Eine deutsche Partei

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Ein intimer Blick in das Innenleben einer Partei – das verspricht Simon Brückners Dokumentarfilm „Eine deutsche Partei“, der über mehrere Jahre entstanden ist und auf jedweden Kommentar verzichtet, sondern die Aufnahmen der Politiker der AfD für sich stehen lässt. Das Ergebnis ist das filmische Porträt einer Partei, bei dem man sich nur fragen kann, wie die Entscheidungsträger der AfD glauben konnten, dass sie sich damit nicht selbst demontieren würde.

Webseite: https://www.majestic.de/eine-deutsche-partei/

Deutschland 2022
Regie: Simon Brückner
Buch: Simon Brückner

Länge: 110 Minuten
Verleih: Majestic
Kinostart: 16. Juni 2022

FILMKRITIK:

Simon Brückner ist mit seinem Film „Eine deutsche Partei“ etwas sehr Ungewöhnliches gelungen – der Blick auf eine Partei, wie er von Journalisten niemals getätigt werden könnte, weil keiner über so lange Zeit direkt dabei ist. Als Brückner das Projekt im Jahr 2017 begann, war die größte Hürde, die Partei dazu zu kriegen, ihn während vieler ihrer Sitzungen und Außentermine mit der Kamera dabei sein zu lassen. In einem Zweier-Team folgte Brückner über zweieinhalb Jahre hinweg der Partei. Dabei entstanden 500 Stunden an Rohmaterial, aus dem er schließlich „Eine deutsche Partei“ formte.

Brückner verzichtete dabei auf Interviews und bietet auch keinen einordnenden Kommentar. Das überlässt er dem Zuschauer selbst, indem er die Mitglieder der AfD selbst zu Wort kommen lässt. Dass nicht jeder damit einverstanden war, zeigt schon die erste Szene, als darüber diskutiert wird, ob man sich wirklich filmen lassen soll. Aber da der Film erst für 2022 oder 2023 gedacht war, sah man bei der AfD keine Gefahr. Ein erstaunlicher Schluss, ist der Film doch geeignet, das Wesen dieser Partei und ihrer Mitglieder zu ergründen. Denn selbst wenn der eine oder andere darauf geachtet haben mag, was er sagte, vergaßen viele scheinbar doch, dass sie im Fokus einer Kamera standen.

Herausgekommen ist so ein Film, der zeigt, wie die Junge Alternative, die Nachwuchspartei, sich offenkundig bereits von der Rechtsstaatlichkeit entkoppelt hat, wie Zerrkräfte in der Partei zwischen Moderaten und Rechten zu einem Zerreiben führen, an dessen Ende – und das sieht man heute – die rechtsradikalen Strömungen triumphiert haben.

Die Menschen, die hier zu Wort kommen, mögen sich als Teil der Mitte, als Teil der Normalität ansehen, aber sie offenbaren eine Gesinnung, die schauern lässt. Extremismus, die Verachtung des Fremden und der Andersdenkenden, der Ekel vor den „Linksversifften“, die Angst und der Hass vor den „Landbesetzern“, die aus anderen Ländern fliehen mussten, offenbaren ein Gedankengut, das nicht weniger als erschreckend ist. Weil diese Leute sich für die Mitte halten, für bürgerlich, aber längst nicht mehr erkennen, was und wer sie sind. Einen derart aufwühlenden Blick auf die Träger und Wähler einer Partei wie dieser gab es wohl niemals zuvor. Simon Brückner ist damit ein herausragender Dokumentarfilm gelungen, den jeder gesehen haben sollte.

 

Peter Osteried