Women, The

Zum Vergrößern klicken

Keine schlechte Idee, den 1939 gedrehten Klassiker „The Women“ zu modernisieren und eine neue Riege von Hollywood-Diven einmal ganz ohne Männer auskommen zu lassen. Diese sind zwar auch in Diane Englishs Film nicht physisch präsent, aber doch häufiges (nicht ständiges!) Gesprächsthema der Frauen. Und dieser kleine Unterschied macht „The Women – Von großen und kleinen Affären“ zu einem bemerkenswert modernen Film, bei dem sich die „Sex and the City“- Damen eine Scheibe Emanzipation abschneiden könnten.

Webseite: www.women.film.de

USA 2008
Regie: Diane English
Buch: Diane English, basierend auf dem Stück „The Women“ von Clare Booth Luce
Musik: Mark Isham
Darsteller: Meg Ryan, Annette Benning, Eva Mendes, Jada Pinkett Smith, Carrie Fisher, Cloris Leachman, Bette Midler, Candice Bergen
Länge: 112 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Constantin
Kinostart: 11. Dezember 2008

PRESSESTIMMEN:

...

FILMKRITIK:

Es gibt etliche Filme, in denen praktisch keine Frauen vorkommen, von zahllosen Kriegsfilmen bis zu einem Klassiker wie „Lawrence von Arabien.“ Doch Filme, in denen keine Männer mitspielen, gibt es kaum. 1939 änderte George Cukor dies mit seiner Verfilmung des Broadway-Erfolgs „The Women.“ Damals spielten unter anderem Norma Shearer, Joan Crawford, Rosalind Russell, Paulette Goddard und John Fontaine Frauen aus der New Yorker Upper Class, die ihre Zeit zwischen Shoppen, Maniküre und Gesellschaften aufteilen und sich mit untreuen Ehemännern herumschlagen. Am Setting hat sich auch 70 Jahre später nichts geändert und doch ist vieles anders.

„The Women“ dreht sich um vier Freundinnen (nicht der einzige deutliche Bezug zu „Sex and the City“), die unterschiedliche Typen vom Leben in der New Yorker Oberschicht verkörpern. Mary (Meg Ryan) ist verheiratet, hat eine Tochter und arbeitet im Unternehmen ihres Vaters. Sylvie (Annette Benning) ist Chefredakteurin eines Style-Magazins, Single und kinderlos. Alex (Jada Pinkett Smith) ist gleichzeitig Quotenlesbe und –schwarze und Edie (Debra Messing) verkörpert mit ihren zahlreichen Kindern ein ganz anderes Lebensmodell. 

Durch Zufall kommt nun heraus, dass Marys Mann eine Affäre mit der Parfümverkäuferin Crystal (Eva Mendes) hat, eine Latina, die auf etwas unangenehme Weise den Typus der wollüstigen, nach einem reichen Mann jagenden Unterschicht-Frau verkörpert. Doch im Laufe des Films, der sich in erster Line auf Mary und ihren Umgang mit ihrer Lebenskrise konzentriert, entwickelt der Film ein doch bemerkenswert modernes Frauenbild.

Gerade der Vergleich zu „Sex and the City“ spricht dabei Bände. Zwar wurden auch die vier Frauen in der Fernsehserie als berufstätige Singles dargestellt, doch die Bedeutung ihrer jeweiligen Jobs für ihr Leben und vor allem ihr Wohlbefinden war stets nebensächlich. Was letztendlich als allein glücklich machend gezeigt wurde, waren die Männer, im Fall von Samantha deren viele, im Fall der Hauptfigur Carrie der eine Richtige. Bei aller bisweilen angedeuteten Promiskuität verfolgte die Serie doch ein konservatives Weltbild, dass suggerierte, eine Frau könnte ohne erfüllende Beziehung niemals wirklich glücklich sein. 

„The Women“ dagegen macht es sich nicht so leicht. Besonders in den beiden Hauptfiguren Sylvie und Mary werden die Probleme angedeutet, die beim Versuch entstehen, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Mary, die sich zuvor intensiv um ihre Tochter gekümmert hat, vernachlässigt sie zunehmend, um sich mit einer selbstständigen Karriere ohne Unterstützung des Vaters zu verwirklichen. In diesen Momenten kann Sylvie Marys Tochter eine notwendige Ratgeberin sein, was wiederum Mary als Angriff auf ihre Mutterrolle auffasst. Dass sich all dies in der prinzipiell eben doch heilen Welt der Oberschicht abspielt, tut dabei wenig zur Sache. Das entscheidende bleibt, dass in „The Women“ kein Frauenbild gezeichnet wird, dass sich in erster Linie über einen Mann definiert, aber auch kein extrem feministisches Gegenmodell aufgemacht wird. 

Diane English gelingt es in ihrem Filmdebüt einen vielschichtigen Blick auf die Frauen zu werfen, der bis auf einige Klischees am Rand, besonders bei den Nebenfiguren, bemerkenswert modern erscheint.

Michael Meyns