Sammys Abenteuer

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Auch das europäische Kino springt langsam auf den 3D Zug auf, der gerade im Animation- und Mainstreambereich unaufhaltsam scheint. Dem Belgier Ben Stassen gelingt mit Sammys Abenteuer ein zwar extrem kitschiger, aber visuell mitreißender Animationsfilm, der als einer der ersten Filme überhaupt die 3D-Technik wirklich eindrucksvoll ausnutzt.

Webseite: www.sammysabenteuer.de

Belgien 2010, Animationsfilm
Regie: Ben Stassen
Drehbuch: Domonic Paris
Länge: 88 Min.
Musik: Ramin Djawadi
Verleih: Kinowelt
Kinostart: 28. Oktober 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Immer mehr große Hollywoodfilme werden in 3D produziert oder noch im Nachhinein für eine 3D-Version umgearbeitet, beim Animationsfilm ist 3D inzwischen Standard. Dabei fragt man sich bei Filmen von Up über Toy Story 3 bis zu Shrek 4 oder Drachenzähmen leicht gemacht, was für einen Sinn der viel gepriesene 3D-Effekt eigentlich hat. (Abgesehen von der Möglichkeit, die Eintrittspreise drastisch zu erhöhen natürlich…) Denn in den meisten Fällen macht es kaum einen Unterschied, ob man die 3D-Brille nun auf der Nase hat oder nicht. Anders ausgedrückt: Der 3D- Effekt, der sich ohne Brille in einem verwischten Bild äußert, ist so gering, dass er meist kaum wahrnehmbar ist.

Bei Ben Stassens Film Sammys Abenteuer ist das ganz anders. Nimmt man hier kurz die Brille ab, kann man kaum noch ein klares Bild erkennen, wodurch wiederum der 3D-Effekt so eindrucksvoll ist, wie bei bislang keinem anderen modernen 3D-Film. Und das obwohl Stassen es meist tunlichst vermeidet, Gegenstände betont in den Vordergrund zu stellen, Dinge in Richtung der Kamera, also quasi in den Zuschauerraum zu werfen, jene Technik, die bislang der offensichtlichste räumliche Effekt war, gleichzeitig aber der unsubtilste.
Die stilistische Klasse, die Sammys Abenteuer so bemerkenswert macht, überrascht umso mehr, als sich Stassen bislang vor allem als Regisseur von IMAX-Dokumentationen einen Namen gemacht hat. Doch die Möglichkeit, bei diesen aufwändigen Produktionen mit der sich entwickelnden 3D-Technik zu experimentieren, hat Stassen augenscheinlich eine Souveränität im Umgang mit ihr gegeben, an die selbst die wenigsten Hollywood-Regisseure heranreichen.

Angesichts der überragenden Bilder lässt sich auch verschmerzen, dass die Handlung von Sammys Abenteuer nicht die originellste ist, sie zudem bisweilen mit einer etwas unsubtilen Öko-Botschaft durchsetzt ist. Erzählt wird aus der Sicht der Meeresschildkröte Sammy, die kurz nach dem Schlüpfen ihre große Liebe Shelly kennen lernt – und sie gleich wieder aus den Augen verliert. Den Rest seines langen Lebens (und des Films) ist Sammy nun damit beschäftigt, Shelly wieder zu finden und eine Familie zu gründen. Die Vermenschlichung der Tiere steht ganz in klassischer Disney-Tradition und ist dementsprechend altmodisch und kitschig.

Mit seinen Warnungen vor zunehmender Umweltverschmutzung der Meere, der Bedrohung durch Ölteppiche ist Sammys Abenteuer bedauerlich aktuell, meist gelingt es ihm jedoch, diese Botschaft ganz beiläufig in die Geschichte einzuflechten. Das Herz des Films bleiben aber die eindrucksvollen Bilder, die nahezu perfekt eine der schwierigsten Aufgaben der digitalen Technik lösen: Die Bewegungen von Wasser authentisch abzubilden. Doch nicht nur hier überzeugt Stassens Film mit einem visuellen Einfallsreichtum, der Sammys Abenteuer trotz der mit viel höheren Budgets arbeitenden Hollywood-Konkurrenz, zu einem tollen Film macht, den man getrost als bislang besten 3D-Film bezeichnen kann.

Michael Meyns

Sammy ist eine kleine Meeresschildkröte, die an einem Strand in Kalifornien gerade dem Ei entschlüpft ist. Dem Loch, in dem das Ei vergraben war, kann sie nicht entkommen. Die am gleichen Tag geborene Lederschildkröte Shelly hilft. Sammy verliebt sich sofort in das Geschöpf. Doch eine Möwe trennt die beiden.

Sammy landet auf einem Stück Treibholz und durchkämmt allein den riesigen Ozean. Gottlob taucht Ray auf, ebenfalls Schildkröte mit immer einem guten Spruch auf den Lippen. Die beiden schließen Freundschaft und schwimmen und schwimmen – zehn Jahre lang. Schließlich lädt der tiefe, noch weitgehend unerforschte Meeresgrund zu genügend vielen Abenteuern ein.

Ray gerät in ein Fischernetz, die beiden Gefährten werden getrennt. Sammy stößt auf Menschen, bei denen er sich eigentlich wohlfühlt und davon hört, dass es eine Meerespassage gibt, durch deren Benutzung man die ganze Erde umschwimmen kann.

Wie steht es mit dem anderen Geschlecht? Vera, die in Frage kommende Schildkrötendame, sagt den Sex ab. Aber sie tut etwas Gutes. Sie rettet eine Schildkröte, und das ist niemand anderes als Shelly. Sammy ist glücklich.

Die beiden haben sich gefunden, verlieren sich aber auch immer wieder. Schlimmes gibt es genug: gefährliche Schleusentore (am Panamakanal), ölverseuchtes Wasser, Eiseskälte im Polarmeer.

Sammy hat Glück, als er eine Schildkröte retten kann und, Oh Wunder, es ist Ray, inzwischen mit Rita zusammen. Die zwei arbeiten einen Plan aus, wie Shelly wiedergefunden werden kann.

Aber will sie von Sammy überhaupt noch etwas wissen? Denn Shelly wird von dem Draufgänger Robbie ganz schön angebaggert.

Natürlich ein Animationsfilm, dessen „Handlung“ bis zum Filmende mit Freuden, Enttäuschungen, Schrecken, Unbilden und glücklichen Zufällen gefüllt. Alles auf Meeresschildkrötenebene.

Immerhin einfallsreich und perfekt animiert. Die Figuren, die Farben, die Räume stimmen. Nicht ausgeschlossen, dass kleine Kinder sich in die „süßen“ Kreaturen wie zum Beispiel den Sammy verlieben. Denn sympathisch – wenn auch nicht tierspezifisch, sondern wie immer in solchen Fällen und Filmen menschennachgeahmt – sind sie auf jeden Fall.

Etwas für kleine und große Kinder.

Thomas Engel