Wir sagen Du! Schatz

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Ein Mann klaut sich eine Familie zusammen, um endlich das Glück zu finden. Diese Idee, gepaart mit dem Titel „Wir sagen Du! Schatz.“ riecht förmlich nach Klamauk. Der Film kommt jedoch ohne Klamauk aus und erweist sich als angenehme Überraschung. Denn die Versuchsanordnung erlaubt tragikomische Reflexionen über die Zwangsgemeinschaft Familie, in der ständig zwei Kräfte wirken: Fluchtreflexe und die Sehnsucht nach Geborgenheit. Da kann man, wie die Mitglieder der Film-Familie, buchstäblich durch die Wand gehen. Aber das führt auch nicht in die Freiheit.

Webseite: www.zorrofilm.de

D 2007
Buch und Regie: Marc Meyer
Darsteller: Samuel Finzi, Nina Kronjäger, Anna Maria Mühe, Harald Warmbrunn, Margot Nagel
Länge: 97 Minuten
Verleih: Zorro Film
Kinostart: 15. November 2007

PRESSESTIMMEN:

 

Mit minimalem Budget und maximalem Einfallsreichtum hat Marc Alexander Meyer hier die schrägste Tragikomödie des Jahres gedreht. Ach, möge sie doch ein großer Überraschungserfolg werden!
Brigitte

Ein 36-jähriger Junggeselle entführt kurz vor Weihnachten Personen als seine Ersatzfamilie, die er in einer Wohnung festhält, um mit ihr die Feiertage zu verbringen. Der Stoff, der Ausgangspunkt für eine ins Groteske und Absurde gesteigerte politische Parabel sein könnte, wird zur freundlich menschelnden Komödie verarbeitet. Dabei enthält das Spiel von Eintracht und Entfremdung als zwei Seiten einer familiären Gemeinschaft manche redundante Szene, findet aber auch zu starken poetischen Bildern. Insgesamt ein Film, der possenhaft grelle Übertreibungen meidet und eher leise zum Nachdenken über die Rolle und Bedeutung von Familie anregt.
film-dienst

Eric Meyers süffisante aberwitzige Farce um Familienwerte, Schicksal und Vereinsamungsneurosen in der Singlegesellschaft ist eine erfrischend leicht servierte Sozialparabel, die bitter-ironisch wie melancholisch-besinnlich die Vision einer heilen Gemeinschaft ausbreitet... Entfaltet den Charme einer nachdenkens- und liebenswerten Tragikomödie um Sehnsüchte und Wunschvorstellungen nach einer heileren Welt inmitten der kaputten.
Filmecho

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FILMKRITIK:

„Morgen, Frühstück ist fertig“, sagt Oliver. Ein lapidarer Satz, aber seine Frau, seine Tochter und seine Oma schauen Oliver ungläubig an. Denn sie sind nicht seine Frau, seine Tochter und seine Oma. Oliver hat sie gekidnappt und zusammen mit einem halbwüchsigen Jungen und einem Baby in ein leer stehendes Berliner Hochhaus verfrachtet. Später kommen noch ein Opa samt Hund hinzu. Damit sie sich in ihre Rollen einfinden, wurden ihnen kleine Schilder angeheftet, auf denen „Mutti“ steht oder „Tochter“. Oliver hat Regeln an die Wand gepinnt. Er besteht auf Ehrlichkeit und Vertrauen – und auf geregelte Essenszeiten. Der Familie gehen andere Gedanken durch den Kopf. Ist Oliver ein Psychopath oder handelt es sich bei der Angelegenheit um einen Fall von versteckter Kamera? Statt pünktlich zum Essen zu kommen, arbeiten alle an der Flucht. Doch der Lift ist außer Betrieb und das Treppenhaus zugemauert. Und der fürsorgliche Vater kann auch anders. Er stellt zum Beispiel das Wasser ab und versteckt das Bier. So findet sich die Familie dann doch am Esstisch ein. Und das ist sogar spaßig manchmal.
 

