, ihrem Tempo und dem schrägen Humor aber trifft die Inszenierung ins Schwarze.

Webseite: www.wers-glaubt-wird-selig.de

Deutschland 2012
Regie: Marcus H. Rosenmüller
Mit Christian Ulmen, Marie Leuenberger, Nikolaus Paryla, Lisa Maria Potthoff, Fahri Yadim, Hannelore Elsner, Simon Schwarz, Maximilian Schafroth, Max von Thun u.v.m.
Länge: 105 Minuten
Verleih: Constantin Film
Kinostart: 18.8.2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Vermutlich wird es immer so sein, dass alle Filme, die der arbeitsame Marcus H. Rosenmüller fertig stellt, sich an seinem Erstling „Wer früher stirbt ist länger tot“ aus dem Jahr 2006 messen lassen müssen. Die damalige Mischung aus persönlichem Schicksal, seelischen Nöten, charmanten Darstellern und einem teilweise kritischen, teilweise auch augenzwinkernden Blick auf die Themen Religiosität und Glaube wird nun in „Wer’s glaubt, wird selig“ auf ähnlichem Niveau erreicht. Dass in der bayerischen Komödie nicht nur Mundart gesprochen wird (und der Film somit nicht nur für Süddeutschland Potenzial hat), dafür sorgt Christian Ulmen.

Sein Georg weilte einst zum Skifahren in Hollerbach. Die Liebe zu Emilie (Marie Leuenberger) ließ ihn bleiben und Hüttenwirt werden. Doch seitdem es im voralpinen Skigebiet nicht mehr schneit, ist das Dorf in einen Dornröschenschlag verfallen. Auch die Beziehung zwischen Emilie und Georg hat gelitten. Doch ausgerechnet in jener Nacht, in der die beiden nach langer Beischlafabstinenz wieder gemeinsam unter der Bettdecke kuscheln, fällt durch das Getolle ein Jesuskreuz in der Nachbarstube von der Wand und erschlägt Georgs dort betende Schwiegermutter Daisy (Hannelore Elsner). Aus dem Unglück will Georg nun Kapital schlagen. Heimlich reist er zum Papst nach Rom, um sich dort für eine Heiligsprechung stark zu machen. Denn wäre Hollerbach erst einmal Wallfahrtsort, dann ginge es wieder aufwärts mit dem Tourismus.

Die dafür notwendigen Wunder werden von der sich in Existenznöten fühlenden Dorfgemeinschaft generalstabsmäßig geplant, im Showdown bündeln sich schließlich auch einige während des Films angerissene Nebenhandlungen. In denen kommt es zu Verwechslungen durch einen Zwillingsbruder des vom Vatikan zur Überprüfung der Wunder beauftragten Paters (Fahri Yardim aus „Almanya“), hängt Emilies Schwester Evi (Lisa Maria Potthoff) ihre kurze Vergangenheit als Pornodarstellerin nach und wird geklärt, was den Papst (Nikolaus Paryla) persönlich mit Hollerbach verbindet.

So schwarz und makaber wie kürzlich „Was weg is, is weg“ vom früheren Rosenmüller Autor Christian Lerch ist „Wer’s glaubt, wird selig“ zwar nicht, so manche Wendung oder Prämisse wirkt nüchtern betrachtet aber dennoch ordentlich übersteigert. Doch charmante, von Beginn an auf Übertreibung setzende Komödien dürfen das. Vor allem, wenn es einem Regisseur wie Marcus H. Rosenmüller gelingt, so konträre Situationen wie Beten und Beischlaf in einer Szene so gekonnt gegeneinander zu setzen wie hier. So manchen Moralapostel wird das sicher auf die Palme treiben, die Doppelmoral bayerischen Lebens bringt er damit und mit seinen feinen, witzigen und wahren Dialogen aber bestens auf den Punkt. Klar ist auch (und auch wenn’s manchmal weh tut), dass dorftrottelige Slapstickmomente in einem solchen Film nicht fehlen dürfen. Rosenmüller inszeniert sie jedoch nicht mit der Holzhammermethode, sondern gekonnt lustig.

