Die 1000 Euro Generation

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Generation Praktikum, kreatives Prekariat: Nur zwei der Begriffe, die eine Lebenssituation beschreiben, die in den westlichen Industrieländern längst Alltag geworden ist: Gut ausgebildete Menschen um die 30, die dennoch von wenig Geld leben. Genau diese Generation beschreibt Massimo Venier in seiner schönen Komödie „Die 100 Euro-Generation“, die zwar in Italien spielt, aber exemplarische Qualität hat.

Webseite: www.kairosfilm.de

Generazione mille Euro
Italien 2009
Regie: Massimo Venier
Buch: Massimo Venier, Federica Pontremoli
Darsteller: Alessandro Tiberi, Valentina Lodovini, Carolina Crescentini, Francesco Mandelli, Franceso Brandi
Länge: 101 Minuten
Verleih: Kairos
Kinostart: ab Ende Juli

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Matteo (Alessandro Tiberi) ist um die 30, gelernter Mathematiker, der am liebsten eine Uni-Karriere einschlagen würde. Doch an der Uni sind die Stellen ebenso rar wie im Rest des Landes, mehr als ein unbezahlter Lehrauftrag ist für Matteo nicht drin. Sein Geld verdient er eher lustlos bei dem spanischen Telefonanbieter Alice, wo er eine befristete Stelle hat, die bald abläuft. Ob sein Vertrag verlängert wird steht in der Sternen, das Leben Matteos könnte also rosiger sein. Zu allem Überfluss verlässt ihn auch noch seine langjährige Freundin und die Altbau-WG, die Matteo mit seinem Freund Francesco teilt hat auch schon bessere Tage erlebt.

Unbestimmt, ziellos, nicht nur finanziell auf des Messers Schneide. So in etwa lässt sich die Situation Matteos zu Beginn des Films beschreiben und zumindest äußerlich wird sich daran auch am Ende nichts geändert haben. Was Massimo Venier in seiner Komödie „Die 1000 Euro-Generation” beschreibt, ist der Lebenszustand einer Generation. Prägendes Merkmal ist die Schwierigkeit sich damit abzufinden, trotz jahrelangem Studiums und zahllosen Praktika keine feste Stelle zu haben, sich mit schlecht bezahlten Jobs, oft als Freiberufler durchzuschlagen und dabei kaum mehr zu verdienen, als zum Leben ausreicht. Doch ein Leben am Rande des kapitalistischen Systems hat auch seine Vorteile, bietet Freiheit und Raum, die man in einer 60,70 Stunden Woche nicht genießt. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich Matteo, zwischen diesen beiden Lebensmöglichkeiten muss er sich entscheiden, repräsentiert durch zwei Frauen. Das ist zwar nicht die subtilste Möglichkeit, aber sie funktioniert vor allem deshalb, weil Venieri genug Selbstironie mitbringt, um weder die eine, noch die andere Position pauschal zu propagieren.

Auf der einen Seite, man könnte sie die kapitalistische, Karriere bewusste nennen, steht Angelica, eine sehr attraktive, blonde Frau aus der Marketingabteilung. Sie nimmt Matteo mit auf eine Geschäftsreise nach Barcelona, wo er in die schnelle, glatte Welt der Geschäftsreisenden reinschnuppern darf, die geprägt von viel Geld, teuren Restaurants und edlen Boutiquen ist. Auf der anderen Seite steht Beatrice, die neue Mitbewohnerin von Matteo und Francesco: Brünett, angehende Lehrerin, bodenständig. Sie verkörpert eine Welt, die weniger an materiellen, als an ideellen Werten interessiert ist, in der Geld und Erfolg nicht alles ist. Welche Position der Film bevorzugt, für welche Frau sich Matteo entscheidet ist unschwer zu erkennen, ist „Die 1000 Euro-Generation“ doch ein typischer Vertreter eines sozialkritischen, linken Kinos.

Dass Venieris Film jedoch nicht in einfache Kapitalismuskritik verfällt liegt vor allem an der schon angesprochenen Selbstironie, mit der die oft betont engagiert wirkenden linken Position hinterfragt werden. Kein Traktat für oder gegen diese oder jene Lebensweise ist „Die 1000 Euro-Generation“, sondern eine pointiert geschriebene Darstellung einer Lebenssituation, in der sich in Italien, aber auch im Rest der westlichen Welt, zunehmend viele Menschen um die 30 wieder finden.

Michael Meyns

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