Familiengründung durch Kidnapping gibt’s natürlich nur im Film. Aber die Idee ist nah dran an der Realität. Schließlich hat man sich Vater, Mutter und Geschwister nicht ausgesucht, von Onkels, Tanten und Cousinen ganz zu schweigen. Man kann sich im Familienrudel ganz schön fremd fühlen, vor allem wenn Konflikte aufkommen und sich die Frage einstellt: Was habe ich mit denen überhaupt zu tun? Insofern teilt die Zwangsgemeinschaft im Hochhaus das Schicksal aller Familien. Und sie muss wie jede andere Familie ein Minimum an Zusammenarbeit leisten, um den Betrieb am Laufen zu halten, auch wenn die Sympathien sich in Grenzen halten. So greift die Mutter, eine attraktive, leicht verlebte Trinkerin (Nina Kronjäger) zum Farbpinsel. Der ruppige Opa (Harald Warmbrunn) kümmert sich um den Sohn (Ennio Incannova), der in seinem richtigen Zuhause vernachlässigt wird, und die Tochter (Anna Maria Mühe) versucht herauszufinden, was eigentlich mit Oliver (Samuel Finzi) los ist. Denn letztlich sind sie alle in  ihrem richtigen Leben ziemlich einsam und sehnen sich nach Gefährten.

Man kann Marc Meyers Langfilm-Debüt als Plädoyer für die Familie als Lebensform in einer Gesellschaft sehen, in der das Single-Dasein um sich greift. Andererseits übersieht Meyer die Fliehkräfte nicht, die dieser Lebensform in Zeiten zunehmender Individualisierung innewohnen. Seine Film-Familie besteht aus ziemlich eigenwilligen Typen – die er dankenswerterweise nicht als Klischeefiguren überzeichnet – und kann nur zeitlich befristet funktionieren. Man muss es halt immer wieder probieren, wie die hübsche Schlusspointe dieses amüsanten Familienfilms der etwas anderen Art empfiehlt.

Volker Mazassek

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Ein unbewohnter Berliner Plattenbau. Oliver Eckstein, Eigenbrödler und Psycho, will aus dem Stehgreif eine Familie – nicht um geliebt zu werden, sondern um lieben zu können, wie er sagt. Wie soll er das anstellen? Teilweise mit Menschenraub?

Jetzt sind sie also alle beisammen: Oliver, der sich Papa nennen lässt und der den Ton angeben, die Regeln dieses Zusammenlebens aufstellen will; die Oma Edna, die eigentlich Elvira heißt und sich als „Führungskraft“ in der Fürsorge vorstellt; dann Sofia, eine Unternehmersgattin, die wegen Gebärmutterbeschwerden unfruchtbar ist und von ihrem Mann verlassen wird; und Maja, eine „Hausbesetzerin“, die von Oliver entjungfert wird; der Opa, ein DDR-Überbleibsel, ein Kommunist, der die Wessis als „Besatzungsmacht West“ tituliert; Mätzchen, ein Kleinkind aus der Babyklappe; und der Junge Paulchen, Ennio genannt, der an einer Stauballergie leidet und von seiner Familie gesucht wird; schließlich die Hündin Kleopatra.

Eine „Familie“ sollen sie sein. Das ist Olivers größter Wunsch. Als einfach stellt sich das aber nicht gerade heraus. Seine Versuche: gutes Kochen, pünktliches Essen mit den „Familienmitgliedern“, ein Weihnachtsfest mit Geschenken und vieles andere mehr. Ob er sein Vorhaben als gelungen betrachten kann, ist aber sehr die Frage.

Ein verrückter, anarchischer, chaotischer, absichtlich leicht schizoider, aber auch origineller Film, ideenmäßig und dramaturgisch völlig vom Üblichen abweichend. Die Dialoge enthalten viele Querdenkereien, Bosheiten, Anspielungen, Anregungen - über den Wert der Familie zum Beispiel. Ironie und etwas Realitätsverlust beherrschen das Milieu, das absichtlich so unwirklich gehalten ist.

Ein Produkt, an dem man irre werden oder über das man sich amüsieren, an dem man seine Freude haben kann. Es bedarf auf jeden Fall eines ausgesuchten Rezeptionsvermögens seitens des Kinozuschauers. 

Thomas Engel