Christian Ulmen fügt sich in das aus bekannten und bewährten mundart-versierten Rosenmüller-Darstellern bestehende Ensemble insofern gut ein, weil er als Komiker weiß, wie er sein Publikum zum Lachen bringt. Er agiert hier zudem mit seinem naiven norddeutschen Ungedulds-Zappelphilipp-Gehampel als mentalitätsgeprägter Gegenpol zur gemütlichen bayerischen Lebensart. Manche Situation mag dadurch vielleicht etwas deftiger und derber erscheinen. Wohl auch deshalb, weil im Unterschied zu „Wer früher stirbt ist länger tot“ nicht in Traumwelten oder surreale Szenen abgeschweift wird, sondern verrückte Wirklichkeiten auf ihre wundersamen, nicht immer nur verhehrenden Folgen abgeklopft werden und eben auch die Liebe zum Zug kommt. Wunder, so heißt es am Ende, seien Zeichen aus einer Verbindung zu einer Welt, die über die normale Vorstellungskraft hinausgeht. Diese Aussage lässt sich auch auf diesen Film übertragen.

Thomas Volkmann

Hollerbach, ein bayerisches Dorf. Es liegt hoch im Vorgebirge, aber nicht hoch genug. Es schneit nicht mehr, der Skilift steht still. Was ist die Ursache? Ist Petrus schuld oder gar Gott selbst?

Georg und Emilie schlafen nach längerer Zeit wieder einmal so heftig miteinander, dass im Nebenzimmer ein schweres Kreuz wackelnd von der Wand fällt und Emilies ultrareligiöse betende Mutter Daisy erschlägt.

Rechtzeitig vor dem Begräbnis kommt Georg eine vielleicht rettende Idee. Weil Daisy so unerhört fromm war, könnte man doch versuchen, sie vom Papst heilig sprechen zu lassen. Dann kämen Fromme, Touristen, Pilger, Neugierige nach Hollerbach. Die würden genug einkaufen, und so ginge es dem Dorf wieder gut.

Für eine Heiligsprechung müssen jedoch zwei gestandene Wunder her. Georg und seine Freunde grübeln. Das erste Wunder wird gefunden. Daisy muss auf geheimnisvolle Weise verschwinden – und wieder auferstehen. Alles wird von den Kumpels perfekt manipuliert.

Das zweite Wunder. Georg soll den Supermarkt überfallen und mit Platzpatronen auf den Polizisten Hartl schießen. Der muss scheinbar tot umfallen. Dann soll zur „heiligen Daisy“ gebetet werden – und prompt ist Hartl wieder auf den Beinen.

Generalstabsmäßig wird alles vorbereitet; jeder hat seine Rolle. Dann aber kommen jene Zwischenfälle, die aus etwas Perfektem etwas Unperfektes machen. Ein dramatisch-lustiges Tohuwabohu entsteht.

Der Papst selbst kommt mit seinen Adjutanten nach Hollerbach, um nach dem Rechten zu sehen. Aus der Heiligsprechung kann aus guten und vom Papst gescheit erläuterten Gründen aber nichts werden.

Ein typischer Rosenmüller, und zwar ein köstlicher. Ideen, fromme Sprüche, Dialogwitz, temporeiche Handlung. Auch der Klamauk und das Klamottige fehlen keineswegs. Doch man kann darüber lachen. Er scheint ein fähiger Regisseur zu sein, denn auch seine Schauspieler animieren. Man spürt dies besonders bei Christian Ulmen (Georg), Marie Leuenberger (Emilie) und Lisa Maria Potthoff (Emilies Schwester in einer sexy Rolle), aber auch bei der ganzen Kumpelschar.

Und es geht bei weitem nicht nur um reine Komik. Es sind auch ein paar höchste Aufmerksamkeit verdienende Gedanken dabei: über Frömmigkeit, Glaube, Wunder und religiöse Gleichgültigkeit.

Es ist ein bayerischer Film, doch es wird nach der Schrift gesprochen. Also für alle.

Eine köstliche Komödie darüber, wie versucht wird, den Herrgott auszutricksen.

Thomas Engel