Unheimlich perfekte Freunde

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Bekannt wurde der Regisseur Marcus H. Rosenmüller 2006 mit der sprichwortreif betitelten Komödie „Wer früher stirbt ist länger tot“. Fast zeitgleich starten nun zwei neue Rosenmüller-Filme in den Lichtspielhäusern: Das Biopic „Trautmann“ und die Fantasy-Kinderkomödie „Unheimlich perfekte Freunde“. Letztere erweist sich als hochwertig produziertes Verwechslungsmärchen mit schönen (Doppel-)Auftritten der Kinderdarsteller Luis Vorbach und Jona Gaensslen. Nebenbei lassen Rosenmüller und die Drehbuchautorinnen Simone Höft und Nora Lämmermann („Agnes“) Kritik am schulischen Bildungssystem einfließen.

Webseite: squareone-entertainment.com/upf

Deutschland 2019
Regie: Marcus H. Rosenmüller
Drehbuch: Simone Höft, Nora Lämmermann
Darsteller/innen: Luis Vorbach, Jona Gaensslen, Margarita Broich, Marie Leuenberger, Maja Beckmann, Christian Schneller, Max von Thun
Laufzeit: 92 Min.
Verleih: SquareOne Entertainment
Kinostart: 4. April 2019

FILMKRITIK:

Die zehnjährigen Grundschüler Frido (Luis Vorbach) und Emil (Jona Gaensslen) stehen kurz vor der Einstufung für die weiterführende Schule. Das Problem: Fridos Noten sehen nicht gerade rosig aus. Das enttäuscht seine geschiedenen Eltern, die den Sohn auf dem Gymnasium sehen wollen – und auch Frido, der die Schulbank weiterhin mit seinem besten Freund Emil drücken will. Die Lösung wartet auf einem Jahrmarkt, wo ein magisches Spiegelkabinett Fridos Spiegelbild zum Leben erweckt. Der zweite Frido kann alles, was das Original nicht kann, und brilliert fortan in der Schule, während Frido frei hat. Klar, dass sich auch Emil einen Doppelgänger zulegt. Doch bald offenbaren die praktischen Doubles ihre Schattenseiten...
 
Das Motiv des Doppelgängers hat eine lange literarische Tradition und wurde insbesondere von Romantikern wie E.T.A. Hoffmann häufig aufgegriffen. Meist verheißen der Auftritt eines Doppelgängers oder der Verlust des Spiegelbilds nichts Gutes – so auch in der Fantasy-Komödie „Unheimlich perfekte Freunde“, die sich als moderner Beitrag in die romantische Märchentradition einreiht. Emils und Fridos Doppelgänger rackern sich nicht aus reiner Hilfsbereitschaft ab, sondern wollen die Leben der Kinder komplett übernehmen. Erst dann merken die Kumpels, dass es gar nicht so schlecht war, wie es war.
 
Filmisch kommt die Komödie auf hohem Produktionsniveau daher. Die Aufnahmen von Stefan Biebl („FrauMutterTier“) bieten Kinotauglichkeit, wobei ihm Motive wie der kindliche Filmdreh eines Zombiestreifens entgegen kommen. Die jungen Darsteller Luis Vorbach („Auf Augenhöhe“) und Jona Gaensslen füllen ihre Doppelrollen gut aus, wobei das leere Seelenleben der Dubletten schon in der steifen Körperhaltung mitschwingt.
 
Im Film geht es viel darum, dass Emils Eltern den Sohn schlicht überfordern – und wer kennt aus der eigenen Schulzeit keinen der armen Teufel, bei denen der Besuch des höheren Schulzweigs offensichtlich erzwungen wurde? Den Autorinnen Simone Höft und Nora Lämmermann gelingt es gut, den (nicht nur) in der Familie aufgebauten Leistungsdruck anzusprechen. Auch die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, Schulkinder bereits nach Abschluss der vierten Klasse auf die weitere Bildung festzunageln, schwingt mit.
 
Marcus H. Rosenmüller verbindet Unterhaltung in Form von Fantasy und Humor mit inhaltlicher Relevanz. Schön, wenn „Problemfilme“ nicht als trockene Themenwerke daherkommen, sondern zuallererst als Filme, die nicht langweilen. Da passt es, dass die Story von „Unheimlich perfekte Freunde“ auf einem Jahrmarkt an Fahrt aufnimmt.
 
Christian Horn