Ping Pong

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Beim „Förderpreis deutscher Film“, der während des Filmfests München vergeben wurde, war „PingPong“  gleich drei mal nominiert: in den Kategorien Regie, Drehbuch und Schauspiel. Ausgezeichnet wurde das Spielfilmdebut von Matthias Luthardt,  wie schon in Cannes, für sein Drehbuch. Viel Lob für eine konzentrierte, harmvolle Geschichte, die zwischen Familiendrama und amour fou changiert und im Stil der Berliner Schule erzählt ist.  

Webseite: www.arsenalfilm.de

Deutschland 2006
Regie: Matthias Luthardt
Buch: Meike Hauck, Matthias Luthardt
Darsteller: Sebastian Urzendowsky, Marion Mitterhammer, Clemens Berg, Falk Rockstroh
Länge: 89min.
Verleih: Arsenal

PRESSESTIMMEN:

...erzählt mit einem sicheren Gespür für Dramatik, Timing und Humor.
Wenn die französische Filmkritik eine nouvelle vague du cinéma allemand ausgemacht zu haben glaubt, liegt das auch an einem Film wie Matthias Luthardts "Pingpong". - Sehenswert.
tip Berlin

Mit kühlen und eindringlichen Bildern seziert Regisseur Matthias Luthardt in seinem bemerkenswerten Debütfilm eine von innen zerfressene Familie, die nur noch die Sehnsucht nach dem schönen Schein zusammenhält.
Der Spiegel

Eindringliche, kühl gefilmte Charakterstudie um unterdrückte, kontrollierte und aufbrechende Gefühle und Bedürfnisse, die als Folie für eine intensive Parabel um eine Ich-Suche, das Streben nach Glück und das Sich-Einrichten im Unglücklichsein dienen. - Sehenswert.
film-dienst

Ein behutsam inszeniertes Familiendrama der eskalierenden Gefühle.
Brigitte

Beachtliches Debüt von Matthias Luthardt, der mit diesem Abschlussfilm für die Filmhochschule in diesem Jahr schon in Cannes in einer Nebenreihe für internationales Aufsehen gesorgt hat.
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Beim Ping-Pong stehen sich zwei gegenüber. Ein Duell. Ein Kampf. Passt gut zu dieser Familie, in der jede Konstellation eine Provokation in sich trägt: Der Vater und die Mutter kämpfen, Sohn und Cousin, Mutter und Sohn ebenso, wie Mutter und Cousin. Eine tief verstörte Familie – also das, was junge deutsche Filmemacher zur Zeit signifikant häufig zum Gegenstand ihrer Erzählung machen.

Die ersten Minuten laufen und fühlen sich sehr französisch an: Ein Ehepaar liegt im gutbürgerlichen Garten, sonnt sich. Sie, eine streng-schöne Frau, liegt auf dem Bauch, die Träger des Bikinis geöffnet, als sie sich aufrichtet achtet sie sorgfältig darauf, ihre Brüste zu bedecken. „Sieht Dich doch keiner hier“, lacht ihr Mann. Wenig später steht urplötzlich ein sechszehnjähriger Junge vor der Tür, ein Neffe des Paares, der beschlossen hat, seine Sommerferien bei Onkel, Tante und Cousin zu verbringen. Ein hübscher Bengel, seine Augen flackern ein wenig irrlichtern, von nun an ihn liegt eine latente Gereiztheit in der Luft, die der Film bis zum Schluss behalten wird. Die Spannung bestimmt das Ping-Pong Spiel der gleichaltrigen Jungs, die um die Gunst der Mutter konkurrieren; sie steigert sich in dem Konflikt zwischen der Mutter, die einen Ersatz für ungelebte Träume sucht und ihrem hochmusikalischen Sohn, der sich wehrt dieser Ersatz zu sein. Schließlich kulminiert die Spannung, wenn der Neffe begehrliche Blicke auf die nackten Schultern seiner Tante wirft, mit seinen Augen über jedes Knöchelchen zittert, das sich unter ihre Haut abzeichnet.

Ödipales Begehren, hilflose Einsamkeit, eine Familie, die keine gemeinsame Sprache findet – die Zeit des Geplänkels ist vorbei im deutschen Film. „PingPong“, das Debüt von Matthias Luthardt, Absolvent der HFF „Konrad Wolf“ wurde nach Cannes eingeladen und ist einer der wenigen zwingenden deutschen Spielfilme, die das Münchner Filmfest 2006 zeigen kann.

Luthardt überzeugt vor allem durch seine bis ins physische perfekt besetzen Darsteller, die eine Atmosphäre entstehen lassen, als würde ihre Welt kurz vor der Implosion stehen: Marion Mitterhammer als nervöse Frau voller Brüche, Sebastian Urzendowsky als Kind-Mann, der das fragil-verlogene Familiengebäude zum Einsturz bringt, Clemens Berg als sich ans Klavier rettender verlorener Sohn und schließlich Falk Rockstroh, der Vater, der sich – so typisch – stoisch entzieht. Dieses beeindruckend abgestimmte Ensemble trägt den Film und hätte ihn auch noch weitertragen können. Luthardt buchstabiert seine Themen an, aber er reizt sie nicht aus. Das birgt einerseits die Faszination der eleganten Andeutung, andererseits kommt die Kraft und Wildheit der Geschichte nicht ganz zu Geltung.

Luthardts Inszenierung erinnert an die sinnliche Dringlichkeit der Filme von Francois Ozon. Wenn es ihm beim nächsten Mal gelingt, noch mehr ins Expressive und Leidenschaftliche zu tauchen, die Implosion zur Explosion werden zu lassen, wäre es nahezu perfekt.

Sandra Vogell