Rebellinnen – Leg’ Dich nicht mit Ihnen an!

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Drei Arbeiterinnen einer Fischfabrik haben nach einem Vergewaltigungsversuch und einem Missgeschick plötzlich die Leiche eines fiesen Vorgesetzten am Hals. Im Spind des Toten entdecken sie eine Tasche voller Geld. Dummerweise gehört es einem lokalen Gangster… Oberflächliche Komödie, die im Stil eines Quentin Tarantino Bildtabus brechen möchte, dabei aber nur kleine Gags und große Klischees produziert. Die authentische Schilderung von Arbeitsbedingungen in einer unterentwickelten Region geht rasch im Tohuwabohu unter. Und auch die sonst so bezaubernde Cécile de France enttäuscht.

Webseite: www.concorde-movie-lounge.de

Rebelles
Frankreich 2019
Regie: Allan Maudit
Darsteller: Cécile de France, Audrey Lamy, Yolande Moreau, Simon Abkarian, Samuel Jouy
Länge: 87 Min.
Verleih: Concorde
Kinostart: 11.7.2019

FILMKRITIK:

Es beginnt eigentlich packend und interessant als Geschichte einer verpassten Lebenschance, als Eingeständnis eines gescheiterten Traums. Vor 15 Jahren war Sandra einmal Miss Nord-Pas-de-Calais, und weil sie von Cécile de France dargestellt wird, glaubt man die preiswürdige Schönheit sofort. Nun kehrt sie desillusioniert, ohne Berufsausbildung oder Schulzeugnisse, zu ihrer Mutter nach Boulogne-sur-Mer zurück - was für eine Niederlage. Mehr wohl als übel heuert Sandra in einer Fischfabrik an und stopft fortan am Fließband, gemeinsam mit ihren neuen Freundinnen Marilyn (Audrey Lamy) und Nadine (Yolande Moreau), Heringe und Makrelen in Konservendosen. Als ein Vorarbeiter, zuvor ausführlich als machistischer Scheißkerl charakterisiert, sie nach Feierabend vergewaltigen will, trennt sie ihm mit Hilfe einer zugeknallten Spindtür einfach sein Ding ab und lässt ihn elendig auf einer Treppe verbluten. Männer sind Schweine und gehören bestraft - das ist die Übereinkunft, auf die sich zumindest weibliche Zuschauer dieses Films lachend verständigen sollen.
 
Denn spätestens jetzt merkt man, dass man nicht in der Charakterstudie einer enttäuschten Frau sitzt, sondern in einer Komödie, die die große Geste sucht, das ungesehene Bild, das verletzte Tabu. Entmannungen haben im Kino eine Zeigeverbot, allenfalls Pam Grier durfte als „Coffy“ oder „Foxy Brown“ den Superbösewichtern zwischen die Beine schießen. Dass hier, im Film von Allan Maudit, sogar ein abgetrennter Penis zum Running Gag wird, weil er hässlich ist und stummer Zeuge einer Gewalttat, beweist das niedrige Niveau von „Rebelles“.
 
Die eigentliche Handlung kommt in Gang, als die drei Freundinnen im Spind des toten Mannes, dessen Leiche noch entsorgt werden muss, eine Tasche voller Geld entdecken. Geld, das alle ihre Probleme lösen würde. Dummerweise gehört es einem lokalen Gangster (Simon Abkarian), der wiederum einem Mafioso aus Marseille Rechenschaft schuldet. Alles böse Männer, und sogar der kluge, attraktive und hilfsbereite Polizist hat Dreck am Stecken: Wegen Veruntreuung wurde er aus der Großstadt hierher strafversetzt. Die Fronten (und die Sympathien) sind also klar verteilt, und so ahnt man schon, dass sich dieses unerschrockene Frauentrio ungeschoren aus dem Schlamassel ziehen wird.
 
Mit Quentin Tarantino, dem Vorbild, dem Maudit hier nacheifert, hat das alles nichts zu tun. Dafür sind die Tabubrüche zu gewollt, die Gags zu flach und die Klischees zu groß. Auch die sonst so bezaubernde Cécile de France kann das Unheil nicht abwenden. Missmutig und unzufrieden fällt sie ihren Mitmenschen auf die Nerven, und wenn sie einmal lächelt, tut sie es nicht ohne Hinterlist. Dabei hätte es hier noch um mehr gehen können, um die authentische Schilderung von Arbeitsbedingungen in einer unterentwickelten Region etwa oder um den verständnisvollen Blick auf die nordfranzösische Provinz. Doch Pustekuchen. Und dass die behauptete Solidarität unter Frauen nur in Opposition gegen die Männer funktioniert, ist für eine moderne Komödie, die auch Genderfragen beleuchten will, dann doch zu kurz gedacht.
 
Michael Ranze