Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit

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Wenn Menschen versterben, die scheinbar niemand vermisst, klingt das nicht nach einem Stoff für eine Feel-Good-Komödie. Und doch hat „Ganz oder gar nicht“-Produzent Uberto Pasolini eine gedreht. Mit britischem Humor, einem Gespür für tragikomische Zwischentöne und einem großartigen Hauptdarsteller (Eddie Marsan), der als Titelfigur „Mr. May“ Herz und Seele des Films ist, könnte seine kleine, charmante Geschichte zu einem Publikumsliebling avancieren. Ganz nebenbei verhandelt diese universelle Themen wie die Suche nach Glück und dem Sinn des Lebens.

Webseite: www.mister-may.de

OT: Still Life
GB/I 2013
Regie & Drehbuch: Uberto Pasolini
Darsteller: Eddie Marsan, Joanne Froggatt, Andrew Buchan, Karen Drury, Tim Potter, Paul Anderson
Laufzeit: 92 Minuten
Kinostart: 4.9.2014
Verleih: Piffl Medien

Pressestimmen:

"Ein wunderbar zarter Film über die Traurigkeit des Todes und die Schönheit des Lebens. Ein Filmjuwel! - Prädikat besonders wertvoll."
FBW

"Ein großartiges, todtrauriges und dann wieder überraschend beglückendes Melodram... ein stiller, unsentimentaler und gerade deshalb gefühlvoller Film..."
Der Spiegel

Eine feine (...) Studie um einsame Seelen mit einem großartigen Hauptdarsteller."
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Man könnte John May (Eddie Marsan) bei flüchtiger Betrachtung auch als Mann ohne Eigenschaften beschreiben. In seinem akkuraten, meist grauen Anzug scheint der pflichtbewusste Beamte abseits seines Jobs als Funeral Officer der Londoner Stadtverwaltung fast unsichtbar zu sein. Er lebt alleine und zurückgezogen in einem anonymen Wohnblock. Dabei weiß John aufgrund seiner Arbeit nur zu gut, was mit Menschen geschieht, die niemand mehr vermisst. Er organisiert im Auftrag der Stadt Beerdigungen von einsam Verstorbenen, die keine Angehörigen oder Freunde hatten. Stattdessen ist er meist der einzige Gast auf deren Begräbnis, für das er sogar eine individuelle Trauerrede verfasst. Weil diese Arbeit aber vor allem Geld kostet und nicht so recht gewürdigt wird – schließlich nimmt mit Ausnahme des Pfarrers von Johns Arbeit kaum jemand Notiz –, beschließt sein Vorgesetzter, die Stelle einzusparen. John bleibt bis zu seiner unerwarteten Kündigung nur noch ein letzter Fall.
 
Als Produzent von Erfolgskomödien wie „Ganz oder gar nicht“ und „Palookaville“ ist Regisseur Uberto Pasolini bislang vor allem in Erscheinung getreten. Dass ihm dabei die Anliegen der „kleinen Leute“ am Herzen liegen, merkt man auch „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ in jeder Einstellung an. Er interessiert sich für Menschen, die auf den ersten Blick nicht die Rolle eines typischen Filmhelden erfüllen. Und doch ist auch dieser John May ein solcher. Ein stiller Held, für den man aufgrund seiner Bescheidenheit und Aufrichtigkeit schnell Sympathien entwickelt. So wie dieser die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg begleitet und ihnen dadurch Würde verleiht, möchte man auch ihn begleiten – zumindest ein Stück. Neben Pasolinis Gespür für tragikomische Geschichten, die berühren und unterhalten, ist das nicht zuletzt der Verdienst des großartigen Eddie Marsan. Der Brite stand bislang oft in großen Filmen wie „Gangs of New York“ und „V wie Vendetta“ an der Seite bekannterer Kollegen. In „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ kommt dagegen kaum eine Szene ohne ihn aus.
 
Marsan ist der ruhende Pol, um den Pasolini seinen kleinen, stillen und gerade deshalb so anrührenden Film baute. Ihm gelingt es mit nur wenigen Mitteln und Worten, aus einer anfangs bewusst überzeichneten Figur einen ernsthaften, vielschichtigen Charakter werden zu lassen. Hier sitzt jeder Blick und jede noch so kleine Geste. Bereits Marsans Körperhaltung – immer etwas gebückt, um bloß nicht aufzufallen – sagt so vieles über den unscheinbaren John und dessen Selbsteinschätzung aus. Die bittersüße Ironie, dass er ganz für andere lebt, die allesamt verstorben sind, deutet den besonderen britischen Humor von Pasolinis Film an, in dem die Komik trotz des vermeintlich schwierigen Sujets eindeutig überwiegt. Wie man einen Publikumsliebling schafft, weiß Pasolini ohnehin sehr gut. Ohne das Erfolgsrezept von Filmen wie „Ganz oder gar nicht“ bloß zu kopieren, findet er in „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ schließlich zu ganz ähnlichen Glücksmomenten, in die der Zuschauer erneut mit ganzem Herzen eintauchen kann.
 
Marcus Wessel