Welcome to Norway

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Eine charmante, schwarzhumorige Komödie mit Schnee und Tiefgang: Es geht um einen verkrachten Hotelier, der sich durch die Unterbringung von Flüchtlingen sanieren will. Rune Denstad Langlo ist eine erfreulich ironische und dennoch liebenswerte Geschichte gelungen, die zeigt, wie aus einem Rassisten ein mitfühlender Mensch wird. Die Geschichte ist vollgepackt mit originellen Einfällen und kleinen Nebenstorys – ein unterhaltsamer Film, der mit einem frostigen Willkommen beginnt und in Herzlichkeit endet.

Webseite: www.welcome-to-norway.de

Norwegen 2016
Buch und Regie: Rune Denstad Langlo
Darsteller: Anders Baasmo Christiansen, Slimane Dazi, Olivier Mukuta, Henriette Steenstrup
91 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 13. Oktober 2016
 

FILMKRITIK:

Als Geschäftsmann ist Primus eine glatte Nullnummer. Er nervt seine Frau Hanni und seine vernünftige Tochter Oda mit immer wieder neuen Projekten, die er dann vorhersehbar in den Sand setzt. Das liegt nicht nur an seiner generell chaotischen Art, sondern an seinem Verhalten. Die freundliche Bezeichnung für Leute wie ihn ist „Einzelgänger“, aber eigentlich ist er ein Stinkstiefel, und deshalb ist es kein Wunder, dass sein Hotel in den norwegischen Bergen unter chronischem Gästemangel leidet. Also was tun? – Genau: Es müssen Gäste her. Und am besten welche, für die der Staat bezahlt, sprich Flüchtlinge. Primus hat wie immer keine Ahnung, und wie immer macht er alles falsch, was man nur falsch machen kann. Er selbst bezeichnet sich zwar nicht als Rassisten, denn schließlich hasst er ohne Ausnahme alle Menschen, aber er behandelt die Flüchtlinge wie Gefangene, kümmert sich nicht um die staatlichen Vorgaben, benimmt sich wie ein Diktator und sorgt dafür, dass alles nur noch schlimmer wird. Schließlich droht der Super-GAU, die absolute Katastrophe, denn die Behörde weigert sich, ihm die Genehmigung für die Unterkunft zu erteilen. Glücklicherweise gibt es da ein paar wackere und handwerklich begabte Flüchtlinge und vor allem Abedi, einen organisatorisch begabten Afrikaner, der dem überforderten Primus nicht nur Arbeit abnimmt, sondern ihm ganz nebenbei eine Lektion in Respekt und Toleranz erteilt.
 
Rune Denstad Langlo teilt in alle Richtungen aus und verschont niemanden. Das ist gut so, denn ohne Übertreibung gibt es keine Komödie. Bei manchen Witzen stockt dann auch der Atem, und der Humor ist gelegentlich schwärzer als eine sternenlose norwegische Polarnacht. Die eindeutige Botschaft lautet: Alle Menschen sind gleich, niemand ist besser als der andere, auch ein Flüchtling ist kein Heiliger, und selbst der schlimmste Rassist hat eine menschliche Ader. Langlo teilt die Menschen nicht in Gut und Böse ein, sondern er betrachtet sie als soziale Individuen, die sich gefälligst anstrengen sollen, miteinander auszukommen.

Irgendwie gelingt es ihm sogar, seinen Helden sympathisch zu machen. Und das liegt sicherlich nicht an der unverfrorenen Direktheit, mit der Primus den Flüchtlingen begegnet, sondern eher an der beinahe bemitleidenswerten Tölpelhaftigkeit, mit der er durchs Leben trollt. Dass er dann doch lernfähig ist und schließlich für seine Flüchtlinge zum Don Juan wird, indem er sich der nymphomanen Dorfbibliothekarin hingibt, ist nicht nur komisch, sondern sorgt für zusätzliche Verwicklungen, die ebenfalls zur Komödie gehören wie der Hammer zum Nagel. Anders Baasmo Christiansen spielt mit skandinavischer Zurückhaltung den unfähigen Unternehmer Primus, der zuerst seine Frau in die Depression gestürzt hat und nun selbst am Rande des Zusammenbruchs steht. Olivier Mukuta ist Abedi, der Primus nicht ganz uneigennützig hilft – ein sehr liebenswerter Mann mit vielen Geheimnissen.

Zum Thema Flüchtlinge wird vieles an- und ausgesprochen, was sich problemlos auch auf Deutschland übertragen lässt, manches davon hat mit Vorurteilen und Klischees zu tun und wird dann schon mal satirisch überhöht oder ad absurdum geführt. Zwischendurch wird der Film bei aller Turbulenz auch mal nachdenklich und gelegentlich sogar anrührend. Vor allem aber beeindruckt er durch sein augenzwinkerndes Verständnis für sämtliche Mitmenschen, und das macht ihn einfach sympathisch.
 
Gaby Sikorski