Man muss mich nicht lieben

Zum Vergrößern klicken

Die Geschichte eines 50-jährigen Mannes, der schon fast die Hoffnung aufgegeben hat, dass ihm das Leben Freude machen könnte. Bis er es sich eines Tags gestattet, die Tür zu einem Tango-Tanzkurs aufzustossen. Als er hier eine etwas jüngere Francoise kennen lernt, kommt Farbe in seinen tristen Alltag. Die Lebenssituationen seiner beiden Hauptfiguren stellt Regisseur Stéphane Brizé mehr mit Blicken als mit Worten dar, die Stimmung seines unaufgeregt bittersüßen Films erinnert bisweilen an den Finnen Aki Kaurismäki. -
UGC-Auszeichnung als "Arthouse-Entdeckung der Saison" Wettbewerb San Sebastian 2005.

Webseite: www.koolfilm.de

Je Ne Suis Pas Là Pour Etre Aimé
Frankreich 2005
Regie: Stéphane Brizé
Darsteller: Patrick Chesnais, Anne Consigny, Georges Wilson, Cyril Coupon, Lionel Abelanski u.a.
93 Minuten
Verleih: Kool Filmdistribution
Start am 20.7.06

PRESSESTIMMEN:

Der französische Regisseur Stéphane Brizé hat eine wunderbar subtile, zarte Romanze in Szene gesetzt. In diesem sehr leisen Film kommt es auf die verstohlenen Blicke an, die schüchternen Gesten und versteckten Andeutungen.
Der Stern

"Man muss mich nicht lieben" ist eine wunderbare Hymne auf den Tango und die Liebe. Dazu ein kunstvoller, poetischer Film, der mit organischen Wechseln von fließenden Bewegungen und zackigen Schritten auch so elegant aussieht wie ein Tango.
Bayrischer Rundfunk

Eine in den Hauptrollen grandios besetzte und gespielte Tragikomödie, die sich auf die Personen und ihre mitunter ratlosen Gesichter konzentriert. Eine heiter-melancholische Fingerübung in Sachen Sprachlosigkeit und Unfähigkeit zur Kommunikation, die auch durch die präzis geschriebenen und gespielten Nebenrollen überzeugt. - Sehenswert.
film-dienst

Stephane Brizé gelingt mit seinem Spielfilmdebut ein kleines Wunder und große Kinokunst. Er zelebriert den Reiz des Schweigens, die Symbolik von Gesten, die Bedeutung von Blicken und serviert kein plattes Hollywood-Ending, sondern ein fantasievolles und offenes Ende. Man muss diesen sperrigen Menschen nicht lieben. Aber man tut es. Aus ganzem Herzen!
Blickpunkt Film

Herzzerreißend!
Brigitte

Anrührend und von befreiender Komik!
Kölner Stadtanzeiger

FILMKRITIK:

Immer wieder ist es der Tango, der Männer zum Träumen bringt – zuletzt erlag ja Richard Gere im Remake des japanischen „Shall we dance“ dem verführerischen Tanz und seiner melancholischen Musik. Doch anders als ein aufdringlicher Charmeur (Olivier Claviere) im Tangokurs hat sich der Mittfünfziger Jean-Claude (Patrick Chesnais) auf Anraten seines Arztes in der gegenüber seinem Büro liegenden Tanzschule eingefunden. Ein bisschen Bewegung kann dem Gerichtsvollzieher schließlich nicht schaden. Als sich Francoise (Anne Consigny), die ihn als Sohn ihres einstigen Kindermädchens identifiziert, vor dem zum Flirten aufgelegten Tanzkollegen an seine Seite flüchtet, weckt dies bei Jean-Claude leise Hoffnungen auf eine Romanze. Da weiß er jedoch noch nichts von ihrer bevorstehenden Hochzeit, die letztlich auch der Grund für den Besuch des Tangokurses ist.
 

Von Berufs wegen ist Jean-Claude angehalten, mit Gefühlen hinterm Berg zu halten. Durch die Begegnung mit Francoise merkt er, wie sehr er dadurch aber zu einem emotionslosen Maskenträger und Eisklotz geworden ist, was sich auch am höflich-distanzierten Verhältnis zu seinem Sohn offenbart. Der erste, der dies zu spüren bekommt, ist sein stets missgelaunter und nörgelnder Vater im Altersheim, kurz darauf herrscht der Gerichtsvollzieher bei einer Zwangsräumung zwei herumalbernde Polizisten wegen ihres Gekicheres an. Doch so gewaltig das Wortgewitter in beiden Fällen ausfällt, schon im jeweils nächsten Moment bestimmt bereits wieder Schweigen den Fortgang der Geschichte, ruht der Blick der Kamera auf dem faltenreichen Gesicht des sich seiner Einsamkeit immer bewusster werdenden Jean-Claude.

Auch Francoise, die ja kurz vor der Hochzeit steht, wird in ihrem leicht euphorisierten Verlobungsstadium aufgrund der Ereignisse aus ihrer Gefühlsbahn geworfen und erliegt wohl auch deshalb der unausgesprochenen Annäherung ihres Tanzpartners. Weder bei ihr noch bei ihm entspringt das Verhalten jedoch einem Kalkül, sondern eher einer Unsicherheit und Sehnsucht, die im Schweigen den größtmöglichen Ausdruck findet.

Die Sehnsucht nach Nähe, die Unsicherheit in der Begegnung, die Schüchternheit der Worte und die teils schmerzlichen Erinnerungen an die eigene Vergangenheit finden in der Tat in den melancholischen Klängen des Tangos ihre Entsprechung. Mit Christoph Müller und Eduardo Makaroff hat Regisseur Stéphane Brizé zwei Mitglieder des „Gotan Project“ für den Soundtrack gewinnen können, ganz subtil sorgen ihre auch elektronisch unterfütterten Kompositionen für eine bestmögliche, aber kaum in den Vordergrund drängende Untermalung dieses von existenzialistischen Gefühlen handelnden Films. In dieser Hinsicht ist „Man muss mich nicht lieben“ den Filmen Aki Kaurismäkis ganz nahe. Andere Vergleiche gingen jedoch auch schon in Richtung von Sofia Coppolas „Lost in Translation“, was (dem hier stark an Jean Rochefort erinnernden) Patrick Chesnais ein Lob als französischem Bill Murray eingebrachte.

Thomas Volkmann