Timm Thaler oder das verkaufte Lachen

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Es ist immer ein Risiko, einen Stoff wie „Timm Thaler“ neu zu verfilmen, gerade wenn das Original, das Ende der 70er Jahre als ZDF-Weihnachtsserie entstand, so ikonisch ist. Den Vergleich kann Andreas Dresens Neuverfilmung dann auch nicht gewinnen, dennoch ist die neue Version der Geschichte vom Jungen, der sein Lachen verkauft ein sehenswerter Jugendfilm, denn Dresen und sein toller Cast verfilmen nicht die Serie neu, sondern gehen zurück zur literarischen Vorlage.

Webseite: www.constantin-film.de

Deutschland 2016
Regie: Andreas Dresen
Buch: Alexander Adolph. nach dem Roman von James Krüss
Darsteller: Arved Friese, Justus von Dohnányi, Axel Prahl, Andreas Schmidt, Jule Hermann, Charly Hübner, Nadja Uhl, Steffi Kühnert, Bjarne Mädel, Fritzi Haberlandt, Harald Schmidt, Heinz-Rudolf Kunze, Milan Peschel, Tommi Ohrner
Länge: 102 Minuten
Verleih: Constantin Film
Kinostart: 2. Februar 2017

FILMKRITIK:

Auch wenn er mit seinem Vater in ärmlichen Verhältnissen aufwächst lacht Timm Thaler (Arved Friese) oft und mitreißend. So anziehend ist sein Lachen, das es den finsteren Baron Lefeut (Justus von Dohnányi) auf den Plan ruft, der Timm - dem nach dem Unfalltod des Vaters ohnehin nicht mehr zum Lachen zumute ist - einen teuflischen Vorschlag unterbreitet: Verkauft Timm dem Baron sein Lachen, wird er zukünftig jede Wette gewinnen. So recht mag Timm diesem merkwürdigen Angebot nicht glauben, doch er schlägt ein. - Und gewinnt fortan tatsächlich jede noch so absurde Wette. Doch am neu gefundenen Wohlstand hat Timm wenig Freude, denn mit seinem Lachen ist auch seine Lebensfreude verloren gegangen.
 
Zum Glück hat er in einem Luxushotel den Barkeeper Kreschimir (Charly Hübner) kennen gelernt, der bald hinter Timms Geheimnis kommt. Denn von sich aus darf Timm niemandem von seinem Deal erzählen, auch nicht seiner besten Freundin Ida (Jule Hermann), die Timms neue Lustlosigkeit nicht versteht. Gemeinsam versuchen sie, Timm zu helfen und es dem Baron heimzuzahlen, der Timm aus seiner Kommandozentrale und mit Hilfe seiner wenig teuflischen Dämonen Behemoth (Axel Prahl) und Belial (Andreas Schmidt) überwachen lässt.
 
Auf den ersten Blick liegt es nicht unbedingt auf der Hand, die Regie der Neuverfilmung des Jugendromans „Timm Thaler“ Andreas Dresen zu übertragen. Auf den zweiten Blick macht diese Wahl jedoch Sinn, zeichnen Dresens Filme sich doch stets durch ihr großes Gespür für Lokalkolorit und Zwischenmenschliches aus. Zudem dürfte es nicht zuletzt Dresen zu verdanken sein, dass sich eine ganze Reihe bekannter deutscher Schauspieler selbst für kleinste Rollen gefunden haben, was „Timm Thaler“ durch die Mitwirkung von Milan Peschel, Nadja Uhl, Steffi Kühnert und Axel Prahl zu einem wahren Andreas Dresen-Klassentreffen macht. Zudem sind in kurzen Auftritten Harald Schmidt und Heinz-Rudolf Kunze zu sehen und auch der ursprüngliche Timm Thaler Tommi Ohrner lässt es sich nicht nehmen, in der Neuverfilmung aufzutreten.
 
Man mag diese neue Version mit dem ZDF-Original vergleichen, das die Vorlage von James Krüss in die Gegenwart der späten 70er Jahre verlegte, viele Änderungen am Figurenpersonal vornahm, auf der Vulkaninsel Lanzarote an James Bond-Schurkenfestungen erinnernde Architektur und nicht zuletzt mit Horst Frank einen unvergesslichen Antagonisten fand.
 
Andreas Dresen und sein Drehbuchautor Alexander Adolph vermeiden allzu weitgehende Vergleiche dadurch, dass sie sich stärker auf die Vorlage beziehen, die Handlung lose in den goldenen Zwanziger Jahren ansiedeln und den faustischen Kern der Geschichte stärker in den Vordergrund stellen. Justus von Dohnányi legt seinen teuflischen Lefeut dann auch ganz anders an als der zurückhaltende Frank, spielt flamboyant und mit verführerischem Charme.
 
Eine gelungene Neuverfilmung also, die zwar in der Vergangenheit angesiedelt ist, jedoch voller zeitgenössischer Bezüge ist. Dass Dresen zudem dem Druck widerstanden hat, seinen Film mit Klamauk anzureichern (wie es etwa in einem anderen aktuellen Remake wie „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ zu finden ist) macht seinen „Timm Thaler“ erst recht zu einem sehenswerten Jugendfilm.
 
Michael Meyns