100 Dinge

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Witz koordiniert mit Tiefgang. Dafür steht Florian David Fitz. Erneut gelingt dem Münchner Schauspieler und Drehbuchautor mit seiner dritten Regiearbeit gekonntes Unterhaltungskino. Die Situationskomik seiner Buddykomödie funktioniert. Und mit witzig, schnoddrigen Dialogen manövrieren sich die derzeit beliebtesten Schauspiel-Beaus Deutschlands Mathias Schweighofer und Florian David Fitz durch absurde Szenen. Die Erkenntnis, dass uns Dinge nicht glücklich machen und wir weniger Sachen brauchen, als wir haben, ist dabei der Angelpunkt ihres Abenteuers. Inspiriert vom Dokumentarfilm des jungen finnischen Filmemacher Petri Luukkainen „My Stuff“ kann die Komödie durchaus vorweihnachtliches Nachdenken über Konsumgesellschaft und Überfluss auslösen.

Webseite: www.warnerbros.de

Deutschland 2018
Regie & Drehbuch: Florian David Fitz
Darsteller: Matthias Schweighöfer, Florian David Fitz, Miriam Stein, Hannelore Elsner, Maria Furtwängler, Katharina Thalbach, Wolfgang Stumph, Sarah Viktoria Frick. Johannes Allmeyer.
Länge: 111 Minuten
Verleih: Verleih Warner Brothers
Kinostart: 6. Dezember 2018

FILMKRITIK:

„Ich halt´s nicht mehr aus“, verzweifelt Paul (Florian David Fitz) fröstelnd. „Nimmt der Tag, denn gar kein Ende“. Doch sein Freund Toni (Mathias Schweighöfer), eingewickelt in seinen Daunenschlafsack, muss ihn enttäuschen. „Es ist viertel vor Neun“, klärt er ihn auf. Die beiden Hipster haben sich in einer verhängnisvollen Wette verheddert. Grund: Bei der feuchtfröhlichen Präsentation von Pauls neuer App haben sich die ehrgeizigen Jungunternehmer über den Tisch ziehen lassen. 100 Tage müssen sie jetzt gnadenlos auf alle ihre „must haves“ und noch viel mehr verzichten.

Pauls geliebte Unmenge an Sneakers ist da noch das Wenigste, genauso wie Tonis Espressomaschine. Denn in ihrer Freundschaft ging es immer um Konkurrenz, wer von ihnen der Bessere ist. Nur deshalb landet das Duo nun nackt im Wettstreit, wer länger ohne materiellen Besitz auskommt. Jeden Tag um Mitternacht dürfen sie sich einen Gegenstand aus der Lagerhalle, in die ihr Hab und Gut verfrachtet wurde, zurückholen. „Ihr macht was“, Pauls Mutter (Hannelore Elsner) kann es nicht fassen, als sie die beiden ihn ihrem ausgeräumten Loft trifft.

Doch ihr Mann (Wolfgang Stumph) freut sich. „Ist doch völlig klar, das ist ein Zeichen gegen diesen ganzen Konsum“, umarmt er seinen Sohn. „Mensch, endlich kommt ihr in die Puschen, und ich hab gedacht, ihr habt überhaupt kein Rückgrat“. Dass dabei noch manche Hürde auf das Duo wartet ist klar. Vor allem Tonis neue Flamme Lucy (Miriam Stein) ist leicht verstört.  „Ich würde nur ungern das Stadium überspringen, wo du noch ‘ne Hose trägst“, meint sie etwas irritiert als ihr Toni nur in Unterhosen und cooler Sonnenbrille die Wohnungstür öffnet. 

Publikumsliebling Florian David Fitz geht in die Vollen. Erneut ist der gebürtige Münchner nicht nur Schauspieler, sondern auch Autor und Regisseur. Die Herausforderung bringt den 44jährigen jedoch nicht um seine Spielfreude. Nicht zuletzt deshalb, weil er für diese hintergründigen Buddykomödie wieder seinen Kumpel Mathias Schweighöfer an Bord holte. Beide beherrschen die stilistische Bandbreite von rabenschwarzem Humor bis zu stiller Verzweiflung. Das funktionierte bereits bei ihrem Roadtrip zweier Todgeweiher „Der geilste Tag“. Sie fühlen sich merklich wohl zwischen Kunst und drallem Klamauk.
 
Dem Doppelpack, das auch im richtigen Leben miteinander befreundet ist, bei seinen Eskapaden zuzusehen macht einfach Spaß. Auch wenn manches vorhersehbar ist, unterhält die turbulente Situationskomik. Inspiriert vom authentischen finnischen Dokumentarfilm „My Stuff“, der am Ende nur 100 Dinge für so wichtig hält, dass man sie zum Leben braucht, kommt der unterhaltsame Film zum richtigen Zeitpunkt auf die Leinwand. Denn sich in der umtriebigen Vorweihnachtszeit, wenige Wochen vor dem Fest der Liebe, einige Gedanken über unser Konsumverhalten und den verführerischen Rausch der Dinge zu machen schadet sicher nicht.
 
Luitgard Koch