Splice

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„Splice“ ist, kurz und knapp, ein Monsterfilm mit Botschaft. Sie lautet: Finger weg vom Experimentieren mit menschlichem Erbgut. Interessanterweise leitet Regisseur Vincenzo Natali den Zuschauer nicht mit den genreüblichen Mitteln des Ekels und Grauens zu dieser Konsequenz, sondern mit Zuwendung und Empathie – und lässt so auf der Gefühlsebene seine quasi-menschliche ménage à trois zu einem Albtraum werden.

Webseite: www.splicethefilm.com

Kanada, Frankreich, USA 2009
Regie: Vincenzo Natali
Kamera: Tetsuo Nagata
Buch: Vincenzo Natali, Doug Taylor, Antoinette Terry Bryant
Darsteller: Adrien Brody, Sarah Polley, David Hewlett, Armanda Brugel, Delphine Chanéac, Abigail Chu
Länge: 108 Minuten
Verleih: Senator
Kinostart 3. Juni 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Frankenstein musste noch Leichenteile zusammentackern. Natali, der sich nach eigenem Bekunden vom Frankenstein-Stoff inspirieren ließ, weiß natürlich, dass es heutzutage ganz andere und tatsächlich funktionierende Methoden gibt, um künstliches Leben zu schaffen. Folgerichtig spielt sein Film in einem Forschungslabor, das sich mit gentechnischen Arbeiten befasst. Die beiden Spitzen-Forscher dort sind Clive (Adrien Brody) und Elsa (Sarah Polley), auch privat ein Paar. Ihr Labor trägt den Namen „Nerd“. Sie haben in der Tat etwas von hochintelligenten Sonderlingen, aber nicht im frankensteinschen, also pathologischen, sondern mehr im faustischen Sinn. Die Forschung ohne Fesseln immer weiterzutreiben – das ist ihr Ziel. Die beiden stehen also für einen Typus Wissenschaftler, den man in nicht wenigen Labors antreffen kann. Was passiert, wenn solche Spezialisten alles machen dürften, was sie können, demonstrieren Clive und Elsa, indem sie heimlich ein Hybridwesen aus menschlichem und tierischem Erbgut schaffen.

Es ist nicht so, dass es keine Skrupel gäbe, vor allem nachdem die öffentliche Präsentation zweier tierischer Klone mit den hübschen Namen Ginger und Fred in einem Blutbad endete. Clive versucht, die voranstürmende Elsa mit ethischen Argumenten und Warnungen vor den Gefahren zu bremsen. Als das Wesen überraschend früh schlüpft und durchs Labor flitzt, will er es sofort töten, hält jedoch nach den Protesten seiner Frau inne, was viel mit den unausgesprochenen Bedürfnissen und Rücksichtnahmen in ihrer Beziehung zu tun hat, wie sich in der Folgezeit auf hintergründige, aber fatale Art zeigen wird. Ihr Geschöpf nennen sie mit ihrem eigenartigen Humor Dren, die Umkehrung des Wortes Nerd. Es ist nicht nur im übertragenen Sinn ihr Baby, sie adoptieren es sozusagen – was nachvollziehbar ist, denn es entwickelt menschliche Regungen und Gefühle, auf die Menschen automatisch reagieren. Dren wächst zu einer weiblichen Gestalt heran, mit ebenso schönen wie undurchdringlichen Zügen. Es/Sie ist auch filmtechnisch ein – äußerst beeindruckender - Hybrid, dargestellt von einer Schauspielerin (Delphine Chanéac), die mit computeranimierten Details ausgestattet wurde. Wahrlich kein Monster, sondern eine bedauernswerte Kreatur, die offenbar weiß, dass sie anders ist als ihre Schöpfer.

Der Vorstoß ins Unbekannte birgt Risiken, wie man weiß. Vor allem solche, welche Forscher, die glauben, alles unter Kontrolle zu halten, nicht auf der Rechnung haben. „Splice“ entwickelt sich, den Genre-Regeln folgend, zu einer blutigen Angelegenheit. Abstoßender und eindringlicher aber ist der fein angelegte Elektra-Komplex, der mit der Wucht des Ödipus-Stoffes daran gemahnt, dass es Tabus gibt, die nicht ungestraft durchbrochen werden können.

Volker Mazassek

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