Willkommen bei den Scht’is

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Eigentlich eine ganz einfache, schlichte Geschichte über kulturelle Missverständnisse, aber Dany Boons „Willkommen bei den Sch’tis“ hat sich in Frankreich zu einem kulturellen Phänomen entwickelt. Sagenhafte 20 Millionen Zuschauer haben den Film seit seinem Start Ende Februar gesehen, nur die „Titanic“ war erfolgreicher. In diese Sphären wird der Film in Deutschland sicher nicht vordringen, aber die universelle Thematik der Geschichte, die Boon mit zum Teil überraschendem Witz anreichert, dürfte auch hier viele Freunde finden.

Webseite: www.willkommen-bei-den-schtis.de

Frankreich 2008
Regie: Dany Boon
Buch: Dany Boon, Alexandre Charlot, Franck Magnier
Darsteller: Kad Merad, Dany Boon, Zoé Félix, Anne Marivin, Philippe Duquesne, Guy Lecluyse, Patrick Bosso
Länge: 106 Minuten, Format: 1:2,35
Verleih: Prokino
Kinostart: 30. Oktober 2008

PRESSESTIMMEN:

"Ein echtes Kinovergnügen!"
ZDF Heute Journal

"Eine liebenswert-charmante Wohlfühl-Komödie."
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Während er in Frankreich durch etliche Kinorollen und Auftritte als Stand-Up Komiker schon seit längerem ein Star ist, fiel er in Deutschland vor allem mit seiner Rolle als herzensguter Taxifahrer in Patrice Leconte „Mein bester Freund“ auf. Dort spielte er einen schlichten Mann, der einem arroganten Kunsthändler beibringt, was im Leben wirklich zählt. „Willkommen bei den Sch’tis“ ist letztendlich exakt die gleiche Geschichte, ein wenig gefälliger und weniger bösartig. 

Wieder ist es ein leicht snobistischer Mann, der auf drastische Weise von seinen Vorurteilen geheilt wird. Der Konflikt findet diesmal jedoch nicht zwischen unterschiedlichen Schichten in Paris statt, sondern zwischen dem südlichen Frankreich und dem Norden. Zwar dürften nur dem frankophilen Zuschauer die Details dieser Aversion bekannt sein, dem Verständnis des Films tut dies keinen Abbruch. Denn Boon erzählt stets an der Grenze zum plakativen, zeichnet grobe Vorurteile, die er in ans klamaukhafte grenzenden Szenen ausspielt. 

Als der Postbeamte Philippe (Kad Merad) aus dem Süden nach Bergues, einem Kaff im Norden, versetzt wird, kommt das für ihn und seine Familie einem Aufenthalt auf einer Sträflingsinsel gleich. Bitterkalt soll es dort oben sein, unzivilisiert und voll von Alkoholsüchtigen. Zum Abschied wird Philippe von seiner Frau also in einen dicken Parka gepackt, der auch der Antarktika genügen würde, die Polizisten, die ihn wegen zu langsamen Fahren anhalten, lassen ihn ohne Verwarnung weiterfahren und beim Überfahren der Ortsgrenze fängt es schlagartig an zu regnen. 

Dass die Wahrheit ganz anders aussieht, dass sich Philippe in dem kleinen Örtchen überaus wohlfühlen wird, ist natürlich jedem Zuschauer von Anfang an klar. Aber genau das dürfte ein Grund für den enormen Erfolg des Filmes sein: Eine bekannte Geschichte, die die bekannten Mustern aber genug variiert, um gleichermaßen zu überraschen und nicht zu überfordern. In Bergues tritt Philippe mit dem von Boon selbst gespielten Antoine eine ideale Antipode gegenüber. Zwar ist Philippe nicht als Intellektueller definiert, ein anspruchsvolleres Leben als die Menschen in Bergues führt er dennoch. Während diese mit Freuden zur Frittenbude gehen und Bier trinken, hätte Philippe lieber ein Restaurant und Wein. Doch mehr und mehr freundet er sich mit dem einfachen Leben an, lernt auch den merkwürdigen Dialekt des Nordens verstehen und mag kaum noch nach Hause fahren. Zumal er seine Frau im Glauben lässt, dass der Norden eine Katastrophe ist, was deren Mitleid weckt und die Ehe florieren lässt.

Gerade diese schlichte Gegenüberstellung führte in Frankreich zu vehementer Kritik von Seiten der intellektuellen Filmkritik wie den Cahiers du Cinema oder Positif, die in „Willkommen bei den Sch’tis“ eine allzu einfältige Moral verhaftet sahen. Diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen, wäre allerdings wohl weniger heftig ausgefallen, wenn der Film nicht so ein enormer Erfolg und damit ein kulturelles Ereignis geworden wäre. Letztlich ist „Willkommen bei den Sch’tis“ eine hübsche, unspektakuläre Komödie, die sich schlichten Konflikten und Auflösungen bedient und einige originelle Einfälle hat. Nicht mehr und nicht weniger.

Michael Meyns

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Philippe Abrams ist französischer Postler und soll, für ihn unglücklicherweise, vom sonnigen Süden in den Norden, in die Region Pas de Calais, versetzt werden. Vom Klima und überhaupt vom ganzen Ambiente her hat die Gegend alles andere als einen guten Ruf. Sie gilt als trübe und neblig, das Umfeld soll, so heißt es, ein wenig öde sein, außerdem sprechen die Menschen einen komischen Dialekt.

Philippe wehrt sich vor allem auch wegen der Abneigung seiner Frau gegen eine solche Versetzung mit Händen und Füßen. Er gibt sich als Behinderter aus, weil diese bevorzugt behandelt werden, doch er stellt es nicht schlau genug an, so dass diese Masche nicht greift.

Es hilft nichts. Er muss in den Norden. Zunächst scheint sich die Reputation des Landstriches zu bestätigen. Es ist Nacht, als er ankommt, es regnet in Strömen, die Unterkunft ist dürftig, am nächsten Morgen sind ihm die Kollegen fremd, fremder geht’s nicht.

Doch allmählich stellt sich heraus, dass die Gegend in etwa genau so gut ist wie andere auch, dass die Menschen freundlich sind, dass es sich ordentlich leben lässt. Zu den Kollegen ergibt sich mit der Zeit gar ein sehr freundschaftliches Verhältnis.

Kritisch wird’s, als Philippes Frau ankündigt, sie werde jetzt nachkommen. Nun müssen die Kollegen, die Freunde, ja das halbe Stadtviertel in einer Art Großveranstaltung dafür sorgen, dass die Ehefrau den schlechten Ruf der Gegend bestätigt bekommt. Und das geschieht auf ganz lustige Weise.

In Frankreich hatte dieser Film bekanntlich einen Erfolg wie nie ein anderer zuvor. An die 18 Millionen Kinozuschauer haben ihn gesehen. Nun, in Deutschland werden es weniger sein. Der Film ist aber routiniert geschrieben und inszeniert und obendrein sehr vergnüglich. Als kleine tiefsinnige Zugabe  zeigt er auch, was Vorurteile wert sind, nämlich gar nichts.

Mad Merad und Dany Boon als Philippe und Kumpel Antoine sind ein hervorragendes Komikerpaar.

Thomas Engel